Orlando. Noch nie in der Geschichte der NBA hat ein Brüderpaar aus Deutschland zusammengespielt - bis Franz und Moritz Wagner bei den Orlando Magic landeten. Dort ist Deutsch nun ein strategisches Mittel.

Franz und Moritz Wagner wissen genau, wie außergewöhnlich und kostbar ihre Situation ist. Zwei Brüder aus Berlin, beide in der NBA, beide im gleichen Basketball-Team bei den Orlando Magic.

„Ich habe ja den Vorteil, dass ich es vergleichen kann und weiß daher, wie es ohne Geschwisterkind im Team sein kann und wie wertvoll das ist“, berichtet der 25 Jahre alte Moritz Wagner. Subtext: Mit Geschwisterkind ist es viel schöner und besser.

Als er die Sätze spricht, sitzt neben ihm der vier Jahre jüngere Franz und scheint nur mit einem Ohr zuzuhören. Allerdings kennt er die meisten Antworten seines großen Bruders wohl ohnehin. Selbst als Moritz nach der Entwicklung von Franz gefragt wird, der spätestens seit seinen starken Leistungen bei der Heim-EM und Bronze für die deutsche Nationalmannschaft auch über Basketball-Kreise hinaus einen Namen hat und dem nicht wenige eine Karriere wie die von Dirk Nowitzki zutrauen, wirkt der 21-Jährige uninteressiert.

Womöglich weiß er aber nur wieder, was Moritz sagen wird. Nämlich: „Ich werde es mir nicht rausnehmen, ihn zu bewerten, sondern als großer Bruder für ihn da sein und das genießen, mit ihm zusammen auf dieser Reise zu sein.“

Ein deutsches Brüderpaar in der NBA

Im fünften NBA-Jahr seiner Karriere blickt Moritz Wagner mit einer Portion Distanz auf diese Parallel-Welt, in der alles groß, vieles laut, eine Menge nicht ehrlich und nur wenig wirklich vertraut ist. „Diese Soap Opera“ (Seifenoper), wie er die NBA nennt, versuchten sie oft auch einfach auszublenden und „das Drama einfach Drama“ sein zu lassen. „Da hilft es natürlich, sich gegenseitig zu haben.“

Er weiß, dass im knallharten Geschäft der NBA die Zeit mit seinem Bruder von einem Tag auf den anderen vorbei sein kann. Bei Transfers haben die Profis nur in Ausnahmefällen ein Mitspracherecht, er selbst wurde schon von den Los Angeles Lakers zu den Washington Wizards und von dort zu den Boston Celtics geschickt. Franz Wagner dagegen spielt seit seinem Debüt in der vergangenen Saison für die Orlando Magic und mit seinem Bruder.

Moritz Wagner hat seit der überstandenen Knöchelverletzung, wegen der er nicht nur die EM, sondern auch den Start in die NBA-Saison verpasste, gut gespielt für die Magic und zuletzt als Verteidiger für sein „hohes Niveau“ gegen Superstar Giannis Antetokounmpo ein Sonderlob von Trainer Jamahl Mosley bekommen.

Für die Zukunft der Magic aber steht neben dem Neuling Paolo Banchero besonders Franz Wagner, der 2021 schon an achter Stelle des Drafts ausgewählt wurde und seither eine rasante Lernkurve hingelegt hat. „Er wird auf jeden Fall sehr, sehr special“, sagte zuletzt Nationalmannschaftskapitän Dennis Schröder. „Er arbeitet sehr, sehr hart, weiß genau, welche Linie er fährt.“

In der Gegenwart profitieren alle vom Wagner-Doppelpack. „Die Chemie gibt es bei uns einfach, da gibt es manche Sachen, die man nicht sagen muss und es ist eine Riesenhilfe“, erklärt Moritz Wagner. „Wie du miteinander redest und zu wissen, was der andere denkt, das ist ein großer Vorteil.“ Dazu kommt die Sprache. „Es kommt natürlich darauf an, ob andere das hören sollen oder nicht, aber meistens sollen sie es nicht hören, und dann reden wir Deutsch“, erzählt Franz Wagner. Falls Worte überhaupt notwendig sind zur Verständigung.