Berlin. Überzüchtete Hunde, Billigfleisch – und eine Feministin, die auf die Bühne stürmte. Bei „Hart aber fair“ ging es phasenweise hoch her.

  • In der „Hart aber fair“-Sendung wurde über Tierliebe und ihr Gegenteil diskutiert
  • Tiere werden für viele Menschen immer wichtiger, die Haustier-Branche setzt jedes Jahr Milliarden um
  • Eine Feministin störte plötzlich die Runde und kam auf die Bühne – das sorgte für Diskussionen

Ein besonderer Dank galt dem Publikum. „Danke, dass Sie aufmerksam und solidarisch waren“, sagte Frank Plasberg am Montagabend, ehe er an die „Tagesthemen“ abgab. Das Extra-Lob hatten sich die Zuschauer nach 75 Minuten Sendezeit auch verdient. Denn diese Ausgabe von „Hart aber fair“ war besonders – in vielerlei Hinsicht.

„Leckerli fürs Hündchen, Bolzenschuss fürs Kälbchen: Mensch, wie geht das zusammen?“, lautete diesmal das Thema. Und der ein oder andere Zuschauer wird sich womöglich verwundert die Augen gerieben haben. Eine Runde, die nicht über die GroKo-Krise, den Brexit, rechten Terror oder die Folgen des Klimawandels diskutiert? Ja, auch das ist möglich.

„Hart aber fair“: Schräger Vergleich von Mops und Mann

Hochpolitisch war das Ganze zwar nicht, aber über weite Strecken unterhaltsam. Den Part der bedingungslosen Hundeliebhaberin übernahm Uschi Ackermann, Witwe des Feinkost-Unternehmers Gerd Käfer und bekennender Mops-Fan.

Die Tierschützerin gewährte gleich zu Beginn Einblick in ihr Seelenleben. Denn Sir Henry, ihr Lieblingshund, starb im letzten Jahr. „Er war treu, er war ein guter Zuhörer. Er hat alle Eigenschaften gehabt, die man sich von einem Mann sonst wünscht“, sagte sie – und meinte es völlig ernst.

Mediziner prangert Überzüchtung bei Hunden an

Man kann das witzig oder auch schräg finden. Über weite Strecken der Debatte war der Ton aber ein anderer, sachlich und abwägend. Immer wieder meldete sich Achim Gruber, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Tierpathologie an der FU Berlin und Buchautor („Das Kuscheltierdrama“) zu Wort.

Energisch prangerte er die Überzüchtung bei Hunden an: Die Tiere würden immer mehr vermenschlicht – durch runde Gesichter, kurze Nasen. „Die Tiere leiden“, so Gruber. Ein überzüchteter Mops, der vom Sofa springt, könne im schlimmsten Fall seine Sehkraft verlieren – weil das Auge rausfällt.

Tiere, so die Diagnose des Experten, nehmen in einer Gesellschaft, in der Bindungen durch Verein, Arbeitsplatz, Familie nachließen, eine größere Rolle ein. Kein Wunder also, dass sich rund ums Haustier eine Industrie gebildet hat, die Milliarden umsetzt. Frank Plasberg führte einige der Auswüchse vor: Hunde-Parfüm, Katzen-Wasser, Hunde-Trüffel und einen Toilettensitz für Katzen. Warum auch das Gassigehen inzwischen immer lukrativer wird.

Feministin stört „Hart aber fair“-Talk mit diffusem Anliegen

Als die Runde zum nächsten Thema wechseln wollte, sprang eine Zuschauerin vor die Kamera. „Ich würde gerne eine Forderung in den Raum stellen“, sagte sie. Moderator Plasberg reagierte souverän, er nahm die Frau zur Seite – und gab ihr die Gelegenheit für ein Statement.

Ihr Anliegen war diffus: Von Antifeminismus, der Regierung, Geheimdiensten und dem Internet sprach sie. Eine scheinbar zusammenhanglose Aneinanderreihung von Schlagworten. Frank Plasberg gelang es schließlich, die Frau vom Gehen zu überzeugen.

Martin Rütter provoziert die Frau – und wird beschimpft

Vermutlich wäre all das schneller gegangen, wenn der Entertainer Martin Rütter darauf verzichtet hätte, die Frau auch noch zu provozieren. „Was würdest du sagen, wenn ich in einer Feminismus-Veranstaltung auf einmal von Hunden anfange“, rief er.

Die Reaktion folgte prompt – in Form einer Schimpf-Tirade. Und während Rütter sichtlich Spaß an der Störung hatte, reagierte das Publikum besonnen: ohne Zwischenrufe, ohne höhnisches Gelächter.

Landwirt lobt sich und eigene Branche

Sachlicher wurde die Runde erst wieder, als Frank Plasberg noch auf das letzte Thema der Sendung zu sprechen kam: den Umgang mit Nutztieren. Der CDU-Bundestagabgeordnete und Landwirt Kees de Vries hätte diesen Teil der Debatte wohl gerne übersprungen. Aus Sicht der Landwirte läuft schließlich alles bestens.

„Die Tiere, die in Deutschland konventionell gehalten werden, sind Weltspitze“, sagte der CDU-Mann mit Blick auf das Tierwohl. Man sei natürlich gerne bereit, „die Tiere noch mehr zu verwöhnen“ – wenn die Kunden auch mehr bezahlen würden. Soll Fleisch teurer werden? Darum geht es in der Debatte.

Darum sollen Deutsche nur noch halb so viel Fleisch essen

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    Am Ende fehlte es bei „Hart aber fair“ an Zeit

    Also alles gut in den Ställen? Autor Gruber warb dafür, bewusster Fleisch zu konsumieren. „Wir müssen das, was uns die Tiere liefern, mehr würdigen“, sagte er. Die Tierschützerin Svenja Furken forderte gar, dass jeder Mensch eine Schlachtung live gesehen haben müsste – zur Abschreckung. Doch Gruber widersprach.

    „Das Drama ereignet sich zu Lebzeiten“, sagte er. Wer ums Tierwohl besorgt sei, solle in die Ställe schauen. „Wer meinen Stall besuchen will, gerne“, sagte CDU-Mann De Vries und klang dabei sehr selbstzufrieden.

    Leider fehlte die Zeit – und am Ende auch die Struktur in der Sendung – um das Themenfeld Essen, Zahlungsbereitschaft der Kunden, Tierwohl und die Auswirkungen auf die Gesundheit noch angemessen anzureißen. Damit ließe sich ohnehin eine ganze Sendung füllen.

    Vielleicht keine schlechte Idee fürs nächste Jahr.

    „Hart aber fair“ – die Themen der vergangenen Wochen: