Kassel. Nirgends in der EU ist Strom teurer als in Deutschland. Der Bonus beim Anbieterwechsel ist für Hartz-4-Empfänger trotzdem ein Problem.

  • Wenn Hartz-4-Empfänger den Stromanbieter wechseln, drohen Probleme wegen der Wechselprämie
  • Die Prämie kann nämlich laut einem Gerichtsurteil als Einkommen angerechnet werden
  • Ein Mann aus dem dem Märkischen Kreis hatte geklagt. Er hatte einen Wechselbonus in Höhe von 242 Euro bekommen
  • Das Jobcenter rechnete das Geld an – und bekam jetzt Recht
  • Das Vergleichsportal Verivox zeigte kein Verständnis für das Urteil

Smartphone, Fernseher und Laptop fressen Strom und der ist im ersten Corona-Halbjahr noch einmal deutlich teurer geworden. Rund sieben Prozent sind die Preise laut statistischem Bundesamt gestiegen. Dem Vergleichsportal Verivox zufolge ist Strom in keinem anderen G20-Staat so teuer wie in Deutschland. Um Kosten einzusparen, wechseln viele Deutsche regelmäßig denStromanbieter.

Doch Empfänger von Arbeitslosengeld sollten dabei vorsichtig sein: Eine Wechselprämie darf vom Jobcenter auf die Leistungen angerechnet werden, wie nun aus einem Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel hervorgeht. Lesen Sie hier: Sechsfacher Vater zockt Jobcenter ab - Gericht fällt hartes Urteil.

Wie die Richter in einem Fall aus Nordrhein-Westfalen entschieden, erziele man mit dem Sofortbonus Einkommen, das zu berücksichtigen sei. Denn die einmalige Wechselprämie werde unabhängig vom Stromverbrauch gleich zu Beginn der Vertragslaufzeit gezahlt und sei in der Verwendung nicht gebunden. Damit handle es sich um eine andere Sachlage als bei der Rückzahlung von Stromkosten, die nicht als Einkommen berücksichtigt werde (B 4 AS 14/20 R).

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Stromanbieterwechsel: Jobcenter kürzte Leistungen wegen Sofortbonus

In dem Fall aus dem Märkischen Kreis hatte ein Mann geklagt, der mit seiner Ehefrau einen Sofortbonus in Höhe von 242 Euro bekommen hatte. Das Jobcenter hatte daraufhin die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II um 91 Euro gekürzt. Der Kläger hatte argumentiert, es handele sich um Einsparungen beim Regelbedarf Haushaltsenergie. Es mache keinen Unterschied, ob am Ende eines Bezugszeitraums ein Guthaben erstattet oder im Vorhinein ein Sofortbonus gezahlt werde. Lesen Sie auch:Kürzung von Hartz IV für Weihnachtsbäume – Linke übt Kritik

Der Mann war vor das Sozialgericht Dortmund gezogen, das seine Klage abwies. Nun blieb auch die Revision erfolglos.

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Das Vergleichsportal Verivox zeigte gegenüber der „Berliner Zeitung“ kein Verständnis für das Urteil: Energieexperte Thorsten Storck sagte der Zeitung, dass der Stromanbieterwechsel eine Möglichkeit sei, die Lücke zwischen staatlichen Leistungen und realen Kosten abzumildern. „Dass Verbraucher, die sich um einen günstigeren Stromtarif mit Bonus kümmern, dann vom Jobcenter dafür bestraft werden, ist ungerecht.“

Hartz-IV-Bezieher bleiben oft beim teuren Grundversorger hängen

Für Bezieher von Hartz-IV-Leistungen ist Strom ein grundsätzliches Problem. Wie das Portal hartziv.org schreibt, werden die Empfänger wegen nicht ausreichender Bonität oder negativer Schufa-Auskunft von vielen Stromanbietern abgelehnt, weshalb sie häufig auf den örtlichen Grundversorger zurückgreifen müssen. Dieser könne aber pro Jahr bis zu mehrere hundert Euro teurer sein als andere Anbieter.

Die Stromkosten müssen Empfänger dem Portal zufolge jedoch vom Regelsatz bezahlen – sie werden vom Jobcenter nicht extra übernommen.

(raer/dpa/afp)