Berlin. Die Sender SWR und BR wollen jetzt mit dem Instagram-Projekt #ichbinsophiescholl junge Menschen für die Widerstandsikone begeistern.

  • Kommenden Sonntag wäre Sophie Scholl 100 Jahre alt geworden
  • Auf Instagram erhalten Nutzerinnen und Nutzer Einblicke in die letzten zehn Monate der Studentin und NS-Widerstandskämpferin
  • Darum geht es bei dem Projekt von BR und SWR

Auf Bildern lächelt Sophie Scholl eigentlich selten. Die Widerstandskämpferin wirkt auf Fotos meist ernst, entschlossen und nachdenklich. Auf den Schnappschüssen des Instagramprofils #ichbinsophiescholl sieht der Betrachter sie freudig mit ihrer Schwester quatschen, lustig und beschwingt mit ihrem Bruder Hans spazieren und verliebt mit ihrem Freund Fritz Hartnagel. Aber die Instagram-Bilder von Sophie Scholl sind ja auch nicht echt. Sophie Scholl wird von der Schauspielerin Luna Wedler gespielt.

So wollen die Sender SWR und BR – anlässlich des 100. Geburtstags von Sophie Scholl am 9. Mai – „die Widerstandskämpferin aus den Geschichtsbüchern ins Hier und Jetzt“ holen. Über #ichbinsophiescholl sollen die Nutzer und Nutzerinnen „emotional, radikal subjektiv und in nachempfundener Echtzeit an den letzten zehn Monaten ihres Lebens teilhaben“. Sophie Scholl wurde nur 21 Jahre alt – sie widersetzte sich dem NS-Unrechtssystem und bezahlte ihren mutigen Widerstand mit dem Tod.

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Sophie Scholl wurde am selben Tag wie ihr Bruder Hans hingerichtet

Die echte Sophie Scholl wurde am 9. Mai 1921 in Forchtenberg bei Ulm geboren. Sie wuchs mit vier Geschwistern auf. Zusammen mit ihrem älteren Bruder Hans schloss sie sich der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ an und kämpfte gegen das nationalsozialistische Regime unter Adolf Hitler. Mit Flugblättern hatte Sophie Scholl zusammen mit ihrem Bruder Hans und einigen Freunden 1942/43 zum Widerstand gegen das nationalsozialistische Unrechtsregime und für die Beendigung des Vernichtungskrieges aufgerufen.

So sahen sie die Geschwister Scholl wirklich aus: Hans und Sophie Scholl, Mitglieder der Widerstandsgruppe
So sahen sie die Geschwister Scholl wirklich aus: Hans und Sophie Scholl, Mitglieder der Widerstandsgruppe "Weiße Rose", © picture-alliance / dpa | picture-alliance / dpa

Am 22. Februar 1943 wurde sie in München, wo sie auch Biologie und Philosophie studierte, gemeinsam mit ihrem Bruder zum Tode verurteilt. Die Begründung der nationalsozialistischen Richter: „Hochverrat und Feindbegünstigung“. Sie wurde noch am selben Tag hingerichtet.

#ichbinsophiescholl: Zwischen großer Liebe und Krieg

Die Instagram-Nutzer sollen über #ichbinsophiescholl vom Erwachsenwerden mitten im Krieg, zwischen erster großer Liebe und den Zwängen der Diktatur erfahren. Luna Wedler, die für die Fotos und Kurzfilme, die auf dem Kanal gezeigt werden, die Rolle der Sophie Scholl übernommen hat, schlüpft in Kleidung und Aufmachung aus der Zeit. Die Sprache, mit der die Fotos kommentiert werden, sind in der Ich-Form gehalten.

Die Ansicht des #ichbinsophiescholl-Accounts auf dem Smartphone.
Die Ansicht des #ichbinsophiescholl-Accounts auf dem Smartphone. © SWR/BR | SWR/BR

Auf Nachfrage teilt eine Sprecherin des SWR mit, dass „diese Texte auf der Basis von Tagebuchaufzeichnungen und Briefen Sophie Scholls, also historischen Zeugnissen, von den Autorinnen Ira Wedel und Rebecca Martin“ geschrieben wurden. Zwar für die Jetztzeit geschrieben, aber im Geiste der Figur, genau wie die Dialoge in den Bewegtbild-Sequenzen.

