Berlin. Das Institut der deutschen Wirtschaft beziffert die Umsatzverluste von Firmen durch Schattenwirtschaft und illegale Absprachen auf bis zu 18 Prozent.

Es ging um illegale Absprachen: Das sogenannte Lkw-Kartell gilt als einer der größten Fälle von Mauschelei in den letzten Jahren. Dabei hatten führende europäische Hersteller Lkw-Preise abgesprochen. Viele Klagen sind noch anhängig. Ein anderer prominenter Fall: Beim sogenannten Matratzenkartell wurden Preise für Bettmatratzen zwischen mehreren Herstellern ausgehandelt. Der Dumme ist bei solchen Absprachen immer der Kunde – er muss am Ende höhere Preise zahlen, hat keinen echten Wettbewerb auf dem Markt.

Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) untersuchte in einer Studie nun die Auswirkungen, die Schwarzarbeit, Korruption und Kartelle, also ungesetzliche Preisabsprachen, auf die deutsche Wirtschaft haben. Das Forschungsinstitut befragte dafür 835 repräsentativ ausgewählte Unternehmen. Die Zusammenfassung ist überraschend: Korruption, Kartelle und Schwarzarbeit bewirken Umsatzeinbußen zwischen 4,6 und 7,1 Prozent jährlich. Die befürchteten Verluste summieren sich auf stolze 18 Prozent.

Baubranche am meisten betroffen

Wie kommt es dazu? Der Verlust verteilt sich unterschiedlich. Keine Probleme mit Preisabsprachen oder Bestechung der Konkurrenten hat nach eigenen Angaben rund ein Drittel der Firmen, schreibt IW-Forscher Dominik Enste. Vor allem aber Firmen der Baubranche klagen: Laut der Studie ist die Baubranche am meisten von Schwarzarbeit (Durchschnitt: 9,1 Prozent Umsatzverlust), aber auch Korruption (8,7 Prozent) und Kartellabsprachen (7,7 Prozent) betroffen. Die Industrie dagegen leidet der IW-Untersuchung zufolge überdurchschnittlich stark unter Bestechung.

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Knapp die Hälfte der Unternehmen befürchtet Umsatzverluste im Umfang von ein bis zehn Prozent durch Korruption; durch verbotene Kartellbildung knapp 40 Prozent. Weitere 15 Prozent der Betriebe gehen von Umsatzverlusten durch illegale Geschenke oder Absprachen in Höhe von bis zu 30 Prozent aus.

Dabei leiden Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern deutlich mehr unter illegaler Kartellbildung und Korruption als kleinere: Drei von vier Großunternehmen gehen von Erlöseinbußen zwischen ein und 30 Prozent durch Bestechung und/oder Preis- und Mengenabsprachen aus (siehe Grafik).

Die Forscher haben sich auch die Auswirkungen der Schattenwirtschaft auf den Umsatz angeschaut: Die von der Unternehmensbefragung erfassten Branchen (nicht dabei sind etwa der Einzelhandel und Finanz- und Versicherungsdienstleistungen) erwirtschafteten 2017 einen Umsatz von 5,4 Billionen Euro. Der Umsatzverlust durch Korruption in diesen Branchen beträgt laut IW-Forscher Enste 6,2 Prozent. Dies entspreche Umsatzeinbußen von rund 335 Milliarden Euro jährlich. Enste geht davon aus, dass die nicht erfassten Branchen in ähnlicher Weise von diesen Formen der Wirtschaftskriminalität betroffen sind, was eine Summe von rund 412 Milliarden Euro bedeute. Der Umsatzverlust allein durch Schwarzarbeit liegt den Berechnungen zufolge etwa bei rund 4,7 Prozent (254 Mrd. Euro) im Jahr 2017 für die untersuchten Branchen und bei 313 Milliarden Euro für alle Branchen.

Kartelle sind das größte Problem

Am gravierendsten werden allerdings die Schäden durch Kartelle eingeschätzt. Die befragten Unternehmen befürchten Umsatzeinbußen in Höhe von durchschnittlich 7,1 Prozent und damit insgesamt von 383 Milliarden Euro jährlich. Das IW rechnet mit 472 Milliarden Euro für alle Branchen. „Zusammengenommen werden basierend auf diesen unternehmenseigenen Schätzungen durch die Delikte durchschnittlich 18 Prozent weniger Umsätze legal erzielt“, heißt es in dem Bericht.

Was bedeuteten diese Zahlen für die deutsche Wirtschaft? Ist sie von der Schattenwirtschaft ernsthaft bedroht? So weit gehen die Forscher nicht. Laut IW verhängte das Bundeskartellamt 2017 in sieben Verfahren rund 66,4 Millionen Euro Bußgelder gegen insgesamt 18 Unternehmen und elf Privatpersonen. In den Jahren zuvor seien die Bußgelder höher gewesen. Im Korruptionswahrnehmungsindex der Organisation Transparency belegt Deutschland im weltweiten Vergleich Platz elf – es ist ein vergleichsweise niedriger Wert.

Das IW kommt aber nach den Gesprächen mit den Firmen zum Schluss, dass die Dunkelziffer bei Bestechung, Schwarzarbeit und Korruption nach wie vor groß ist. Zwar seien die Einbußen der Firmen nicht gleichbedeutend mit Verlusten für die gesamte Wirtschaft, da die Erlöse ja teils dennoch erzielt werden – eben mit verbotenen Mitteln. „Diese Zahlen verdeutlichen aber, dass Korruption und Co selbst in gut entwickelten, erfolgreichen Volks-wirtschaften eine Gefahr sind“, bilanziert das Wirtschaftsinstitut.