Berlin. Wer führt die Union in die Bundestagswahl? Aktuell äuft alles auf den 68-Jährigen zu. Der entscheidende Satz dazu kommt von einer Frau.

Friedrich Merz polarisiert. Nicht mehr so stark wie früher, aber fragen Sie mal in einem gut besetzen ICE zwischen Hannover und Berlin die Leute, was sie über den 68-jährigen CDU-Parteichef denken. Sie werden auf echte Fans treffen und auf notgedrungene Fans. Und Sie werden fulminante Wutausbrüche erleben. Und das alles unabhängig vom Parteibuch und egal, ob in der ersten oder zweiten Klasse.

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Es ist leicht, sich über Friedrich Merz aufzuregen. Weil er sich selbst so gerne aufregt. Er sagt dann provokante Sachen über kleine Paschas oder Flüchtlinge, die uns angeblich die Zahnarzttermine wegnehmen. Oder er wirft Kanzler Olaf Scholz vor, er sei nichts als ein Klempner der Macht. Und das alles tut ihm hinterher nicht mal leid.

Politik-Korrespondentin Julia Emmrich.
Politik-Korrespondentin Julia Emmrich. © Anja Bleyl | Anja Bleyl

Doch je näher die nächste Bundestagswahl rückt, desto seltener werden diese Merz-Momente. Der Mann hat sich offenbar erstens besser im Griff und zweitens einen Plan. Dieser Plan heißt im Kern: Merz will Kanzler werden. Wahlen aber gewinnt eine Volkspartei in Deutschland nicht mit steilen Sprüchen, sondern mit einem Kandidaten, dem die Leute zutrauen, dass er sich selbst, seine Partei und das Land halbwegs im Griff hat. Angela Merkel haben die Deutschen genau das immer zugetraut, Scholz auch. Und Merz? Der CDU-Chef rüstet gerade hörbar ab, dämpft den Ton, schaltet auf Staatsmann um.

Merz: Die Partei versammelt sich hinter dem Sauerländer – aus zwei Gründen

Glaubt man den Umfragen, mögen trotzdem viele den machtlustigen, aber irrlichternden Markus Söder lieber. Auch Hendrik Wüst, der noch nicht mal fünfzig ist, aber erfolgreich sein Image als Landesvater pflegt, liegt regelmäßig vor Merz. Die Partei aber versammelt sich hinter dem Sauerländer. Das hat zwei Gründe – und bei beiden geht es nicht um Merz als Person, sondern als Machtfaktor.

Grund Nummer eins: Nach der desaströsen Bundestagswahl stand die Union da wie ein gerupftes Huhn – nein, wie ein ganzer kakophonisch krakeelender Hühnerhof. Merz hat aus dem chaotischen Haufen binnen kurzer Zeit wieder das gemacht, was die CDU in ihren guten Zeiten immer war – eine machtbewusste, halbwegs geschlossene und strategisch gut geölte Partei. Dafür loben ihn sogar Leute, die früher niemals ihre Stimme für Merz erhoben hätten.

K-Frage: Was kann Merz jetzt noch stoppen?

Grund Nummer zwei: Merz ist das beste Mittel gegen Söder. Niemand in der CDU (hier darf man getrost pauschal sein), wünscht sich den Bayer als Kanzlerkandidaten. Und einzig Merz, so glauben sogar dessen Kritiker, ist als Gegenkandidat stark genug, das zu verhindern.

Wenn man in diesen Zeiten in der Partei herumfragt, was Friedrich Merz auf seinem Weg zur Kanzlerkandidatur noch stoppen könnte, welche Szenarien noch eintreten könnten – hört man im Prinzip immer dieselbe Antwort: Vieles ist denkbar, aber nichts davon wahrscheinlich. Mit anderen Worten: „Wenn Friedrich Merz Kanzlerkandidat werden will, dann wird er es auch.“ Ein Satz, der nicht etwa von seinem treuen Generalsekretär stammt, sondern von einem Parteimitglied, das das genaue Gegenteil von Merz ist: weiblich, liberal, Merkelfan. Der Satz kommt von CDU-Vize Karin Prien.

Allen, die jetzt vor Wut über die Merz-Prognose aus dem fahrenden ICE springen wollen, hilft vielleicht dieser Gedanke: Wenn Merz mit seiner staatsmännischen Wandlung im selben Tempo weitermacht wie bisher, dann landet er pünktlich zur Bundestagswahl genau dort, wo er früher nie hinwollte: Auf dem Platz in der Mitte, wo vormals Merkel saß.