Und das klingt in etwa so, wenn sie über sich und ihren Freund Fritz schreibt, dazu ein dekoratives Foto: „Fritz und ich. Fritz, Fritz, Fritz! Ja, jetzt wisst ihr schon, was kommt, klar: Fritz und ich, das ist die Liebe in meinem Leben. Aber keine ganz einfache, denn Fritz ist Offizier, und er ist an der Ostfront. Mitten im Krieg. Deshalb gibt es für mich den einen Fritz und den anderen Fritz. Bei dem einen spüre ich die Wärme, den Ernst und die Sehnsucht.“ Daran muss man sich erst einmal gewöhnen: Sophie Scholl im Instagram-Ton.

Die Stiftung Weiße Rose e.V. unterstützt das Projekt #ichbinsophiescholl

Die Idee für das Projekt hatte Susanne Gebhardt vom SWR. Unterstützt wurde sie dabei von der Stiftung Weiße Rose e.V.. Die Geschäftsführerin des Vereins, Hildegard Kronawitter, begleitete #ichbinsophiescholl seit ein paar Monaten: „Wir sehen darin einen neuen Weg, junge Menschen über Sophie Scholl zu informieren. Junge Leute lesen oft nicht mehr dicke Biografien, sondern sind eher auf Instagram zu finden.“ Durch das Projekt lerne man auch für die eigene Vermittlungsarbeit, denn auch der Verein Weiße Rose überlege, wie man jüngere Zielgruppen erreiche. „#ichbinsophiescholl ist ein sehr ernsthaftes Projekt, auch wenn es einen gänzlich neuen Weg nutzt“, sagte Kronawitter unserer Redaktion.

Noch ist das Projekt frisch, der erste Post erschien am 1. Mai. Doch die Macher der Instagram-Story werden beweisen müssen, dass sie mehr als Lebensgefühl und netten Zeitgeist transportieren. Dass das Format mehr ist als nur tägliche Soap und mehr als eine dramaturgisch gut aufbereitete Instagram-Story.

Ausstellungen und Briefmarke über Sophie Scholl zum 100. Geburtstag

Wer mehr auf herkömmlichem Weg über Sophie Scholl und die Weiße Rose erfahren möchte, kann dies auch bei der Ausstellung „Sophie Scholl und die Weiße Rose“, eine neue biografische Wanderausstellung der Weiße Rose Stiftung. Auf 14 großen Bannern wird die Biografie der jungen Sophie Scholl erzählt.

Dieses Bild von Sophie Scholl hat inzwischen Ikonenstatus erlangt. Kurze Haare waren für die damalige Zeit, die 1940er-Jahre in Deutschland ungewöhnlich. Die meisten Mädchen trugen Zöpfe.
Dieses Bild von Sophie Scholl hat inzwischen Ikonenstatus erlangt. Kurze Haare waren für die damalige Zeit, die 1940er-Jahre in Deutschland ungewöhnlich. Die meisten Mädchen trugen Zöpfe. © /Archives Snark | picture allianc

Die Ausstellung thematisiert auch die Überzeugungen, denen Sophie Scholl unbeirrt folgte und die Frage, was ihr in bedrohlichen Lebenslagen Halt gab. Schließlich wird in Texten und Bildern veranschaulicht, wie lebendig und vielfältig die Erinnerung an Sophie Scholl über die Jahrzehnte war und warum sie gewissermaßen zur Ikone werden konnte. Die Ausstellung befindet sich zurzeit im Geschwister-Scholl-Studentenwohnheim München Steinickeweg 7, 80798 München.

Internationales Auschwitz Komitee: Sophie Scholl hat die Menschenwürde verteidigt

Auch das Internationale Auschwitz Komitee zeigt in Kooperation mit der Gedenkstätte Deutscher Widerstand und der Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund vom 6. bis zum 16. Mai 2021 die Ausstellung: „durch unser Handeln...“ Am Zaun der Niedersächsischen Landesvertretung in der Hannah- Arendt-Straße -gegenüber dem Holocaustmahnmal - wird Sophie Scholl in Zitaten und Fotos gedacht und auch die Briefmarke präsentiert, die die Bundespost zum 100. Geburtstag von Sophie Scholl herausgibt.

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Die Ausstellung eröffnete am Donnerstag, dem 6. Mai Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz. In der Ankündigung des Internationalen Auschwitz Komitees heißt es: „Überlebende des Holocaust sehen in dieser jungen und unglaublich mutigen Frau bis heute eine der wenigen Persönlichkeiten, die in mörderischer Zeit Deutschlands Ehre und die Menschenwürde verteidigt hat.“ Gleichzeitig wolle man sich mit dieser Ausstellung aber auch gegen jede falsche Vereinnahmung Sophie Scholls verwehren. Zuletzt wurde das Bild und Zitate von Sophie Scholl auch von der Querdenker-Bewegung und auf Demonstrationen der sogenannten Corona-Skeptiker benutzt.