Berlin. Schon wieder ist eine Person an der Ostsee gestorben. Erneut sind Vibrionen die Ursache. Doch wo genau lauern die Bakterien?

Es ist der zweite Todesfall in dieser Saison: Wieder ist eine Person gestorben, nachdem sie mit Ostsee-Wasser in Berührung gekommen ist. Schuld war eine Infektion mit Vibrionen. Insgesamt ist die Zahl der Infektionen, die durch Vibrionen verursacht worden sind, stark angestiegen.

Ostsee-Besucher sind verunsichert: Sie fragen sich, wo die gefährlichen Bakterien lauern. Wie das Portal „Reisereporter“ berichtet, könnten Vibrionen überall dort auftreten, wo die Wassertemperatur mehr als 20 Grad beträgt. „Vibrionen werden ab 20 Grad überall gemessen“, sagte Dr. Heiko Will, erster Direktor des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern (Lagus).

Die schlechte Nachricht: Eine Liste, welche Strände besonders betroffen sind, gebe es nicht. Generell gibt Will den Hinweis: Übersteigt das Wasser die 20-Grad-Marke komme es zu einer „explosionsartigen“ Verbreitung des Bakteriums.

Vibrionen in der Ostsee - Person litt an chronischen Krankheiten

In dem jüngsten Fall habe die Person an mehreren chronischen Krankheiten gelitten und damit zur Risikogruppe gehört, teilte das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lagus) am Donnerstag in Rostock mit. Nähere Angaben zu Geschlecht und Herkunft sowie dem genauen Ort der Infektion sind nicht bekannt und werden aus Datenschutzgründen auch nicht bekanntgegeben.

Nach Bekanntwerden des ersten Falles in 2019 – der rund vier Wochen zurückliegt und eine ältere Dame betraf, hatte die Leiterin der Abteilung Gesundheit, Martina Littmann, über die bis dahin registrierten Fälle gesprochen: „Alle Betroffenen gehörten zu den bekannten Risikogruppen.“ Lesen Sie hier: Ostsee-Vibrionen: „Fleischfressende Bakterien" breiten sich im Meer aus

Risikofaktoren für Vibrionen-Infektion

Diese Umstände erhöhen das Risiko:

  • Hohes Alter
  • Ein geschwächtes Immunsystem
  • Offene Wunden
  • In Mexiko starb 2017 ein 31-Jähriger mit einem neuen Tattoo – darüber gelangten die Bakterien in den Körper
  • Erkrankungen der Leber, Diabetes mellitus und Immunschwächen durch eine Transplantation oder HIV

Vibrionen in der Ostsee – mehrere Infektionen

Nachdem der Fall der toten Frau bekannt geworden war, wurden weitere Infektionen bekannt. Diese verliefen allerdings – bis zum aktuellen Fall – nicht tödlich. Mit sinkenden Temperaturen geht auch die Belastung zurück – noch ist die Gefahr aber gegeben.

Die „Ostsee-Zeitung“ berichtet, dass Heiko Will vom Lagus die Frage nach der Zahl der bekannten Infektionen nun mit sieben beantwortet. Als vor vier Wochen der Todesfall bekannt wurde, waren es noch drei.

Die Infektion mit den gefährlichen, oft als „fleischfressend“ bekannten Bakterien kann, muss aber nicht tödlich verlaufen. Das Landesamt in Rostock hatte eine Warnung ausgesprochen, nach der Zugehörige bestimmter Risikogruppen das Bad in der Ostsee meiden sollten.

Ostsee: Infektion mit Vibrionen lebensgefährlich – Frau stirbt

Littmann erklärte unserer Redaktion, die gestorbene Dame sei „hochbetagt“ gewesen. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist nicht möglich, so die Expertin. An welchem Ort es genau geschah, berichtet Littmann nicht – betont aber.

Der extrem heiße Juli hat zu der Ausbreitung der Bakterien beigetragen – es war wegen der Hitzewelle der heißeste Juli seit Aufzeichnungsbeginn. Auch im Sommer 2018 hatte es eine Warnung gegeben. Laut Landesamt habe es im vergangenen Jahr sogar 18 Erkrankungen gegeben, drei Menschen starben, berichtet die „OZ“.

Die Zahlen belegen, dass 2018 besonders heftig war: In den vier vorangegangenen Jahren gab es insgesamt nur eine Erkrankung mehr. Und es gab einen Toten in dem Zeitraum – 2018 gleich drei. Seit 2003 starben insgesamt acht Menschen infolge der Infektion.

Bis September werden im Zwei-Wochen-Takt Proben genommen, bisher war die Konzentration nicht so hoch, dass das Baden verboten werden musste – solange die Risikogruppen vorsichtig sind.

So kommt es zur Vibrionen-Infektion

Je nach Eintrittsort wirken die Bakterien unterschiedlich. So können sie zu schweren Wundinfektionen führen.

  • Möglich ist auch ein Eintritt in den Körper über den Magen-Darm-Trakt. Schützen kann man sich zum Beispiel mit wasserfesten Pflastern.
  • Wer größere Wunden hat, krank ist oder ein schwaches Immunsystem hat, sollte nicht Baden gehen. Behandelt werden kann die Infektion mit einem Antibiotikum.
  • Vibrionen werden auch Stabbakterien genannt und gehören zu der gleichen Gattung wie Cholera.

Es gibt auch Arten, die Fische befallen können – darunter haben in der Vergangenheit auch schon Fischfarmen gelitten.

Symptome einer Infektion sind demnach

  • Schüttelfrost,
  • Durchfall,
  • Fieber und
  • blasenbildender Hautausschlag.

Eine zügige Therapie mit Antibiotika könne den Krankheitsverlauf stark mildern, sagte der Direktor des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lagus), Heiko Will.

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    Er riet, bei Verdacht einen Arzt aufzusuchen. Er warnte jedoch vor Panikmache. Seit 2003 habe es acht Todesfälle durch Vibrionen gegeben. Im letzten Jahr registrierte das Amt demnach mit 17 die meisten Infektionen, darunter drei Todesfälle.

    Vibrionen-Risiko extrem gering

    Angesichts von Dutzenden Millionen Badegästen sei das Erkrankungsrisiko aber extrem gering, sind sich Experten einig. Für gesunde Menschen seien die Bakterien ungefährlich. Nur in Ausnahmefällen bestehe eine Gefahr für immungeschwächte, ältere Personen oder auch Patienten mit Lebererkrankungen oder HIV.

    Der Nord- und der Ostsee droht zudem wohl eine massive Quallenplage. Zuletzt stieg auch die Zahl der Badetoten in Deutschland, besonders 2018 kamen viele im Wasser ums Leben. 2019 setzte sich der Trend fort, es gab bereits 250 Todesfälle. (ses/dpa)