Elmar Otto über die Verfassung der Demokratie

Der Umgang mit der AfD ist für viele Parteien schwierig. Aber manche machen es sich gerade deshalb besonders leicht: Sie ignorieren die selbst ernannte Alternative kurzerhand. Als Begründung führen demokratische Abgeordnete gerne an, der Thüringer Landesverband werde vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft.

Ein Beispiel für das Nichtbeachten der AfD war am Donnerstag im Landtag zu beobachten. Während sich ihr Vordenker Björn Höcke Thüringen-Monitor, Regierung und der Rest der Opposition vornahm, leerte sich das Plenum immer mehr.

Auch der linke Ministerpräsident Bodo Ramelow und CDU-Fraktionschef Mario Voigt waren sich in dieser Angelegenheit ausnahmsweise einig und verließen den Saal.

Wie man einen Rechtsaußen trotz physischer Anwesenheit auch ausblenden kann, bewies Staatskanzleichef Benjamin Hoff. Der saß wenige Meter vom Rednerpult entfernt auf seinem Regierungsplatz, zückte Nadel und Faden und reparierte mit flinken Fingern den aufgeplatzten Ärmel seines Sakkos.

Alles in allem zeigte sich das Parlament bei der Debatte um den Monitor nicht von seiner besten Seite. Die Auseinandersetzung glich dem verbalen Clinch in einer Wahlkampfarena. Die Kritik an der Regierung oder des politisch anders Positioniertem konnte nicht laut und schroff genug sein.

Da durfte man über die Verfassung der parlamentarischen Demokratie schon mal ins Grübeln kommen.

Apropos, Verfassung.

Am Freitag bewies der Landtag, dass er sich bei der Änderung dieses für den Freistaat grundsätzlichen Gesetzeswerks zusammenraufen kann. Die seit einiger Zeit zur Gruppe geschrumpfte FDP wurde plötzlich zum Zünglein an der Waage und kündigte an, sich bei der Abstimmung über Nachhaltigkeit als Staatsziel enthalten zu wollen.

Normalerweise hätten Linke, SPD, Grüne und CDU auch ohne liberale Unterstützung ausreichend Stimmen für eine Zweidrittel-Mehrheit zusammenbekommen. Dieses Mal jedoch waren nur 59 Abgeordnete anwesend – und damit fehlte eine Stimme.

Der FDP-Abgeordnete Robert-Martin Montag setzte sich aber kurzerhand auf den Platz des schwer erkrankten SPD-Fraktionsvorsitzenden Matthias Hey – und glich so die eine fehlende Stimme aus. Der FDP-Mann stimmte aus den sozialdemokratischen Reihen gegen seine freidemokratische Grundhaltung.

Das war eine faire Geste. Und zeigt. Demokraten handeln, wenn es darauf ankommt, nach dem Grundsatz: Erst das Land, dann die Partei, dann die Person.