Berlin. Wer seine Toten mit dem Gesicht nach unten und einer Steinplatte auf dem Rücken begräbt, muss dafür gute Gründe haben. Aber welche?

Schon lange bevor Hollywood das Horror-Genre als Kassenschlager entdeckte, fürchteten sich die Menschen vor Zombies. Bis zu den antiken Griechen können Historiker und Archäologen die Praxis zurückverfolgen, dass Leichname unter schweren Gegenständen begraben wurden, um zu verhindern, dass sie zurückkehren. Besondere Verbreitung fand das Phänomen in Europa im Mittelalter zu Zeiten der Pest. Oft wurden die Verstorbenen dabei mit dem Gesicht nach unten bestattet. Archäologen fanden nun in Sachsen-Anhalt ein besonders altes und unheimliches Grab.

Rund 4200 Jahre alt soll ein sogenanntes „Wiedergänger-Grab“ bei Oppin im Saalekreis sein. „Es ist ein erwachsener Mann, etwa 40 bis 60 Jahre alt. Er liegt auf der linken Seite mit angewinkelten Beinen und schaut nach Osten“, sagte Grabungsleiter Uwe Moos am Mittwoch auf der Grabungsfläche gegenüber der dpa. „Über seinen Unterschenkeln liegt quer ein großer, etwa einen Meter langer, 50 Zentimeter breiter und zehn Zentimeter hoher Stein.“

Untote in Sachsen-Anhalt? Wovor hatten Menschen Angst?

Darüber, warum bei dem Verstorbenen besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen wurden, stellt Moos eine Vermutung auf. So war der Tote möglicherweise ungeliebt oder litt an einer schweren Krankheit. „Der schwere Stein sollte das Wiederkommen verhindern“, sagte Moos. Der Mann stammt möglicherweise aus der Glockenbecherkultur – damit könnte es das erste derartige Wiedergänger-Grab aus dieser Epoche in Mitteldeutschland sein. Eine genaue Datierung muss noch erfolgen.

Der 40 bis 60 Jahre alte Mann lag auf der Seite mit angewinkelten Beinen. Der große Stein lag auf seinen Unterschenkeln.
Der 40 bis 60 Jahre alte Mann lag auf der Seite mit angewinkelten Beinen. Der große Stein lag auf seinen Unterschenkeln. © DPA Images | Heiko Rebsch

„Wir wissen, dass man schon in der Steinzeit Angst vor unliebsamen Wiedergängern hatte. Das wollten die Menschen mit Magie verhindern“, sagte die Projektleiterin und Archäologin Susanne Friederich. „Es gibt Gräber, bei denen der Leichnam sogar auf dem Bauch liegt. Damals glaubten die Leute, dass Tote mitunter versuchten, sich aus ihrem Grab zu befreien. Liegt er auf dem Bauch, gräbt er sich immer tiefer ein, anstatt an die Oberfläche zu gelangen. Ebenso gibt es bäuchlings niedergelegte Tote, die zusätzlich mit einer Lanze durchstoßen, also praktisch im Boden fixiert waren“, erklärte Friederich.

Zombie-Grabstätte bei Arbeiten zur Stromtrasse SuedOstLink entdeckt

Wiedergänger ist die traditionell deutsche Bezeichnung für wiederauferstandene Toten. Das Wort „Zombie“, dass das gleiche Phänomen beschreibt, wurde erstmals im 18. Jahrhundert von Sklaven auf Haiti geprägt. Zauberpraktiken aus Afrika inspirierten die populäre Vodoo-Religion, die auch Untote, sogenannte „zombi“ kannte.

Die Grabungen laufen im Vorfeld des Netzausbaus der Gleichstromtrasse SuedOstLink. Der rund 150 Kilometer lange Teilabschnitt durch Sachsen-Anhalt wird noch bis 2025 archäologisch untersucht. Die gesamte Trasse ist rund 540 Kilometer lang und reicht von Wolmirstedt bei Magdeburg bis zum Standort Isar bei Landshut in Bayern.

Auch spannend:Sex-Tipps? Neue These zum „geheimnisvollsten Buch der Welt“