Saarbrücken. Viele TV-Projekte müssen wegen Corona ruhen. Sehen die Deutschen nach der Sommerpause nur Wiederholungen ihrer Lieblingskrimireihe?

Wenn während der Corona-Krise auf eines Verlass war, dann auf den sonntäglichen „Tatort“ in der ARD. Doch auch an den TV-Produktionen geht die Pandemie nicht spurlos vorbei. Möglicherweise können nun einige der Krimis wegen vorübergehendem Drehverbot nicht rechtzeitig vor Ausstrahlungstermin fertiggestellt werden. Die Folge wären viele Wiederholungen.

„Die Planung für die Sonntagskrimi-Erstsendungen nach der Sommerpause wird ständig an die aktuellen Gegebenheiten angepasst“, sagte der Sprecher der Programmdirektion des Ersten, Lars Jacob, mit. Ob es zu coronabedingten Ausfällen kommen werde und „wie diese zu kompensieren wären“, ist Jacob zufolge noch nicht absehbar.

„Tatort“: Mancherorts wird bald wieder gedreht

Doch es gibt Hoffnung: Nach zehnwöchigem Aufschub dürfen die saarländischen TV-Ermittler ab kommender Woche wieder ermitteln. Wie der SR auf Anfrage bestätigte, starten am Mittwoch (24. Juni) die Dreharbeiten zum zweiten Fall, die ursprünglich im April beginnen sollten.

Nach dem Quoten-Erfolg zu Ostern mit 10,5 Millionen Zuschauern werden die beiden Kommissare Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) und Adam Schürk (Daniel Sträßer) dann in „Der Herr des Waldes“ den Mörder der 18-jährigen Jessi suchen. Viele Ermittlungen werden im Freien stattfinden – zur Erleichterung von Regisseur Christian Theede. „In diesen Corona-Zeiten kommt uns das natürlich zupass.“

Auch der „Tatort“ „Hetzjagd“ (Arbeitstitel) des SWR mit Hauptkommissarin Lena Odenthal musste kurzfristig auf Eis gelegt werden. Hier wird die Arbeit am Dienstag (23. Juni) fortgesetzt.

• Der „Tatort“ in der ARD: Der „Tatort“ wird sonntags um 20.15 Uhr im Ersten Programm gesendet. Er ist die am längsten laufende Krimireihe im deutschen TV. Erstmals ermittelte ein Kommissar 1970 im “Tatort” an einem Mord. Die einzelnen Filme eines “Tatorts” sind meist in sich geschlossenen. Mittlerweile hat sich der “Tatort” zum Klassiker entwickelt und hat sich eine breite Fangemeinschaft aufbauen können. Die Berliner Morgenpost bietet Ihnen Nachrichten, Infos und aktuellen Service zu den „Tatort“-Krimis in der ARD.

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    Produktionen ins Jahr 2021 verschoben

    Der Hessische Rundfunk hat eine „Tatort“-Produktion von Mai/Juni auf Anfang 2021 verschoben. „Sollte es keine neuen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie geben, können wir die noch zu drehenden Folgen im Jahr 2021 senden“, so Jacob. Neben der verschobenen Folge sei im Frühherbst und im November/Dezember 2020 der reguläre Dreh eines Frankfurt-„Tatorts“ sowie eines Tukur-„Tatorts“ geplant.

    Der WDR musste drei „Tatort“-Drehs für die Teams in Dortmund, Münster und Köln verschieben. Neue Drehtermine sind in Vorbereitung.

    Die Dreharbeiten für den Kieler NDR-„Tatort“ „Borowski und die Angst der weißen Männer“ mit Axel Milberg und Almila Bagriacik sind vorläufig unterbrochen und verschoben. Sie werden voraussichtlich noch im Juni wieder aufgenommen.

    In Göttingen soll ab August wieder ermittelt werden

    Der Drehbeginn für den NDR-„Tatort“ „Familienbande“ mit den Schauspielern Wotan Wilke Möhring und Franziska Weisz werden voraussichtlich im Juli starten.

