Frankfurt/München. Joachim Löw soll Thomas Müller in einem Telefonat das DFB-Comeback signalisiert haben. Eine große Überraschung wäre die EM-Rückkehr des Bayern-Angreifers beim letzten Turnier des Bundestrainers nicht.

Für Thomas Müller scheint der EM-Wunsch Wirklichkeit zu werden. "Ich habe Lust, im Sommer nach Titeln zu jagen", hatte der Weltmeister von 2014 auch mit dem Blick auf ein DFB-Comeback bei der in einem Monat beginnenden Fußball-EM gesagt.

Zwei Jahre nach der gemeinsamen Ausmusterung mit Mats Hummels und Jérôme Boateng aus der Nationalmannschaft scheint Joachim Löw für sein Abschiedsturnier als Bundestrainer bei dem Bayern-Angreifer zur Rolle rückwärts bereit zu sein. Der 31-jährige Müller könnte der DFB-Elf das geben, was sie braucht: Tatkraft und Führungsstärke.

Laut "Bild" soll der 61-jährige Löw schon mit Müller telefoniert haben. "Er soll ihm signalisiert haben, dass er ihn zurückholen will", schrieb die Zeitung. Eine Bestätigung für diese Konjunktivsätze gab es zunächst nicht - weder von Löw noch von Müller. Der hatte auf die Frage, bis wann er für seine Sommerplanung denn am liebsten Klarheit haben wolle, kürzlich geantwortet: "Dieses Thema hat mindestens bis Ende April bez. für den Mai locker Zeit."

Die Möglichkeit, dass Löw und Müller wieder zusammenarbeiten, ist nach den Geschehnissen und auch Aussagen der vergangenen Wochen und Monate hoch. Löw wird am 19. Mai den deutschen EM-Kader nominieren.

Der DFB-Chefcoach umschiffte zuletzt immer wieder eine klare Aussage zu Müller und auch dem Dortmunder Hummels (32), der anders als sein langjähriger DFB-Abwehrpartner Boateng (32/Bayern) ebenfalls ein Rückkehrer-Kandidat für die am 11. Juni beginnende EM-Endrunde ist. "Manche Dinge habe ich schon im Kopf", sagte Löw zuletzt in Bezug auf Müller/Hummels. Die Kernaussage des Bundestrainers lautete immer: "Was ist das Beste für diese Mannschaft, um erfolgreich zu sein?"

Für viele Fans und auch Experten ist die Antwort klar. Für Müllers Comeback votieren fast alle, bei Hummels ist das öffentliche Votum verhaltener. Der BVB-Abwehrspieler selbst betont seine Bereitschaft, bei der EM im Sommer mitzuspielen. "Ich wehre mich nicht, falls ich gefragt werde, noch mal zu helfen", sagte Hummels bei Sky. Löw habe ihn bislang aber noch nicht gefragt.

Müller würde den starken Bayern-Block erweitern, der auch das eingespielte Rückgrat bei der EM sein soll. Unter der Anleitung von Trainer Hansi Flick hat sich Müller in München wieder den Stellenwert als Leistungsträger und lautstarker Frontmann auf dem Platz erworben, den er auch im Nationalteam bei seiner sportlich nachvollziehbaren Ausmusterung im Frühjahr 2019 nicht mehr hatte.

Bei der EM 2016 und der WM 2018 spielte Müller schwach und blieb jeweils ohne Torerfolg. Sein 100. und bislang letztes Länderspiel bestritt er übrigens ebenso wie Hummels (70 DFB-Einsätze) beim 2:2 gegen die Niederlande am 19. November 2018 in Gelsenkirchen.

Müllers Rückweg hat Löw verbal jedenfalls geebnet. "Einen Umbruch sollte man nicht völlig abbrechen", sagte der Bundestrainer zwar. Dass man ihn aber durchaus unterbrechen kann, ist längst die offizielle Sprechweise. Corona hat vieles verändert, zudem hört Löw nach der EM ohnehin auf. Er muss nichts mehr entwickeln, er muss nur noch beim Turnier abliefern. Die EM sei "ein eigener Wettbewerb, und selbstverständlich ist es unsere Aufgabe, die besten Spieler, die es gibt, und die beste Mannschaft mitzunehmen, um den größtmöglichen Erfolg zu garantieren", sagte der Bundestrainer.

Löw tagt aktuell in Berlin mit seinem Trainerstab und DFB-Direktor Oliver Bierhoff, um die EM-Abläufe zu fixieren. Das Trainingslager in Seefeld wird jetzt erst am 28. Mai beginnen, weil der DFB-Tross dann wegen der Corona-Blase bis zum Ende des Turnierauftritts zusammenbleiben wird. Löw hätte ausreichend Zeit und zwei Testspiele gegen Dänemark (2. Juni) und Lettland (7. Juni), Müller wieder ins Team zu integrieren. Der Ernstfall beginnt dann am 15. Juni in München mit dem ersten Gruppenspiel gegen Weltmeister Frankreich.

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