Alle Entscheidungen von Uni und Studentenwerk sollen klimaneutral werden, fordern Jenaer Studenten.
Mehr Engagement gegen den Klimawandel forderten viele Studierende am Dienstag von ihrer Unileitung, aber Unklarheiten im Verfahren überschatten die inhaltlichen Forderungen. Diese Woche an den Jenaer Hochschulen steht ganz im Zeichen des Klimaschutz. Höhepunkt der Public Climate School war am Dienstagabend eine studentische Vollversammlung an der Friedrich-Schiller-Universität. An ihr nahmen etwa 1200 Studierende teil, die auf mehrere Hörsäle verteilt wurden.
Die Jenaer Ortsgruppe der Students+ for Future hatte die Versammlung über den Studierendenrat einberufen lassen, um über ihre Forderungen an die Unileitung zu sprechen. Doch Sitzungsleiter Gerrit Huchtemann, Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Studierendenrat, erklärte die Vollversammlung schon nach wenigen Minuten für beendet, da das Organisationsteam im Voraus Probleme beim geplanten Verfahren festgestellt hatte.
„Als die Vollversammlung erfunden wurde, wurde sie als Kontrollorgan für den Stura gedacht, nicht als beschließendes Organ“, lautete die Begründung. So müsse in der Versammlung die Geschäftsordnung des Stura angewendet werden. In dieser heißt es, dass Abstimmungen auf Antrag geheim durchgeführt werden. Eine einzelne Person hätte die Versammlung mit einem solchen Antrag unmöglich machen können. Um das zu umgehen, wollte man die Forderungen nun nur noch „informell“ besprechen. Dieses Vorgehen sorgte im Saal für irritierte Gesichter und verärgerte Redner.
Ein Student fragte: „Welche Verbindlichkeit und welche Kompetenz hat diese Vollversammlung dann noch?“ Ein Mitglied der Schiedskommission der Studierendenschaft meldete sich zu Wort und bezeichnete das Vorgehen als „satzungs- und rechtswidrig“.
Die Diskussion um den umfangreichen und detaillierten Forderungskatalog lief dennoch an. Das Plenum stellte Dutzende Änderungsanträge für die insgesamt 16 Absätze. Kurz vor Mitternacht wurde das letzte Mal abgestimmt, zu diesem Zeitpunkt waren immer noch 450 Studierende anwesend. Im Zentrum der Forderungen steht die Solidarität mit der aktuellen Klimabewegung, wie zum Beispiel Fridays for Future. Die Studierenden fordern die Unileitung unter anderem auf, in allen ihren Entscheidungen auf Klimaverträglichkeit zu achten, und verlangen mehr ökologisch-nachhaltige Inhalte in Lehre und Forschung.
Außerdem sollen Uni und Studierendenwerk ihre CO2-Emissionen bis 2025 „auf ein Minimum“ senken. Fahrrad- und öffentlicher Nahverkehr sollen gefördert und Kurzstreckenflüge für Dienstreisen abgeschafft werden. Großer Redebedarf bestand außerdem beim Thema Mensa, hier soll der Anteil an veganem und vegetarischen Essen gesteigert werden. Die Forderung nach 100 Prozent veganem Essen wurde abgelehnt, dafür schaffte es ein „Sharing-Regal für nicht aufgegessenes Essen“ in die Forderungen. Die Uni Jena solle mit diesen Maßnahmen „Wegbereiterin der sozial-ökologischen Transformation unserer Gesellschaft“ werden.
Die Studierenden fordern die Leitung auf, bis Ende Januar mit ihnen in Gespräche einzutreten. Alle Forderungen wurden mit deutlicher Zweidrittelmehrheit angenommen, teilten die Students+ for Future mit. „Wir sind überwältigt, wie viele Menschen da waren“, sagt Luise Sachs, die im Organisationsteam für die Versammlung mitgearbeitet hat. „Das zeigt der Unileitung, dass das Thema den Studierenden wichtig ist.“ Dass die Entscheidungen basisdemokratisch getroffen wurden, sei zwar herausfordernd gewesen. Dennoch sieht das Organisationsteam die Veranstaltung „als Erfolg für mehr aktive Beteiligung am Universitätsbetrieb“.
Die Forderungen werden nun Thema im Studierendenrat behandelt. Dann wird auch das unklare und zuweilen chaotische Verfahren eine Rolle spielen und wie verbindlich die Ergebnisse sind. Stura-Vorstand Jonathan Schäfer ist sich jetzt schon sicher: „Wenn wir sowas nochmal machen wollen, müssen wir die Satzung ändern.“