Berlin. Bitcoin, Ethereum und Co. sind stark gefallen. Ist das nur eine Schwächephase oder der Anfang vom Ende? Was Anleger wissen müssen.

In den vergangenen zwei Jahren schienen Kryptowährungen endgültig ihren Durchbruch geschafft zu haben: Die Werte stiegen rasant, viele Anlegerinnen und Anleger fuhren schnelle Gewinne ein. Auch institutionelle Anleger stiegen in digitale „Währungen“ wie Bitcoin, Ethereum und Co ein.

Doch zuletzt krachte es am Krypto-Markt. Die Kurse fallen, fast schon fluchtartig ziehen sich Anlegerinnen und Anleger zurück. Ist das der Anfang vom Ende? Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen.

Stehen Kryptowährungen vor einem Crash?

Digitale „Währungen“ wie der Bitcoin und andere verlieren seit einiger Zeit massiv an Wert. Im vergangenen November wurde die größte davon, der Bitcoin, mit dem Rekordwert von mehr als 68.000 Dollar notiert.

Am Donnerstag waren es bei einer Momentaufnahme gerade noch 19.000 Dollar. Die zweitgrößte Digitalwährung Ethereum hat im selben Zeitraum sogar 70 Prozent ihres Wertes eingebüßt und kostet derzeit rund 1.000 Dollar. Dabei schwanken die Kurse im Tagesverlauf beträchtlich. Wie es weiter geht, ist offen.

Warum sind die Kurse von Bitcoin und anderen Werten so stark gefallen?

Es gibt mehrere Gründe für den Ausverkauf der Kryptowerte. Viele Anleger verkaufen ihre Bitcoin. Im vergangenen Jahr steckten noch 1,3 Billionen Dollar in diesem Wert, aktuell sind es nur noch 322 Milliarden Dollar. Wenn es mehr Verkäufer als Käufer gibt, sinken die Kurse zwangsläufig. „Die Rahmenbedingungen sind extrem schwierig“, sagt der Kryptoanalyst der DZ-Bank, Sören Hettler, „so trennen sich institutionelle Investoren von riskanten Anlagen.“

Auch würden die Notenbanken die Inflation jetzt entschlossen bekämpfen. Damit entfällt ein Argument für den Kauf von Kryptowerten. Experten sehen die Zinswende als einen der Hauptgründe für das Verhalten der Profi-Investoren. Die Notenbanken erhöhen die Leitzinsen. Damit wird auch die Geldanlage anderswo, etwa in Staatsanleihen, wieder attraktiver.

Wie sicher sind die Anlagen in Kryptowährungen noch?

Zu all den sachlichen Gründen für einen Ausverkauf gesellt sich ein beträchtlicher Vertrauensverlust in die Sicherheit des digitalen Geldes. Denn einige Anbieter von Anlagen rund um Kryptowerten stecken in Schwierigkeiten.

Die Firma Celsius Network hat aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten die Auszahlungen von Kundengeldern eingestellt. Eine Insolvenz der Plattform für Kryptoanlagen ist nicht ausgeschlossen. Kryptofans äußern sich in Internetforen sauer, weil Celsius trotzdem mit hohen Zinsversprechen geworben hat.

Anlegerschutz wie etwa die Einlagensicherung bei herkömmlichen Banken, gibt es auf diesem Markt nicht. Schlimmstenfalls ist das Geld der Sparer futsch. Auch auf dem Markt für so genannte Stablecoins, deren Wert angeblich mit echten Dollar oder auch Rohstoffe abgesichert sein soll, gibt es Unruhe. Investoren in das Digitalgeld Terra erlebten im Mai den Zusammenbruch des Systems. All das erschüttert das Vertrauen in die Währungen, die zudem keinen inneren Wert haben.

Ist dies der Auftakt für das Ende der Kryptowerte?

Viele Experten erwarten zwar eine Marktbereinigung, bei der manche der vielen verschiedenen Kryptowerte wieder verschwindet. Doch die Technologie, die hinter Bitcoin und Co. steht und auf Algorithmen basiert, wird wohl weiter genutzt.

Hettler geht fest davon aus, dass die beiden größten Werte Bitcoin und Ethereum weiter existieren. „Es gibt eine überzeugte Fangemeinde, die eine von Staaten und Notenbanken unabhängige Währung haben will“, sagt der DZ-Analyst. Das war von Anfang an ein wichtiges Zugpferd für viele Käufer.

Lohnt es sich, jetzt Bitcoin oder Ethereum zu kaufen?

Eine verlässliche Prognose über die weitere Wertentwicklung ist nicht möglich, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt. 2020 lagen die von der Nachrichtenagentur Bloomberg veröffentlichten Vorhersagen für die Entwicklung des Bitcoin-Kurses in einer Bandbreite zwischen 25.000 und 300.000 Dollar. Manche Auguren verlassen sich auf den Erfahrungswert, dass der Bitcoin bisher nie unter die Ausgangslinie des letzten großen Kursanstiegs gesunken ist. Das wäre derzeit ein Tiefstkurs von 10.000 Dollar.

„Unabhängig vom Zeitpunkt des Einstiegs wird es immer starke Kursschwankungen geben“, warnt Hettler. Als Geldanlage hält er die beiden wichtigsten Digitalwährungen unter Voraussetzungen dennoch für geeignet. „Anleger sollten es als eine langfristige Investition betrachten und nur Geld einsetzen, dessen Verlust sie verschmerzen können“, rät der Experte. Andere sind skeptisch. So hat der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) kürzlich beschlossen, dass die Institute wegen des hohen Risikos keine entsprechenden Angebote machen.

Wie funktionieren diese virtuellen Werte?

Kryptowährungen sind eine Anwendung der Blockchain-Technologie. Vereinfacht gesagt werden sie mit Hilfe umfangreicher Rechnerleistungen für alle nachvollziehbar erzeugt, das so genannte Mining. Dafür wird extrem viel Strom benötigt.

Am Ende steht zum Beispiel ein Bitcoin. Aufbewahrt wird diese virtuelle Münze in einem elektronischen Portemonnaie, dem „Wallet“. Das kann zum Beispiel eine Festplatte sein. Auf Handelsplattformen werden die Währungen ge- oder verkauft, dann gegen echtes Geld.

Wo sehen Experten einen dauerhaften Nutzen von Kryptowerten?

Die Blockchain-Technologie ermöglicht auch andere nützliche Anwendungen, die über ein Digitalgeld weit hinausgehen. Damit können Identitäten sicher zugeordnet und so Zugriffsrechte gewährt werden, etwa zu Patenten oder Lizenzen.

Es können auch Vermögenswerte von Kunst bis zu Wertpapieren in beliebig viele Anteile zerteilt und verkauft werden. Der DSGV sieht darin enorme Potenziale, etwa für den Immobilienmarkt. „Die Blockchain-Technologie wird diesen Bereich des Finanzmarktes vermutlich stark verändern, geradezu revolutionieren“, glauben die Volkswirte der Sparkassen.

Dieser Text erschien zuerst auf www.abendblatt.de