Elmar Otto über Blutdruck, einen Tweet und seine Wirkung.

Leidet jemand unter niedrigem Blutdruck, muss er in Zeiten wie diesen nicht zwingend seinen Arzt oder Apotheker konsultieren. Ein Blick in den landespolitischen Medikamentenkoffer hilft und schon läuft die Pumpe auf wieder Hochtouren.

Wie man Parteifreunde in Wallung bringt, hat erst jüngst Altenburgs Oberbürgermeister André Neumann bewiesen. Seit Donnerstag hat er jede Menge Freunde in Reihen von Linken, SPD und Grünen. Zumindest bei Twitter.

Der wahrscheinlich einzig verbliebene Thüringer OB mit CDU-Parteibuch zwitscherte: „Der 5.02.2020 wird ein hist. Tag für die CDU Thür. Wir können beweisen, dass wir mit Niederlagen umgehen können, wir neue Wege gehen und für uns das Land zählt. Dass wir uns klar von Rechts abgrenzen und die Demokratie unser höchster Wert ist. Unterstützen wir R2G! ...“

Die „Gefällt mir“-Angaben liegen am Freitagnachmittag jenseits der 500, Tendenz weiter steigend. Dutzende Mal wurde der Beitrag retweetet. Prominentester Thüringer: Bodo Ramelow, der sozialmedial bekanntlich nur, und darauf legt er Wert, als „Mensch“ aktiv ist. Aber seine Ministerpräsidententätigkeit wollen wir an dieser Stelle dennoch nicht unerwähnt lassen.

Die Reaktionen auf den mutigen Tweet des Altenburg-OBs sind gemischt. Sie reichen von: „Danke für diese Worte. Pragmatische Einstellungen wie diese und klare Kante gegen Rechts sind selten geworden in diesen Zeiten. Thüringen wird es Ihnen danken.“ Über: „Vor allem können sie beweisen, dass sie für die Bürger im Land da sind nicht nur für Lobbygruppen, Reiche, Parteispender und Gönnern. Ich wage mal eine Prognose und sage wie ichs denke. Verkacken sie die Opposition und sind nur Bremsklotz, dann werden sie die FDP machen.“

Bis zu: „Mir tut die CDU nur noch leid, gehen Sie in die Links-Partei da sind Sie gut aufgehoben. Nur die SED-Diktatur-Mauerschützen sind lupenreine Demokraten. Sie schätzen den Wählerwillen nicht, 2021 wird ein dunkles für die CDU. Lächerlich immer gegen rechts zu hetzen.“

Wenn es besonders kurios läuft, kann es im Freistaat sogar wieder historisch werden. Nach der ersten ostdeutschen CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (2009), dem ersten Linke-Regenten Ramelow (2014) wäre es doch mal wieder so weit.

Deshalb: Die FDP sollte sich trauen, einen Ministerpräsidentenkandidaten aufzustellen. In einer geheimen Wahl ist alles möglich und CDU und AfD könnten ihm zur Mehrheit verhelfen. Eine Fünf-Prozent-Partei, die gerade so ins Parlament gerutscht ist, stünde an der Regierungsspitze.

Der nächste Eintrag in den
Geschichtsbüchern wäre Thüringen sicher. Aber der eine oder andere wird auch zu Betablockern greifen müssen.

Landeskorrespondent Elmar Otto erreichen Sie unter e.otto@tlz.de