Berlin. Gewerkschaften, Mietervereinigungen und der Paritätische Wohlfahrtsverband fordern einen Mietenstopp. So begründen sie ihre Initiative.

Der Deutsche Mieterbund (DMB), der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der Paritätische Wohlfahrtsverband fordern zusammen mit lokalen Mietinitiativen aus Berlin, München und Köln einen bundesweiten Mietenstopp. Für sechs Jahre sollen deutschlandweit die Mieten eingefroren werden, sagte Mieterbundspräsident Lukas Siebenkotten am Freitag in Berlin.

Ausnahmen solle es für Neubauten sowie für Vermieter, die weniger als 80 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, geben. „Nach einem sechsjährigen Mietenstopp hoffen wir wieder auf einen ausgeglichenen Wohnraum“, sagte Siebenkotten.

Mietpreise sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen

Der Mieterbundspräsident verweist darauf, dass nicht nur bei neu vermieteten Wohnungen, sondern auch bei Wohnungen im Bestand die Mietpreise zuletzt pro Jahr um rund drei Prozent gestiegen seien. Besonders betroffen seien die Me­tropolregionen. In Berlin etwa hätten sich die Mieten zwischen 2009 und 2019 mehr als verdoppelt.

In der Hauptstadt gilt daher seit einem Jahr der umstrittene Mietendeckel. Ob ein solcher Mietendeckel rechtens ist, muss das Bundesverfassungsgericht noch klären. An der Verfassungskonformität gibt es viele Zweifel, unter anderem vom früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier.

Verbände greifen Initiative aus Bayern auf

Mit ihrer Kampagne greift die Initiative allerdings nicht den Berliner Mietendeckel als Vorbild auf, sondern führt ein Vorhaben aus Bayern fort.

Im Freistaat hatte ein Bündnis bereits einen sechsjährigen Mietenstopp gefordert, scheiterte damit aber am Bayerischen Verfassungsgerichtshof, der für dieses Vorhaben keine Gesetzgebungskompetenz beim Land Bayern sah.

DGB fürchtet Verschärfung der Situation durch die Corona-Pandemie

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell begründete die aktuelle Forderung auch mit den Auswirkungen der Pandemie. „Coronabedingt haben viele Beschäftigte Einkommenseinbußen und damit Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Gerade sie brauchen einen Mietenstopp“, sagte er.

Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, verwies auf Menschen mit geringem Einkommen, die sich die Mieten vielerorts nicht leisten könnten. Alleinerziehende zahlen laut Schneider im Schnitt bereits 47 Prozent ihres verfügbaren Einkommens an Wohnkosten, normalerweise gelten 30 Prozent als Höchstgrenze.

Wer Schutz suche, etwa in den während der Corona-Krise stark nachgefragten Frauenhäusern, sich in eine geschlossene Behandlung begebe oder auch eine Haftstrafe verbüße, habe im Anschluss oft kaum finanzielle Möglichkeiten, um die hohen Mietpreise bezahlen zu können, sagte Schneider. Dies führe dazu, dass bisweilen Menschen länger in Klinken oder sozialen Einrichtungen verweilen würden, als sie müssten.

Hartz-IV-Empfänger und Ältere stark belastet

Zudem wies Schneider darauf hin, dass bereits heute jeder fünfte Hartz-IV-Haushalt die Miete aus den Regelsätzen zahlen müsse, weil man nicht aus seinem Stadtteil fortziehen wolle. Schneider bringt dafür Verständnis auf: „Jeder hat das moralische Recht, dort wohnen bleiben zu können, wo er derzeit lebt.“

Dies gelte auch für viele ältere Menschen, die etwa pflegebedürftig sind und auf Nachbarschaftshilfe angewiesen seien. Das moralische Recht auf seinen Wohnort müsse auch justiziables Recht werden, forderte Schneider.

Kritik vom Eigentümerverband

Ganz anders sieht das der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland, der auch viele private Vermieter vertritt. „Die sogenannten Sozialverbände kreieren einen Wohnungsmarkt, auf dem nur noch die Starken eine Wohnung finden können“, sagte Verbandspräsident Kai Warnecke. Der Staat biete bereits zielgenaue Hilfen für einkommensschwache Haushalte, etwa in Form des Wohngeldes.

„Die Vorstellung, alle Mieter seien bedürftig, geht vollkommen an der Realität vorbei. Und das Gleiche gilt für die Forderung nach einem Mietenstopp“, sagte Warnecke.