    Der genaue Drehbeginn für den vierten „Tatort“ aus Göttingen mit Maria Furtwängler und Florence Kasumba ist wegen Corona nach wie vor unklar. Voraussichtlich geht es im August los.

    Auch der Dreh zum Dresden-„Tatort“ „Rettung so nah“ musste coronabedingt unterbrochen werden. Jedoch waren bis dahin viele Szenen, die körperliche Nähe erfordern, bereits abgedreht.

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    Wie steht es um andere TV-Formate?

    Ob „Tatort“, Dschungelshow, Soap oder Liebesfilm, in jedem einzelnen Fall muss geprüft werden, was erlaubt und was möglich ist – oder eben nicht. Die TV-Branche schwankt zwischen Hoffen und Bangen. Noch steht zum Beispiel in den Sternen, wann Unterhaltungsshows wieder mit großem Studiopublikum stattfinden dürfen.

    Das ZDF hat deshalb die Reißleine gezogen und Thomas Gottschalks für November geplante „Wetten, dass…?“-Neuauflage auf 2021 verschoben. „Einige Shows verlieren ohne Publikum ihren Kern“, erklärt dazu ZDF-Showchef Oliver Heidemann. Bei anderen Shows ändern die Sender das Konzept – die Reihe „Kitchen Impossible“ etwa, in der Fernsehkoch Tim Mälzer sonst die halbe Welt bereist, dreht Vox jetzt in Deutschland, und die RTL-Realityshow „Sommerhaus der Stars“ wird in Bocholt aufgezeichnet, nicht wie sonst in Portugal.

    • Hintergrund: Drehstopp wegen Corona: Gehen dem Fernsehen die Filme aus?

    Dagegen hofft der Privatsender, dass die nächste Staffel der Dschungelshow „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ wie gewohnt in Australien über die Bühne gehen kann. „Man kann zwar nicht sagen, wie die Situation im Januar 2021 sein wird, aber wir bleiben optimistisch und bereiten die 15. Dschungel-Staffel derzeit vor“, sagt eine RTL-Sprecherin.

    Im ZDF steht Anna Loos für die Weihnachtskomödie „Alle Nadeln an der Tanne“ vor der Kamera, beim ZDF dreht Hans Sigl neue Folgen des „Bergdoktor“. Doch die vielen ausgefallenen Drehtage lassen sich nicht einfach aufholen, und ARD-Programmdirektor Volker Herres erwartet deshalb für 2021 bei allen Sendern eine „zeitverzögerte Erstausstrahlungslücke“.

    Strenge Hygienevorschriften bei Drehs

    Bis auf weiteres gelten für alle Produktionen strenge Abstands- und Hygienevorschriften. Die zuständige Berufsgenossenschaft hat einen dicken Regelkatalog für Dreharbeiten in Corona-Zeiten vorgelegt, der vom eingeschweißten Besteck beim Catering bis zur Quarantäne vor Drehbeginn diverse Maßnahmen nennt. Darin wird auch zu einer „Anpassung des Drehbuchs“ geraten, „zur Vermeidung von körpernahen Szenen wie Umarmungen“.

    Und so werden gerade im großen Stil hektisch Drehbücher umgeschrieben, um Massenszenen oder Kussmomente zu vermeiden oder irgendwie doch zu ermöglichen.

    Das Ganze führt teilweise zu kuriosen Situationen. So sieht das Drehbuch der ARD-Serie „Tierärztin Dr. Mertens“ mit Sven Martinek und Elisabeth Lanz einen Kuss zwischen den Protagonisten vor. Damit das der Corona-Etikette entspricht, wird Elisabeth Lanz bei diesem Schmatzer von Sven Martineks Freundin gedoubelt.

    • Mehr zum Thema: „Tatort“-Sommerpause: Zuschauer dürfen Wiederholungen wählen

    (dpa/cw/yah)