Berlin. Markus Lanz ist zurück aus der Sommerpause. Er sprach über den Regelschulbetrieb trotz Corona-Pandemie – und die Angst vieler Lehrer.

Das neue Schuljahr hat in den ersten Bundesländern gerade begonnen. Trotz Pandemie im Regelbetrieb. Das bedeutet: Kinder in vollen, geschlossenen Räumen dicht an dicht, fast überall ohne Maske. Lehrer und Eltern sind besorgt. Die Politik wagt dennoch die Gratwanderung zwischen Bildungsauftrag und Gesundheitsschutz. Das Chaos ist dabei riesengroß. Nicht nur die Bundesländer haben unterschiedliche Hygienekonzepte, sondern auch die einzelnen Schulen.

Im ersten Talk von Markus Lanz nach der Sommerpause ging es aber nicht um eine Föderalismus-Kritik, sondern um den Umgang mit dem Coronavirus im Präsenzunterricht. „Sind die Schulen wirklich darauf vorbereitet?“, fragte Markus Lanz. Natürlich wollte er auch wissen, ob der weltweit erste zugelassene Corona-Impfstoff aus Russland Hoffnung macht auf ein Ende der Pandemie. Internationale Experten haben schließlich Zweifel. Lesen Sie hier: Russland nennt ersten Corona-Impfstoff „Sputnik V“

Virologe bei „Markus Lanz“ warnt vor Risiken durch russischen Impfstoff

Auch der Virologe Martin Stürmer, Dozent an der Universität Frankfurt, hielt sich mit Kritik an der russischen Blitz-Zulassung nicht zurück. Schließlich habe der Impfstoff die dritte Testphase nicht abgeschlossen. Diese dauert eigentlich mehrere Monate und umfasst mehrere Tausend Versuchspersonen, um Nebenwirkungen auszuschließen und die Wirksamkeit zu überprüfen.

Der unzureichend getestete russische Impfstoff könne im schlimmsten Fall Autoimmunerkrankungen verursachen oder Organe schädigen, warnte Martin Stürmer. Er würde ihn sich auf keinen Fall spritzen lassen.

„Markus Lanz“ – das waren die Gäste:

  • Norbert Walter-Borjans, SPD-Chef
  • Michael Müller, Regierender Bürgermeister Berlin (SPD)
  • Marlis Tepe, Gewerkschafterin
  • Dr. Martin Stürmer, Virologe

Zur Vermeidung einer möglichen zweiten Welle im Herbst setzt Martin Stürmer lieber auf die bekannte AHA-Formel. Also die Alltagsmaske tragen, wenn es eng wird, Hände regelmäßig waschen und vor allem einen Mindestabstand von 1,5 Metern.

Regelbetrieb in Schulen – Lehrer haben Angst

Anders als noch vor den Sommerferien sei die Einhaltung eines Mindestabstands in Schulen nun nur noch ein frommer Wunsch, wie Marlis Tepe, die Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, herausstellte: „Wir hätten uns gewünscht, dass der Abstand beibehalten wird.“

Masken im Unterricht seien pädagogisch nämlich nicht sinnvoll. Ohne den sicheren Mindestabstand stünden die Schulen jetzt vor der „Quadratur des Kreises. Sie sollen Bildung ermöglichen, für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sorgen und die Gesundheit wahren.“ Marlis Tepe hätte erwartet, dass sich die Gesundheitsämter vorab die Schulen angeschaut und gegebenenfalls ein Ausweichen auf größere Räumlichkeiten empfohlen hätten.

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In vielen Gegenden, vor allem im ländlichen Raum, gebe es schließlich genügend Leerstände dafür, unterstrich die Lehrer-Gewerkschafterin ihre wiederholte Forderung nach Abstand im Unterricht. Und verriet, wie es um die Gemütslage einer Vielzahl von Lehrern stehe, die zu den Corona-Risikogruppen gehörten: „Die Kollegen haben Angst!“

„Markus Lanz“: Virologe empfiehlt Masken-Tragen im Unterricht

Dass Schulen Infektionsherde sein können, weiß man aus Israel. Moderator Markus Lanz fragte daher, ob der Regelschulbetrieb mitten in der Pandemie ein gesundheitliches Experiment sei? Dem stimmte Virologe Martin Stürmer zu. Lesen Sie dazu: Zurück zur Schule nach den Ferien – diese Risiken gibt es

Kinder und Jugendliche hätten zwar ein geringeres Infektionsrisiko, könnten sich aber trotzdem anstecken. Daher seien geschlossene Klassenräume „eigentlich eine Situation, die wir grundsätzlich vermeiden müssen. Noch haben wir ein niedriges Infektionsniveau. Aber wir werden Fälle von Schulschließungen erleben.“ Martin Stürmer empfahl daher, Masken zu tragen, wenn der Abstand in Klassenräumen nicht möglich ist. Lesen Sie hier: Corona-Infektionen: Erste Schulen wieder geschlossen

In vielen Bundesländern sind die Schulen nach den Sommerferien in den Normalbetrieb zurückgekehrt.
In vielen Bundesländern sind die Schulen nach den Sommerferien in den Normalbetrieb zurückgekehrt. © dpa | Britta Pedersen

Die Fußball-Bundesliga habe bereits vor Monaten ein tragfähiges Hygienekonzept erarbeitet. Etwas, was der Politik in den Schulen einfach nicht gelingen will, wie Markus Lanz feststellte. Es fehlten Geräte, um die Luft in Klassenräumen zu testen. Genauso wie Geräte, die Viren aus der Luft filtern oder einfach nur Fenster, mit denen man lüften könne, zählte Markus Lanz eine ganze Reihe von Versäumnissen auf.

Schulöffnung trotz Corona-Pandemie: Michael Müller verteidigt Hygienekonzept

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller reagierte beinahe hitzig darauf: „Wir haben uns besondere Lüftungssysteme angeschaut.“ Michael Müller verwies darauf, dass sich Berlin in den Wochen vor dem Schulstart sowohl von der Charité als auch von der Technischen Universität Unterstützung geholt habe. Er bekannte: „Wir lernen jeden Tag dazu.“ Michael Müller hatte aber natürlich auch einen Plan B im Gepäck.

Wenn die Infektionszahlen hochschnellen, werde es wieder einen Wechsel von Präsenzunterricht und digitalem Lernen zu Hause geben.

Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidat: Norbert Walter-Borjans legt Kehrtwende hin

Zum Auftakt nach der Sommerpause hatte Markus Lanz noch ein zweites Thema gewählt: Die Nominierung von Olaf Scholz zum SPD-Kanzlerkandidaten. Dazu sprach Markus Lanz mit dem aus Berlin live zugeschalteten SPD-Chef Norbert Walter-Borjans. Der war mal im Kampf um den Parteivorsitz ein entschiedener Gegner von Olaf Scholz. Nun hat er offenbar eine Kehrtwende hingelegt und verkündete: „Ich arbeite dafür, dass Olaf Scholz Kanzler wird.“ Lesen Sie hier: Wie aus dem Verlierer Olaf Scholz der Kanzlerkandidat wurde

Eindeutig ein Thema zu viel. Der Diskussion um den Schulstart in der Corona-Pandemie hatte Markus Lanz viel Raum gegeben, um in die Tiefe zu gehen. Das dazwischen geschobene Gespräch mit Norbert Walter-Borjans hätte so auch in jeder x-beliebigen Nachrichtensendung stattfinden können.

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