Berlin. Max Kruse bei Union Berlin. Da treffen Welten aufeinander, könnte man meinen. Der Fußball-Lebemann spielt bei dem auf sein Arbeiterimage so stolzen Club. Der Angreifer versichert: Ihm geht es in der Hauptstadt nur um sportlichen Erfolg.

Lässig präsentierte Max Kruse sein neues, rotes Trikot mit der Nummer 10. Bei der Frage nach seinem Image als Luftikus und Lebemann verging dem prominentesten Transfer des 1. FC Union Berlin aber die gute Laune.

"Ich bin nicht hier, um mich um das Nachtleben in Berlin zu kümmern. Ich bin hier, um Fußball zu spielen", stellte der 32-Jährige bei seiner Präsentation als neuer Profi der Eisernen klar. In Köpenick wurde Kruse schnell mit der eigenen Vergangenheit konfrontiert, in der er auch schon mal mit schnellen Autos oder als Pokerspieler auftrat. Das gefiel dem Offensivmann gar nicht.

"Ich habe ein Privatleben. Das hat jeder von uns allen, es wäre schade für den, der es nicht hat. Aber ich habe schon gezeigt, dass ich trotz eines Privatlebens gute Leistung bringen kann. Das habe ich bei Union vor", sagte Kruse. In der kurzen, aber deutlichen Abrechnung fand er auch für Werder Bremens Geschäftsführer Frank Baumann deutliche Worte.

"Ich finde es schade, dass man nach drei Jahren Zusammenarbeit so eine Aussage tätigt. Jeder, der mich kennt, der weiß, wenn ich mich für etwas entscheide, dann zu 100 Prozent", sagte Kruse. Baumann hatte gesagt: "Max sind andere Dinge wichtiger als ein gewohntes Umfeld. Er sucht die neue Herausforderung." Kruse ergänzte: "Natürlich ist Berlin eine schöne Stadt. Aber es geht darum, Fußball zu spielen."

Nach St. Pauli, Freiburg, Mönchengladbach, Wolfsburg und Bremen ist Union seine sechste Bundesliga-Station. 250 Spiele und 74 Tore stehen in der sportlichen Statistik. Das Engagement bei Fenerbahce Istanbul endete mit einer Knöchelverletzung im März, die ihn immer noch bremst, und einem Rechtsstreit um ausstehende Gehaltszahlungen.

Unions Geschäftsführer Oliver Ruhnert hörte die klaren Aussagen seines neuen Führungsspielers bei der Präsentation. Und sie dürften ihm gefallen haben. Kruse ist eben ein ungewöhnlicher Transfer des chronischen Underdogs. Trotz ökonomischer Nachteile wurden Bundesligakonkurrenten ausgestochen. In der "fußballerischen Qualität" werde Kruse helfen. "Man hatte immer den Eindruck, dass es für ihn eine ernsthafte Option ist", meinte Ruhnert.

Für einen Schabernack ist Kruse immer noch zu haben. Als PR-Aktion für die Wasserinitiative Viva con Agua war er kürzlich in Stuttgart und trommelte für die gute Sache mit dem Kontaktgerücht zum VfB - die Auflösung des gelungenen "Prank" kam später von ihm in den sozialen Netzwerken. Dort kokettierte Kruse nun auch gleich per verbalem Schlagabtausch mit Union-Legende Torsten Mattuschka über Nachhilfeangebote bei Standards und Elfmetern.

Bestätigte Angebote aus der Bundesliga gab es außer von Union nur von Ex-Club Werder. Ein litauischer Journalist erregte kurzzeitig virale Aufmerksamkeit mit einem angeblichen fixen Deal zu Hertha BSC - womöglich hatte er die Hauptstadt-Clubs verwechselt. Unions Stadtrivale verfolgt durch Investorengelder gesegnet gerade ohnehin eine andere Einkaufsstrategie mit dem Fokus auf jüngere Spieler.

Nach Christian Gentner ist Kruse nun der zweite Profi, der als Ex-Nationalspieler zu den Eisernen kommt. Seine DFB-Karriere endete durch eine kontinuierliche Ignorierung seitens Joachim Löw. Dem Bundestrainer missfiel bei Kruse die fehlende Ernsthaftigkeit. Bei seinem letzten von 14 Länderspielen am 11. Oktober 2015 sicherte dieser allerdings durch sein Tor zum 2:1 gegen Georgien in Leipzig dem damals nervösen Weltmeister das EM-Ticket für 2016.

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