Berlin. Vor der Öffnung des Berliner Humboldt Forums geht es immer wieder um die Geschichte der Sammlungen und die Verbrechen in der deutschen Kolonialzeit. Nun gab es erste Einblicke in die neuen Museumsetagen.

Die Sammlungen seien "Weltklasse". Das Humboldt Forum in Berlin soll zusammen mit der benachbarten Museumsinsel die Geschichte der Welt und die Geschichte der Menschheit erzählen. So verspricht es Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, am Mittwoch.

Immer wieder kommt beim Humboldt Forum ein Thema hoch: Wie viel aus der Sammlungen ist Raubkunst, wie hängen sie mit den Verbrechen der deutschen Kolonialzeit zusammen? "Es wird Rückgaben geben", bekräftigt Parzinger. Gerade ist das Flaggschiff der Ausstellung des Ethnologischen Museums in die Kolonialismus-Debatte geraten.

Das rund 680 Millionen Euro teure Humboldt Forum, ein Zentrum für Kultur, Kunst und Wissenschaft mit Schlossfassade, wird derzeit schrittweise eröffnet. Künftig nutzen es zwei Museen der Preußen-Stiftung, das Land Berlin und die Humboldt-Universität. Es sei wichtig, das Humboldt Forum im Prozess zu verstehen, sagt Parzinger. "Es wird sich vieles verändern im Laufe der nächsten Jahre."

Gezeigt werden Exponate aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien sowie Objekte zur Geschichte Berlins. Neben dem Bau selbst ist auch die geplante Präsentation von Benin-Bronzen umstritten, die als Raubgut aus kolonialen Zeiten gelten. Museen aus Deutschland und Nigeria sowie die politische Ebene verhandeln aktuell über Rückgaben vom kommenden Jahr an.

Am Mittwoch gab es erste Einblicke in die 14.000 Quadratmeter große Präsentation des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst, die in der zweiten Septemberhälfte und 2022 für das Publikum öffnet. Der Umzug der 20.000 Objekte aus Berlin-Dahlem läuft bereits seit 2018.

Ein Buch von Götz Aly, in dem der Historiker schildert, wie Deutsche die Kunstschätze der Südsee raubten, hat kürzlich eine Debatte um eines der zentralen Ausstellungsstücke entfacht: das etwa 15 Meter große, aus dem 19. Jahrhundert stammende "Luf-Boot" aus dem heutigen Papua-Neuguinea. Parzinger sagt, er habe Kontakt zum Honorarkonsul gesucht und sich so rückversichert, es gebe von dort keine Rückforderungen. "Man freut sich, dass das Boot hier ist." Parzinger betonte, es werde in der Ausstellung thematisiert, wie die Deutschen 20 Jahre vor dem Erwerb des Schiffs in der Südsee gewütet hätten.

Grundsätzlich soll es laut dem Stiftungschef in der Diskussion um Kolonialismus transparent und ehrlich zugehen. Mit den Herkunftsgesellschaften werde eng zusammen gearbeitet. Es könne sein, dass bei der Öffnung des Humboldt Forums Dinge gezeigt würden, die vielleicht irgendwann zurückgingen. "Das finden wir aber auch nicht schlimm", sagt Parzinger. Museumsdirektor Lars-Christian Koch macht deutlich, man werde vor der teilweise problematischen Herkunft nicht die Augen verschließen, das Aufarbeiten ist demnach zentral im Konzept. "Wir lernen konstant dazu." Ein Museum für Kolonialismus soll es aber nicht werden.

Die Museumsetagen sind modern gestaltet und haben hohe Decken, nach Schloss sehen sie nicht aus. Der Ansatz soll "sehr vermittlungsorientiert" sein, vier Flächen sind für Familien mit Kindern gedacht. Die Spanne reicht von der sakralen Kunst in China und Japan bis ins höfische Indien, von der Goldkammer bis zum Teehaus. Im "Schaumagazin Afrika" bilden Sammlungen aus Namibia einen Schwerpunkt, im Obergeschoss ist ein Saal vom chinesischen Architekten Wang Shu gestaltet.

Der Hof des Humboldt Forums ist bereits für das Publikum geöffnet, ebenso wie der Museumsshop. Dort kann man etwa Kaffee-To-Go-Becher aus Porzellan (zum Teil für 330 Euro) kaufen oder passend zur DDR-Geschichte des Ortes Schlüsselanhänger mit dem vor Jahren abgerissenen Palast der Republik.

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