Berlin. Die Energiekosten steigen stark. Für viele Haushalte dürfte die Nebenkostenabrechnung ein Schock werden. Was man jetzt tun sollte.

In den nächsten Wochen und Monaten werden viele Mieterhaushalte Post erhalten. Die jährliche Nebenkostenabrechnung liegt dann im Briefkasten. Doch wer sich sonst auf eine Rückerstattung freuen konnte, muss sich in diesem Jahr auf eine Nachzahlung einstellen.

Zwar gehen erst die Abrechnungen für das vergangene Jahr ein, doch auch 2021 stiegen die Energiekosten bereits. Die Abrechnung dürfte einen bitteren Vorgeschmack liefern auf das, was künftig auf die Haushalte wartet.

Wohnen: Darum droht ein Schock bei den Nebenkosten

„Ende 2022 werden viele Mieter ihre Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2021 erhalten, da dürften die Nebenkosten zwar bereits gestiegen sein – allerdings in einem für die meisten noch verkraftbaren Rahmen“, sagte Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, unserer Redaktion. „2023 kommt dann die böse Überraschung, wenn sich die Entwicklung des aktuellen Jahres abbildet.“

Seit Russlands Angriff auf die Ukraine sind die Preise für Öl und Gas regelrecht explodiert. Diese Kosten werden auch bei den Mieterhaushalten ankommen. Kai H. Warnecke, Präsident des Eigentümerverbandes Haus und Grund, spricht von einer „bitteren Rechnung“, die Mieter bereits jetzt aufstellen sollten. „Energieversorger berichten von Preissteigerungen von 100 bis 300 Prozent. Die Heizkosten machen je nach Gebäudezustand 50 bis 75 Prozent der Nebenkostenabrechnung aus“, sagte Warnecke im Gespräch mit unserer Redaktion.

Mieter müssten sich darauf gefasst machen, dass „die Nebenkostenabrechnung doppelt so hoch ausfällt wie im vergangenen Jahr, möglicherweise deutlich höher.“

Bis zu 1039 Euro mehr pro Jahr für einen Vier-Personen-Haushalt

Was das konkret für die aktuelle Nebenkostenabrechnung bedeutet, hat das Vergleichsportal Verivox für einen Musterhaushalt mit drei bis vier Personen durchgerechnet. Trotz des milden Winters seien die Kosten für das Heizen mit Gas für Kunden in der Grundversorgung um 12 Prozent gestiegen – das macht für den Musterhaushalt ein Plus von 181 Euro pro Jahr.

Neukunden hingegen müssen im Beispielhaushalt mit 1039 Euro zusätzlich rechnen. Der Preis für die Kilowattstunde Gas habe sich über alle analysierten Tarife binnen eines Jahres mehr als verdoppelt, teilte das Portal auf Anfrage mit – auf derzeit 12,88 Cent pro Kilowattstunde im Schnitt.

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Während rund jede zweite Wohnung in Deutschland mit Gas beheizt wird, muss in jeder vierten Wohnung der Öltank gefüllt werden. Der Liter Heizöl hat sich laut Verivox im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 69 Prozent erhöht, für den angenommenen Musterhaushalt wären das in der aktuellen Heizperiode Mehrkosten von 787 Euro pro Jahr.

Mieter und Vermieter sollten das Gespräch suchen

Mieterbundpräsident Siebenkotten empfiehlt bereits, zwei Monatsmieten für die Nebenkostenabrechnung zur Seite zu legen. Auch Vonovia-Chef Rolf Buch hatte jüngst empfohlen, zwei Monatsmieten zurückzuhalten. Einig sind sich Siebenkotten und Haus-und-Grund-Präsident Kai H. Warnecke darin, dass Mieter und Vermieter nun schnellstmöglich das Gespräch suchen und eine höhere monatliche Vorauszahlung vereinbaren sollten. „Der Vermieter weiß im Regelfall, wer der Versorger ist und kann so die Preisentwicklung individuell benennen. Daran anknüpfend sollte dem Mieter der Vorschlag gemacht werden, die Nebenkostenvorauszahlung zu erhöhen“, sagt Warnecke.

Mieter sind nicht verpflichtet, auf diesen Vorschlag einzugehen. Allerdings hätten viele Mieterhaushalte ein Interesse daran, dass sie nicht auf eine hohe Einmalnachzahlung treffen, wenn die Nebenkostenabrechnung eingeht, meint Warnecke. Von pauschalen Lösungen, etwa einer Verdopplung des Abschlags, rät er ab. Stattdessen sollten die Vorauszahlungen nach dem Anteil der Heizkosten in der Nebenkostenabrechnung angepasst werden.

Rufe nach weiteren Entlastungen werden lauter

Ob ein höherer monatlicher Beitrag oder eine saftige Einmalnachzahlung – für finanzschwache Haushalte droht die Entwicklung zur Zerreißprobe zu werden. Zwar soll ab September das im Zuge der Entlastungspakete beschlossene Energiegeld von bis zu 300 Euro bei den Haushalten eingehen.

Doch bei einer Inflation von zuletzt 7,9 Prozent im Mai müssen viele Verbraucher derzeit trotzdem jeden Euro zweimal umdrehen. Deshalb werden die Rufe nach weiteren Entlastungen lauter. Mieterbundpräsident Siebenkotten etwa fordert eine Reform des Wohngeldes, mit dem der Staat einen einkommensabhängigen Zuschuss zur Miete zahlt.

„Derzeit erreicht es nur weniger als eine Million Empfänger, der Großteil davon sind Rentner. Es muss viel mehr Menschen erreichen“, sagt Siebenkotten. Einmalzuschüsse würden auf Dauer keine Entlastung bringen.

Kritik am CO2-Preis

Ähnlich argumentiert der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW. „Die Regelsätze der Kosten der Unterkunft und das Wohngeld müssen dringend an die horrenden Betriebskostensteigerungen angepasst werden“, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko unserer Redaktion. Er sprach sich dafür aus, dass die Umsatzsteuer für Brennstoffe zeitlich befristet von 19 auf 7 Prozent gesenkt und die CO2-Abgabe ein Jahr lang ausgesetzt werde.

Haus-und-Grund-Präsident Warnecke würde die CO2-Abgabe, die bisher die Mieter alleine tragen und die ab dem kommenden Jahr zwischen Vermietern und Mietern aufgeteilt werden soll, am liebsten dauerhaft streichen. „Die notwendige Klimawende schreitet nun voran, es braucht daher keine lenkenden Instrumente mehr, die das Wohnen unnötig verteuern“, sagt er.