Berlin. Im Talk mit Sandra Maischberger zeigt sich Olaf Scholz schon fast im Wahlkampf-Modus. Doch die Moderatorin macht es ihm nicht leicht.

Beim Talk „Maischberger. Die Woche“ ging es am späten Mittwochabend wie gewohnt um mehrere Themen. Ganz oben auf der Agenda von Moderatorin Sandra Maischberger stand der am Montag frisch gekürte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz.

Bekanntlich ein konservativer Sozialdemokrat, dem die Herzen der Partei-Linken nicht unbedingt zufliegen. Kann der innerparteiliche Spagat gelingen und Olaf Scholz die SPD, die ganz nebenher auch noch im Dauer-Umfragetief ist, zum Wahlsieg zu führen?

Olaf Scholz als Kanzlerkandidat: „Das traue ich mir schon länger zu“

Klar, dass Sandra Maischberger fast schon süffisant nachfragte: „Die Partei steht nicht nur hinter Ihnen, sondern Ihnen auch im Wege. Muss man als SPD-Kanzlerkandidat Masochist sein?“ Olaf Scholz antwortete mit einem klaren: „Nein!“ Er bekannte sogar: „Ich will dringend ins Kanzleramt. Auch, wenn es ein harter Ritt wird. Das ist ein Amt, das ich mir schon länger zutraue.“ Lesen Sie hier: Wie aus dem Verlierer Olaf Scholz der Kanzlerkandidat wurde

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz präsentierte sich bei „Maischberger. Die Woche“ schon fast im Wahlkampf-Modus.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz präsentierte sich bei „Maischberger. Die Woche“ schon fast im Wahlkampf-Modus. © WDR/Max Kohr | WDR/Max Kohr

So einfach ließ Sandra Maischberger den Bundesfinanzminister und Vize-Kanzler nicht vom Haken. Sie erinnerte Olaf Scholz daran, dass er im Rennen um den SPD-Vorsitz den Partei-Linken Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans unterlegen war. Und, dass Saskia Esken im letzten November bei „Markus Lanz“ sogar bezweifelt hat, dass Olaf Scholz überhaupt ein „standhafter Sozialdemokrat“ ist.

„Maischberger. Die Woche“ – Das waren die Gäste:

  • Olaf Scholz (SPD): Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat
  • Thomas de Maizière (CDU): ehemaliger Bundesinnenminister
  • Hazar Abaza: Abiturientin; floh 2015 aus Syrien
  • Anna Planken: Moderatorin ARD-„Morgenmagazin“
  • Hans Rudolf Wöhrl: Unternehmer
  • Christina Berndt: Wissenschaftsjournalistin, „Süddeutsche Zeitung“

Der gab unumwunden zu: „Das hat mich getroffen. Ich weiß aber von Saskia Esken, dass es nicht so gemeint war.“ Das klang arg nach dem Versuch, plötzlich heile Welt in der SPD vorzugaukeln.

„Maischberger“: Olaf Scholz fast schon im Wahlkampf-Modus

Sandra Maischberger fand denn auch deutliche Worte dafür: „Dass Sie jetzt beste Freunde sind, kann ich mit Verlaub nicht glauben!“ Olaf Scholz konterte mit den großen, streitbaren Namen der Sozialdemokratie: „Brandt, Wehner und Schmidt waren auch nicht immer einer Meinung, konnten aber zusammen arbeiten. Das können wir auch.“ Lesen Sie dazu: Die Kanzlermacher: Das ist das Team hinter Olaf Scholz

Fast schon im Wahlkampf-Modus erklärte Olaf Scholz, dass er unter anderem für einen höheren Mindestlohn sei, für ein solidarisches Bürgergeld, für eine Vermögenssteuer. Allesamt Forderungen der Partei-Linken. Olaf Scholz war redlich bemüht, die SPD als große, glückliche Familie zu verklären. Ganz so, als gebe es keine Flügelkämpfe.

„Maischberger“ zu Coronavirus: Zweiter Lockdown nicht auszuschließen

Einigkeit bei den Gästen herrschte hingegen bei der Maßnahme, die am besten gegen die Ansteckung mit dem Coronavirus hilft: die Masken. Wissenschaftsjournalistin Christina Berndt bekräftigte: „Mittlerweile ist die Datenlage klar. Masken sind eine Säule der Pandemie-Bekämpfung.“

Wissenschaftsjournalistin Christina Berndt hält angesichts steigender Infektionszahlen einen zweiten Corona-Lockdown durchaus für möglich.
Wissenschaftsjournalistin Christina Berndt hält angesichts steigender Infektionszahlen einen zweiten Corona-Lockdown durchaus für möglich. © WDR/Max Kohr | WDR/Max Kohr

Angesichts von 1226 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden am Mittwoch wollte Sandra Maischberger wissen: „Wann ist der Punkt erreicht, an dem wir wieder einen erneuten Lockdown bekommen?“ Die Einschätzung von Christina Berndt war wenig beruhigend: „Wenn es einzelne Cluster gibt, die man gut eingrenzen kann, ist es wieder weniger kritisch. Jetzt ist das Virus aber breit eingesickert und anders als noch im März in allen Generationen zu finden.“

Die Zahl der Neuinfektionen stieg am Donnerstag sogar nochmals an. Lesen Sie dazu: RKI meldet 1445 Corona-Neuinfektionen – weiterer Anstieg

Einen zweiten Lockdown wollte Christina Berndt angesichts der steigenden Zahl der Neuinfektionen nicht ausschließen, sah aber auch einen Hoffnungsschimmer: „Es gibt viele Menschen, die sich an die Maßnahmen halten. Daher hoffe ich, dass man das Virus mit gezielten Aktionen eingrenzen und einen Lockdown vermeiden kann.“

Corona: Schäden der Pandemie für Wirtschaft bislang unabsehbar

Wie tief der Lockdown im Frühjahr der Wirtschaft geschadet hat, war für den Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar: „Das wird man erst in ein oder zwei Jahren sehen. Das ist genauso unkalkulierbar wie das Virus selbst.“ Lesen Sie dazu: Konjunktureinbruch: Wie schlimm steht es um die Wirtschaft?

Seine Prognose bei einem weiterem Lockdown war düster: „Ich weiß nicht, ob wir die Wirtschaft dann überhaupt noch finanzieren können.“ Eine Pleitewelle von riesigem Ausmaß wäre wohl die Folge.

Sandra Maischberger blickt auf Flüchtlingskrise 2015 zurück

Nach den intensiven Gesprächen wirkte das dritte Thema von „Maischberger. Die Woche“ wie ein Anhängsel. Fünf Jahre nach Angela Merkels legendärem Satz „Wir schaffen das“, zog Sandra Maischberger eine vorläufige Bilanz der Flüchtlingskrise, die keine neuen Erkenntnisse brachte.

Die Abiturientin Hazar Abaza schilderte ihre Flucht 2015 von Damaskus nach Berlin. Damals kannte sie Deutschland kaum, wie sie verriet: „Ich wusste nur, dass es ein Industrieland ist und Demokratie und Sicherheit herrschen.“

Integrationsgeschichte wie aus dem Bilderbuch

In nur einem Jahr hat sie Deutsch gelernt. Und gerade eben in Berlin-Neukölln das Abitur gemeistert. Jetzt möchte sie BWL studieren und Unternehmerin werden. Eine Integration wie aus dem Bilderbuch.

Für den ehemaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) eine wunderbare Geschichte. Seine Entscheidung von 2015, Menschen aufzunehmen und Asylbewerber nicht an der Grenze zurückzuweisen, würde er heute wieder genauso treffen.

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