Erfurt. Philipp Selentin, Geschäftsführer der Notarkammer Thüringen, zu Erbe und Testament

Ich bin unverheiratet, habe Sohn und Tochter und möchte, dass mein Sohn mein Haus bekommt. Ist es sinnvoll, dass ich ihm die Immobilie jetzt schon schenke oder übertrage?

Dazu sollten Sie folgende Faktoren bedenken: Ihre Tochter ist pflichtteilsberechtigter Erbe und hat insoweit gesetzliche Zahlungsansprüche nach Ihrem Ableben. Sie könnte gegenüber ihrem Bruder Pflichtteilsergänzungsansprüche hinsichtlich der übertragenen Immobilie geltend machen. Diese werden ab Leistung des verschenkten Gegenstandes in einer Zehnjahresfrist zu jeweils zehn Prozent pro Jahr abgeschmolzen. Wollen Sie sich jedoch bei der Übertragung umfangreiche Nutzungsrechte an dem Grundstück vorbehalten, läuft diese Frist nicht an. Nicht selten sind Geschwister bereit, gegen Zahlung eines sogenannten Hinauszahlungsbetrages auf mögliche Pflichtteilsergänzungsansprüche wegen der Schenkung des Grundstückes zu verzichten. Ein entsprechend beschränkter Pflichtteilsverzicht bedarf zu seiner Wirksamkeit genauso wie die eigentliche Grundstücksübertragung der notariellen Beurkundung. Ob eine solche Vertragsgestaltung gewollt und sinnvoll ist, hängt natürlich von der familiären Situation ab.

Mein verstorbener Mann hatte Privatinsolvenz beantragt. Ich möchte das Erbe deshalb ausschlagen. Steht mir dennoch die Hinterbliebenenrente zu?

Der Rentenanspruch des hinterbliebenen Ehegatten ist kein Anspruch aus dem Erbrecht. Ob ein Anspruch des hinterbliebenen Ehegatten besteht, richtet sich nach den jeweils einschlägigen Bestimmungen, welche den Rentenanspruch regeln. Auch einem Ehegatten, der nicht Erbe wird, kann eine Hinterbliebenenrente zustehen. Ob die fehlende Erbenstellung auf einem testamentarischen Ausschluss (Enterbung) oder einer Erbausschlagung beruht, ist in dieser Hinsicht grundsätzlich nicht relevant. Der Anspruch auf Rentenzahlung ist weder dem Nachlass noch der Insolvenzmasse zuzurechnen.