Berlin. Viele Versicherer verlangen deutlich höhere Beiträge. Ein Wechsel kann sich deshalb lohnen. Das Verfahren ist einfacher geworden.

Jedes Jahr zum Jahreswechsel geben die gesetzlichen Krankenkassen ihre neuen Zusatzbeiträge bekannt. Und diesmal erhöhen gleich 31 der 76 allgemein zugänglichen Kassen den Beitrag, darunter auch die beiden größten: Die Techniker Krankenkasse verlangt von ihren acht Millionen Versicherten 0,5 Prozentpunkte mehr.

Eine gehörige Steigerung, denn bislang nahm die TK nur 0,7 Prozent. Bei der zweitgrößten Kasse, der Barmer, geht es um 0,4 Prozentpunkte nach oben.

Auch viele Betriebskrankenkassen (BKKs) und Allgemeine Ortskrankenkassen (AOKs) haben die Beiträge deutlich erhöht. Begründet wird dies mit gestiegenen Ausgaben aufgrund verschiedener Reformgesetze und der Corona-Pandemie.

Lesen Sie hier: Krankenkassen-Chef: "Die Beiträge werden erheblich steigen"

Viele Krankenkassen erhöhen die Beiträge.
Viele Krankenkassen erhöhen die Beiträge. © Alexander Heinl/dpa-tmn

Auch wenn manch ein Anbieter trotz Erhöhung vergleichsweise günstig bleibt, ist der tiefere Griff ins Portemonnaie für viele Versicherte ärgerlich. 0,5 Prozentpunkte Preiserhöhung bedeuten bei einem Monatsverdienst von 2000 Euro immerhin Mehrkosten von 120 Euro pro Jahr.

Bei Angestellten übernimmt die Hälfte davon der Arbeitgeber. Bei hohen Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze von monatlich 4838 Euro sind es 290 Euro Mehrbeitrag pro Jahr.

Versicherte haben ein Sonderkündigungsrecht

Verbraucher sind den neuen Beiträgen aber nicht hilflos ausgeliefert. Erhöht die Kasse ihren Zusatzbeitrag, haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht – unabhängig davon, wie lange sie schon bei der Kasse versichert sind.

Dafür hat das Kassenmitglied allerdings nur ein paar Wochen Zeit: Die Sonderkündigung muss spätestens zum Ende des Monats bei der Versicherung eingehen, in dem diese das erste Mal den neuen Zusatzbeitrag erhebt.

Also bei den aktuellen Erhöhungen Ende Januar. Trotz Sonderkündigung gilt die reguläre Kündigungsfrist von zwei Monaten. Das heißt: Versicherte, die im Januar kündigen, werden zum 1. April Mitglied der neuen Kasse. Bis dahin wird noch der höhere Beitrag fällig.

Wer sich möglichst preiswert versichern will, findet beim Geld-Ratgeber Finanztip im Internet eine aktuelle Liste der günstigsten Kassen pro Bundesland.

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    Krankenkassenwechsel: Darauf muss man achten

    Wer seine Kasse wechseln will, sollte aber nicht nur auf den Zusatzbeitrag achten. Gerade Versicherte, die häufiger mit ihrer Kasse zu tun haben, sollten sich fragen: Bekomme ich kompetente Auskünfte von der Kasse? Werden Kuren oder Hilfsmittel schnell und unkompliziert bewilligt? Wer gute Erfahrungen mit dem Service seiner Kasse gemacht hat, für den lohnt es tendenziell, seiner Kasse treu zu bleiben.

    Auch ein Blick auf die individuellen Zusatzleistungen der einzelnen Versicherungen kann sich rentieren. Denn freiwillige Zuzahlungen der Krankenkasse für Sportkurse, Osteopathie oder professionelle Zahnreinigung können mehrere Hundert Euro im Jahr wert sein – sofern die Versicherten sie auch nutzen.

    Das macht vielleicht viel mehr aus als die Höhe des Zusatzbeitrags. Finanztip wird Mitte Januar einen aktuellen Vergleich der Zusatzleistungen in den Bereichen Service, Vorsorge, Familie und Alternativmedizin veröffentlichen.

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    Kassenwechsel ist jetzt deutlich einfacher

    Die Kasse wechseln kann grundsätzlich jeder, unabhängig von Alter oder Gesundheitszustand. Und da spielt es auch keine Rolle, ob sich der Zusatzbeitrag erhöht hat. Denn natürlich können Versicherte auch ganz normal kündigen.

    Seit Jahresbeginn ist dieser Kassenwechsel sogar einfacher geworden: Bislang mussten Versicherte 18 Monate bei einer Krankenkasse bleiben, bevor sie erneut wechseln durften – es sei denn, sie konnten wegen einer Beitragserhöhung sonderkündigen. Zum Jahreswechsel wurde diese Frist auf zwölf Monate verkürzt.

    Die neue Kasse übernimmt die Kündigung der alten

    Wer also schon mindestens zwölf Monate bei seiner Kasse versichert ist, kann sich jederzeit eine neue suchen. Auch der Wechsel selbst ist erleichtert worden: Wechselwillige müssen sich jetzt nur noch bei einer neuen Kasse ihrer Wahl anmelden.

    Diese übernimmt dann die Kündigung bei der alten Kasse und übermittelt dem Arbeitgeber elektronisch die neue Mitgliedsbescheinigung. Für Versicherte entfällt damit einiges an Papierkram, etwa das Kündigungsschreiben an die alte Kasse. Ein ähnlich es Verfahren kennen viele schon vom Stromanbieterwechsel.

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      In einigen Fällen können Versicherte sogar sofort ohne Kündigungsfrist wechseln. Und zwar immer dann, wenn sich der Versicherungsstatus ändert, zum Beispiel bei einem Arbeitgeberwechsel. Oder wenn der Betroffene vom Pflichtmitglied zum freiwilligen Mitglied wird, weil er sich selbstständig macht oder sich sein Gehalt als Angestellter erhöht über die Grenze für die Versicherungspflicht. 2021 liegt diese Grenze bei 64.350 Euro Jahresbrutto.

      Corona-Krise bringt Krankenkassen in Schwierigkeiten

      Die Corona-Pandemie bringt auch die Krankenkassen in Schwierigkeiten. Durch die Kurzarbeit und schwächelnde Konjunktur fehlen ihnen Beitragseinnahmen. Dazu kommen steigende Kosten durch den medizinischen Fortschritt und kostspielige Gesundheitsgesetze der letzten Jahre, etwa finanzielle Anreize für eine schnelle Terminvergabe durch Ärzte oder für mehr Pflegepersonal.

      Deshalb sind weitere Beitragserhöhungen zu erwarten, womöglich schon im Lauf dieses Jahres. Mehrere Krankenkassen-Chefs warnten im November bereits vor einer Verdopplung der Zusatzbeiträge nach der Bundestagswahl.

      Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Der Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-Stiftung.

      48 Millionen Versicherte zahlen mehr

      Das Vergleichsportal Verivox hat berechnet, dass 48 Millionen Versicherte mit steigenden Zusatzbeiträgen für die Krankenkasse rechnen müssen.

      Der durchschnittliche Zusatzbeitrag steigt den Angaben zufolge von 1,00 Prozent auf 1,28 Prozent. Der höchste Anstieg eines Zusatzbeitrages betrage 0,8 Prozent. Somit steigt der Beitrag für einen Arbeitnehmer mit 36.000 Euro Bruttoeinkommen laut Verivox um 144 Euro im Jahr und in gleicher Höhe für seinen Arbeitgeber.