Düsseldorf. Starkes Sodbrennen schränkt die Lebensqualität ein. Die Ursachen können vielfältig sein. Nicht immer haben sie mit dem Essen zu tun.

Wenn der Mageninhalt zurück in die Speiseröhre fließt, brennt es im Hals, oder es schmerzt hinter dem Brustbein. Manchmal entstehen auch Hustenreiz oder Heiserkeit. Bis zu 20 von 100 Menschen in den westlichen Ländern haben wiederkehrend diese Beschwerden, berichtet das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Dahinter kann eine Erkrankung stecken: Reflux.

Wie es dazu kommt, erklärt Matthias Schauer, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Endokrine Chirurgie am Augusta-Krankenhaus in Düsseldorf: „Normalerweise rutscht täglich mehrfach etwas Magensäure für Sekunden in die Speiseröhre und wird wieder zurücktransportiert“, sagt er. „Das liegt daran, dass sich bei jedem Schlucken oder Räuspern der Schließmuskel zwischen Speiseröhre und Magen kurz öffnet.“

Schauer beschreibt diesen Vorgang als eine Art „Säuberung nach unten“. Problematisch wird das erst, wenn die Säure immer wieder über längere Zeit in der Speiseröhre bleibt, dort für hohe PH-Werte sorgt und sogar bis zum Kehlkopf und in den Mund gelangt.

Sie haben Bauchbeschwerden und klagen über Aufstoßen

Carsten König, Hausarzt und stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, sieht in seiner Praxis viele potenzielle Reflux-Patienten: „Den meisten sagt der Begriff nichts, die haben Bauchbeschwerden und klagen über Aufstoßen“, sagt er. Nach einer solchen Aussage beginne die Detektivarbeit. Zunächst müsse man ergründen, wo es schmerzt. Mögliche organische Ursachen wie starke Blähungen oder Gallensteine werden via Ultraschall oder mittels Laborwerten ausgeschlossen. Lesen Sie auch: Prostata-Krebs - Neue Leitlinie im Check

Der Patient, erklärt König, müsse angeben, wann die Säure brenne – täglich und schon morgens oder nur, wenn man zu viel gegessen oder Alkohol getrunken habe. Jeder Reflux sei individuell, so der Mediziner. Er habe mit dem Alter, den Lebensgewohnheiten und all dem zu tun, was einem buchstäblich auf den Magen schlagen könne.

Bei 20- bis 30-Jährigen ist das zum Beispiel Dauerstress, etwa mit kleinen Kindern im Homeoffice. Die über 60-Jährigen kämpfen eher damit, dass sie Medikamente gegen chronische Schmerzen nehmen und damit ihr Verdauungsorgan dauerhaft belasten. Und das müsse bei Weitem nicht alles sein, so König weiter. Auch der Keim Helicobacter pylori kann für Magenschleimhautentzündungen und Aufstoßen verantwortlich sein.

Operationen sind immer seltener notwendig

Und im Extremfall ist es womöglich ein Zwerchfellbruch – auch Hiatushernie genannt –, der Reflux auslöst. Dabei stülpt sich ein Teil des Magens, manchmal auch das ganze Organ, durch eine Lücke im Zwerchfell. Kein Wunder eigentlich, dass die Säure dabei in die falsche Richtung fließt. Meist wird in solchen Fällen eine Operation erwogen. Doch die gute Botschaft der Experten lautet: Eine Operation ist bei Reflux immer seltener notwendig (siehe Infobox). „Wir haben im Lauf der Jahre eine Reihe von Methoden hinzugewonnen, um diese Eingriffe zu verhindern“, stellt Carsten König fest. Auch interessant: Ernährung - Welche Fette gut und welche schlecht sind

Gegen gelegentliches Aufstoßen, so der Hausarzt, könne man frei verkäufliche Mittel aus der Apotheke einnehmen, die die Magensäure binden und neutralisieren. „Das kann durch Kamille- und pflanzliche Magentee-Mischungen unterstützt werden“, sagt er. Außerdem raten die Experten dazu, sich nach Mahlzeiten für drei Stunden nicht hinzulegen und das Bett schräg (Kopfende höher) zu stellen. So kann die Säure im Magen bleiben.

Das lässt sich auch erreichen, wenn weniger Fettes, Süßes, Alkoholika und Kaffee auf dem Speiseplan stehen sowie auf Nikotin verzichtet wird. Denn auch durchs Rauchen wird Reflux vielfach ausgelöst, weil der Qualm dafür sorgt, dass weniger Speichel gebildet wird, der die Säure neutralisiert.

Säureblocker nur auf ärztlichen Rat einnehmen

Als große Chance betrachten Mediziner die Behandlung mit sogenannten Protonenpumpenhemmern – Medikamente, die die Magensäure-Produktion bremsen –, bei manchen Menschen über Jahre in wechselnden Dosierungen zwischen 20 und 40 Milligramm täglich. „Viele können die Medikamente nach einigen Wochen reduzieren oder ganz ausschleichen lassen“, sagt Carsten König.

Magensäureblocker sollten nur auf ärztlichen Rat eingenommen werden. Eine dauerhafte Senkung des Säurewertes kann zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. „Wichtig ist es, dass man nicht nur die Tablette nimmt“, so König. Man sollte auch die Lebensgewohnheiten ändern – etwa auf die Ernährung achten.

Lassen das brennende Gefühl in der Speiseröhre oder die Schmerzen hinter dem Brustbein dennoch nicht nach, suchen die Mediziner mit Spiegelungen von Speiseröhre und Magen nach möglichen Schleimhautverletzungen, die durch die Säure entstanden sind. „Selbst wenn wir keine Verletzungen feststellen, schließt das jedoch den Reflux nicht aus“, erklärt Daniel Böing, Internist und Gastroenterologe aus Düsseldorf.

Folglich geht der Behandlungsweg in diesen Fällen weiter. Je nach Patientin oder Patient kann er anders verlaufen: Bei einigen Menschen kann sogar eine Psychotherapie gegen Reflux helfen, bei anderen braucht es zunächst ein über 24 Stunden laufendes endoskopisches Verfahren, um zu messen, ob sich regelmäßig Säure oder jegliche Art von Flüssigkeit in der Speiseröhre befindet. Und manchmal muss sogar eine Vorstufe von Krebs in der Schleimhaut entfernt werden.