Berlin. Funktioniert Schule im Regelbetrieb trotz Corona? Bei Dunja Hayali gab es Kritik an Hygienekonzepten und mangelnder Digitalisierung.

In sechs Bundesländern hat in dieser Woche die Schule wieder begonnen. Ausgerechnet jetzt, da die Infektionszahlen in Deutschland wieder einen starken Anstieg verzeichnen. Und kaum sind Schüler und Lehrer in einen Regelbetrieb mit Maskenpflicht gestartet – in NRW sogar im Unterricht –, kommen die ersten beunruhigenden Meldungen. Lesen Sie dazu: Schulgipfel: Immer mehr Schulen wegen Corona geschlossen

In Essen musste eine Schule nach Corona-Fällen im Lehrerkollegium wieder schließen, ebenso in Berlin. In ihrer gleichnamigen Talkshow fragte Moderatorin Dunja Hayali daher ihre Gäste, ob den Schülern nun ein weiteres verlorenes Schuljahr drohe.

„Dunja Hayali“ – Das waren die Gäste:

  • Franziska Giffey (SPD), Bundesfamilienministerin
  • Tobias Hans (CDU), Ministerpräsident Saarland,
  • Gloria Boateng, Lehrerin an einer Grundschule in Hamburg
  • Norman Heise, Landeselternausschuss Berlin und Bundeselternrat
  • Tim Bendzko, Sänger

Hayali konfrontierte Bundesfamilienminister Franziska Giffey (SPD) und den saarländischen Ministerpräsidenten Tobias Hans (CDU) mit dem Vorwurf, der Regelbetrieb sei in den Sommerferien nicht ausreichend vorbereitet worden, man habe die Zeit nicht gut genug genutzt. Eltern hätten ihr geschrieben, sie seien frustriert und wütend über die schlechte Organisation. Stimmt das?

Hayali-Talk: Hygienekonzept zwei Tage vor Schulstart erhalten

Lehrerin Gloria Boateng bekräftigte: „Wir beziehungsweise die Schulleitung haben erst zwei Tage vor dem Schulstart ein Hygienekonzept erhalten.“ Dieses habe die Schule dann noch an ihre individuellen Gegebenheiten anpassen sollen. Zeitlich unmöglich, erklärte Boateng.

Auch die Kommunikation unter Lehrern und mit den Schülern sei aufgrund der eingeschränkten digitalen Ausstattung der Schule vielfach schlecht. „Wenn wir uns so aufstellen, kann uns eine Krise wie Corona nur umhauen“, betonte sie deshalb.

Dunja Hayali sprach in ihrer Sendung unter anderem mit dem saarländischen Ministerpräsidenten Tobias Hans und der Hamburger Lehrerin Gloria Boateng.
Dunja Hayali sprach in ihrer Sendung unter anderem mit dem saarländischen Ministerpräsidenten Tobias Hans und der Hamburger Lehrerin Gloria Boateng. © ZDF/Jule Roehr | ZDF/Jule Roehr

Regelbetrieb in Schulen: Jedes Bundesland hat eigene Regeln

Norman Heise aus Berlin beschrieb, dass das Hygienekonzept des Senats ihn doch sehr verwundert zurückgelassen habe. Dort sei die Rede von Händewaschen und Lüften, dabei sei doch inzwischen gelernt worden, dass vor allem Maske und Abstandhalten das A und O seien.

Wie genau die Rückkehr zum Schulbetrieb nach den Sommerferien aussieht, darüber hat im Sinne des Föderalismus jedes Bundesland die Entscheidungsmacht. So kommt es, dass etwa in Nordrhein-Westfalen im Unterricht eine Maskenpflicht herrscht, während in anderen Landesteilen diese nur auf dem Schulhof und auf den Fluren gilt. Lesen Sie hier: Schulstart in den Ländern: Was Schüler beachten müssen

Corona und Schule: Hans und Giffey gegen Masken im Unterricht

Familienministerin Giffey und Saarlands Ministerpräsident Hans versuchten, die aktuelle Schulsituation zu verteidigen. Als der perfekte Gast für dieses Thema erschien Hans nicht. Schließlich vertritt er eines der kleinsten Bundesländer – und damit nur wenig Schüler, Lehrer und Eltern. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet oder Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (der aber mit der Test-Panne in Bayern genug Arbeit gehabt haben wird) hätten in die Diskussion mehr Dynamik reinbringen können.

Hans betonte, man habe die Ferien sehr intensiv genutzt. Eine Schulcloud eingerichtet, viel in die Digitalisierung investiert. Man habe auch ein E-Mail-Postfach für Lehrer bereitgestellt. Die Frage, warum erst jetzt, dürfte wohl nicht wenigen Zuschauern in den Sinn gekommen sein.

Franziska Giffey ist gegen Maskenpflicht im Unterricht

Giffey erklärte, dass der Föderalismus Dinge zwar nicht immer leichter mache. Aufgrund des stark zwischen den Bundesländern variierenden Infektionsgeschehens sei es aber sinnvoll, regional unterschiedlich zu agieren. Sie sei allerdings gegen eine Maske im Unterricht.

Auch Hans sprach sich gegen die Maske aus. „Ordentlicher Unterricht geht eben nicht mit Maske“, betonte er. Die Gesellschaft müsse jetzt dafür Sorge tragen, dass Unterricht möglich sei. „Alle müssen im Bus, im Freibad Abstand halten. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung.“

Im Saarland beginnt die Schule am Montag wieder. Wie groß seine Sorge sei, fragte Hayali den Ministerpräsidenten. „Sehr groß“, sagte er. Dennoch sei er optimistisch. Man müsse damit rechnen, dass es Rückschläge gebe, aber nun alles daran setzen, zur Normalität in den Schulen zurückzukehren. Normalität? In Zeiten von Corona? Ein schwieriges Unterfangen.

Tim Bendzko: Zurück zur Normalität

Zurück zur Normalität – wann wird das in der Kultur wieder möglich sein? Das fragen sich aktuell viele Künstler. Auch Tim Bendzko. Er sprach mit Hayali über ein Konzert-Experiment, das in der kommenden Woche in Leipzig stattfindet. Vor 4000 Zuschauern soll der Sänger ein Konzert spielen. Forscher der Uni Halle wollen herausfinden, wie hoch das Infektionsrisiko auf Konzerten ist und wie solche in Zukunft wieder möglich sein können.

Sänger Tim Bendzko betont, dass es für die Veranstaltungsbranche essenziell sei, wieder zurück zur Normalität zu kommen.
Sänger Tim Bendzko betont, dass es für die Veranstaltungsbranche essenziell sei, wieder zurück zur Normalität zu kommen. © ZDF/Jule Roehr | ZDF/Jule Roehr

Und so sieht das Experiment aus: Die Zuschauer sollen vor dem Bendzko-Konzert alle einen Corona-Test machen müssen. Jeder muss Maske tragen, Hände desinfizieren und einen Sender tragen, mit dem sich nachverfolgen lässt, wie nah er wem während des Konzerts kommt.

Bendzko betonte, dass es für die Veranstaltungsbranche jetzt „essenziell“ sei, wieder zur Normalität zu kommen. Dafür brauche es aber einen Plan. Auch er sei in der Krise auf Autokino-Konzerte ausgewichen, das sei „zwar auch schön, aber leider nicht wirtschaftlich.“ Gebe es jetzt nicht recht bald eine Lösung für die für die Branche – zu denen auch zig Menschen hinter der Bühne gehörten – müsste die Politik mit weiteren Hilfen einschreiten. (jb)

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