Berlin. Das Krebsrisiko im Alter deutlich senken? Laut einer neuen Studie hilft die Kombination aus Sport, Vitamin D und dieser gesunden Säure.

Es gibt Möglichkeiten, sich vor Krebs zu schützen, doch diese sind begrenzt. Man kann auf den Konsum von Zigaretten und Alkohol verzichten, auf sein Gewicht achten, zu viel UV-Licht meiden und alle empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. Seit einiger Zeit gibt es auch eine Impfung, die vor Gebärmutterhalskrebs schützen kann.

„Doch darüber hinaus stand bislang nicht wirklich viel zur Verfügung, was man zur Krebsprophylaxe tun konnte“, sagt Valentin Goede, leitender Oberarzt am Zentrum für Altersmedizin des St.-Marien-Hospitals in Köln und dort auch Leiter des Departments für Onkologische Geriatrie. Dies galt speziell für ältere Menschen, die ein besonders hohes Risiko für Krebserkrankungen haben.

Ändern könnte sich das durch eine neue Studie namens „Do-Health“, deren Ergebnisse kürzlich publiziert worden sind. Darin zeigt ein internationales Forschungsteam, dass eine Kombination aus hoch dosiertem Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und einem einfachen Trainingsprogramm für zu Hause das Krebsrisiko gesunder Menschen über 70 Jahre um fast zwei Drittel verringern kann.

Sport, Vitamin D, Omega 3: Kombination senkte in Studie Krebsrisiko

Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und Sport gelten schon lange als vielversprechende Kandidaten für die Krebsprophylaxe. Denn es gibt Hinweise, dass Vitamin D das Wachstum von Krebszellen hemmt und Omega-3-Fettsäuren, enthalten vor allem in Fisch und Ölen, die Umwandlung gesunder Zellen in Krebszellen bremsen.

Sport wiederum kann die Immunfunktion verbessern und Entzündungen verringern, was ebenfalls zum Schutz vor Krebs beitragen kann. „Aber Studien, die diese drei Maßnahmen für sich genommen untersuchten, fanden bislang keinen eindeutigen Effekt auf das Krebsrisiko“, erklärt Valentin Goede. Deshalb sei es interessant zu sehen, dass eine Kombination dieser Maßnahmen etwas bewirken könnte, so der Experte für Onkologische Geriatrie.

„Neuartige Krebstherapien zielen darauf ab, verschiedene Wege der Krebsentstehung zu blockieren, indem mehrere Wirkstoffe kombiniert werden. Wir haben dieses Konzept auf die Krebsprävention übertragen“, erklärt Studienleiterin Prof. Heike Bischoff-Ferrari, Direktorin der Klinik für Altersmedizin am Universitätsspital Zürich.

Drei Zutaten senken Krebsrisiko um 61 Prozent

Zusammen mit ihren Kollegen untersuchte sie mehr als 2100 Menschen über 70 Jahre aus der Schweiz, Frankreich, Deutschland, Österreich und Portugal. Diese wurden nach dem Zufallsprinzip in acht Gruppen eingeteilt, um den individuellen und kombinierten Nutzen der drei Maßnahmen zu testen.

Im Laufe von drei Jahren kam es bei den Studienteilnehmern zu 119 Krebserkrankungen. Die Forschenden um Bischoff-Ferrari stellten fest, dass jede Maßnahme für sich genommen das Krebsrisiko bereits ein wenig senkte. Aber nur in der Gruppe, die sowohl Vitamin D als auch Omega-3-Fettsäuren eingenommen und auch das Trainingsprogramm absolviert hatte, war ein starker Effekt zu sehen: Sie waren mit einer um 61 Prozent niedrigeren Wahrscheinlichkeit an Krebs erkrankt als die Studienteilnehmer in der Placebo-Gruppe.

„Es ist bemerkenswert, dass nach drei Jahren in einer überschaubaren Patientenzahl mit der Kombination aus drei Präventionsmaßnahmen tatsächlich eine Verminderung der Krebsneuerkrankungen zu beobachten war“, sagt Goede.

