Berlin. Wolfgang Petersens Kinodrama „Das Boot“ brach 1981 mit vielen Konventionen und wurde doch ein internationaler Hit. Eine Arte-Doku zeigt die Höhen und Tiefen der Dreharbeiten zum U-Boot-Spektakel.

Ein Film faktisch ohne Frauen. Ein Drama, das Platzangst im Kinosaal verbreitet. Ein Epos ohne Happy End. Dass der Kriegsfilm „Das Boot“ zu einem der erfolgreichsten deutschen Werke der Nachkriegszeit wurde, war beileibe nicht selbstverständlich.

Dennoch geriet Wolfgang Petersens Verfilmung der Erinnerungen eines Kriegsreporters 1981 zum Welthit, erhielt sechs Oscar-Nominierungen. Die Dokumentation „Das Boot - Welterfolg aus der Tiefe“ - am Freitag um 21.45 Uhr auf Arte - zeichnet die Entstehungsgeschichte nach. Mehr als 50 Schauspieler wurden dafür zu dem Mammutprojekt interviewt.

Ein grausiger Stoff: „Das Boot“ war das erste anerkannte Drama, das von den Schrecken des Unterseekrieges im Zweiten Weltkrieg erzählte. Die Zahlen wirken aus heutiger Sicht unfassbar: Von 40 000 Männern der U-Bootflotte der Nazis fanden fast 30 000 den Tod. Kein Thema, das leicht zu verfilmen war. Zumal das Filmteam die historische Kulisse im südwestfranzösischen La Rochelle nutzte, wo die Wehrmacht massive Bunkeranlagen hinterlassen hatte. Zu einem Zeitpunkt, als die seelischen Wunden des Zweiten Weltkriegs noch nicht verheilt waren, stellten die Dreharbeiten eine Gratwanderung dar.

„La Rochelle ist eine kleine Stadt mit 50 000 Einwohnern - und auf einmal kommen da 300 Deutsche - und alle in Wehrmachtsuniform“, erinnert sich Schauspieler Claude-Oliver Rudolph. Die Statisten für das große Finale - U96 wird im Hafen von Bomben getroffen - wurden unter den Französinnen und Franzosen der Umgebung gecastet. „Das war eine ausgesprochen merkwürdige Geschichte, dass wir daherkamen und Nazi-Uniformträger und BDM-Mädchen aus diesen reizenden Franzosen machen mussten“, erinnert sich Kostümbildnerin Monika Baurer. „Wir haben versucht, uns mit Fingerspitzengefühl zu bewegen.“ Es gelang.

Dennoch standen die Dreharbeiten unter keinem guten Stern. Vom Streit über das Drehbuch über Unfälle am Set bis hin zum Vorwurf der Kriegsverherrlichung: Immer wieder stand das Projekt vor dem Abbruch.

Grundlage war ein Roman des damaligen Kriegsberichterstatters Lothar-Günther Buchheim. 1976 hatten die größten Filmstudios Westdeutschlands versucht, aus dem Stoff einen deutsch-amerikanischen Kommerzhit zu machen. Doch Buchheim legt Veto ein: Die Amerikaner hätten die Soldaten zu klischeehaft zeigen wollen. Der deutsche Regisseur Wolfgang Petersen sollte das Ruder übernehmen und „Das Boot“ retten. Das Ziel: ein handwerklich perfekter Blockbuster.

„Doch die Handlung ist gar nicht blockbuster-geeignet“, wie es in der Arte-Ankündigung zur Doku heißt: „ein reiner Männerfilm, weder Liebesgeschichte noch Happy End, dafür umso mehr emotional nahbare Nazis. Für die deutsche Presse ein gefundenes Fressen. Als dann bei Dreharbeiten in Frankreich das Kulissen-U-Boot im Meer versinkt, steht die Produktion vor dem Aus.“ Petersen gelang das scheinbar Unmögliche. Er stellte den Film fertig. Doch das Ergebnis wurde in Deutschland kontrovers diskutiert: Entweder wurde der Film als kriegsverherrlichend oder als Schändung der deutschen Marinesoldaten angeprangert. So fungiert dieses Drama auch als Spiegelbild der deutschen Gesellschaft der frühen 1980er. Heute ist es ein Klassiker.