Sport hält im Alter grundsätzlich fit. Kombiniert mit Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren könnte er noch mehr bewirken.
Sport hält im Alter grundsätzlich fit. Kombiniert mit Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren könnte er noch mehr bewirken. © iStock | istock

Anti-Krebs-Studie: Darum ist sie noch mit Vorsicht zu genießen

Er weist aber darauf hin, dass die Studie ursprünglich nicht darauf ausgelegt war herauszufinden, ob diese Kombination vor Krebs schützen könnte. „Sie sollte zeigen, ob die Maßnahmen bei älteren Menschen einen günstigen Effekt auf andere Gesundheitsaspekte wie Blutdruck, körperliche Leistungsfähigkeit, Kognition, Frakturen und Infektionen haben“, sagt er. Doch dort konnte kein Effekt gezeigt werden. Ob die Kombination der drei Maßnahmen auch vor Krebs schützen könnte, wurde erst im Nachhinein untersucht.

„In der wissenschaftlichen Forschung spricht man von einer explorativen Analyse, deren Ergebnisse immer mit Vorsicht interpretiert werden müssen“, so Goede. Und auch Bischoff-Ferrari betont: „Unsere Ergebnisse müssen in einer längerfristigen und noch größeren Studie bestätigt werden.“

Aber reichen die Ergebnisse aus, um älteren Menschen aktiv zur gleichzeitigen Einnahme von hoch dosiertem Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren sowie einem Trainingsprogramm zu raten? Studienleiterin Bischoff-Ferrari sieht dafür durchaus Anhaltspunkte: „Aufgrund der hohen Sicherheit und der geringen Kosten qualifizieren sich die drei Maßnahmen bereits heute, um die hohe Last von Krebserkrankungen bei älteren Erwachsenen zu reduzieren“, sagt sie.

Das empfiehlt Mediziner seinen älteren Patienten

Goede dagegen geht diese Interpretation noch einen Schritt zu weit: „Jedem gesunden Menschen über 70, der zum Check-up in eine Arztpraxis kommt, diese drei Präventionsmaßnahmen ungefragt dringend ans Herz zu legen, würde ich heute noch nicht“, betont er. Bevor man das machen könne, müssten weitere Fragen geklärt werden: Gilt der mögliche Schutz für alle Krebsarten? Und vor allem: Würden auch kränkere ältere Menschen davon profitieren? Denn die Teilnehmenden in der „Do-Health“-Studie, so Goede, seien alle für ihr Alter sehr gesund gewesen.

Allerdings, räumt der Mediziner ein: „Sollte mich ein Patient jenseits der 70 direkt fragen, ob er selbst etwas tun kann, um sich vor Krebs zu schützen, dann würde ich mit Verweis auf diese Studie durchaus diese drei Maßnahmen mit vorschlagen. Denn für eine Empfehlung auf Anfrage ist die Studie tatsächlich Grundlage genug.“

Studiendesign: So war die Untersuchung aufgebaut

Die Probanden von „Do-Health“ wurden in acht Gruppen geteilt:

  • Gruppe eins erhielt 2000 Einheiten Vitamin D3 und ein Gramm Omega-3-Fettsäuren pro Tag und absolvierte dreimal pro Woche ein einfaches Kraft-Trainingsprogramm für zu Hause. Gruppe zwei erhielt Vitamin D3 und Omega-3-Fettsäuren, Gruppe drei Vitamin D3 und Training, Gruppe vier Omega-3-Fettsäuren und das Trainingsprogramm, Gruppe fünf nur Vitamin D3, Gruppe sechs nur Omega-3-Fettsäuren, Gruppe sieben nur das Trainingsprogramm und Gruppe acht ein Placebo.
  • Die Studienteilnehmenden wurden drei Jahre nachbeobachtet. In dieser Zeit erhielten sie alle drei Monate Anrufe, um zu überprüfen, wie gut sie sich an die ihnen zugeteilten Maßnahmen hielten.
  • Zu Beginn der Studie und im ersten, zweiten und dritten Jahr wurden sie zudem ärztlich untersucht.