Berlin. Bei Markus Lanz wurde der Fall Maddie McCann aufgerollt. Eine Journalistin erklärte, warum die Eltern „fast schauspielernd“ auftraten.

  • Der Fall Maddie McCann: Markus Lanz sprach in seiner Sendung über die neuen Entwicklungen in dem Fall, in dem es nach über 13 Jahren eine Spur nach Deutschland gibt
  • Wie war das damals? Der Moderator richtet seinen Blick auf das Verhalten der Eltern zu dieser Zeit
  • Die Auftritte vor der Presse hatte das Paar damals tagelang eingeübt
  • Viele hatten Zweifel und bezichtigten sie der Lüge – dabei hatte ihr Verhalten einen guten Grund

Es ist der Alptraum aller Eltern. Urlaub mit der Familie – und plötzlich ist das eigene Kind weg. Das britische Ehepaar McCann hat genau das erlebt. Ihre damals dreijährige Tochter Madeleine, vom Boulevard „Maddie“ getauft, war am 3. Mai 2007 spurlos aus einer Ferienanlage im portugiesischen Praia da Luz verschwunden.

Lanz spricht über Fall Maddie McCann

Seit über 13 Jahren bangen die Eltern um das Schicksal ihrer Tochter. Lange gab es keine Spur. Doch jetzt wird der 43-jährige Deutsche Christian B. verdächtigt, die kleine Madeleine McCann getötet zu haben.

Der Fall hat weltweit Menschen bewegt – und viele Fragen offengelassen. Bei Markus Lanz saßen am Mittwochabend zwei Journalisten, die das Schicksal der McCanns und den Fall aus nächster Nähe beobachtet haben.

Markus Lanz – das waren die Gäste:

  • ZDF-USA-Korrespondent Elmar Theveßen,
  • Schauspieler und Ökoaktivist Hannes Jaenicke
  • Journalist Sebastian Eder
  • Journalistin Cornelia Fuchs

Insbesondere die ersten TV-Auftritte des Ärzte-Ehepaares, direkt nach dem Verschwinden von Madeleine, irritierten seinerzeit die Öffentlichkeit. „Sie wirkten so abgeklärt, so stark“, urteilte Moderator Lanz. Und die „Stern“-Auslandschefin Cornelia Fuchs stimmte zu: „Ja, fast schauspielernd“.

Ein Begriff, der durchaus passend gewählt war. Denn: Die Auftritte vor der Presse hatte das Paar tagelang eingeübt, um einen möglicherweise psychopathischen Täter nicht mit leidenden Eltern noch zusätzlich aufzuziehen. Der Bruder des Vaters habe ihr das erzählt, berichtete „Stern“-Reporterin Fuchs.

Fall Maddie: Christian B. hat ein langes Strafregister

Fall Madeleine- So kamen die Ermittler dem Verdächtigen auf die Spur

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    Die kleine Madeleine wurde aus dem Urlaubsressort entführt, ihre Eltern waren zur Tatzeit im Restaurant, nicht weit von der Wohnung entfernt. Die Bilder der damals Dreijährigen gingen um die Welt – und sie berührten viele Menschen. Die Angst um das eigene Kind ist Eltern schließlich nur zu gut bekannt. Für die McCanns wurde sie bittere Realität.

    Lange verliefen die Ermittlungen ergebnislos. Erst über ein Phantombild in der Sendung „Aktenzeichen XY“ im Jahr 2013 führte die Spur schließlich zu Christian B. – einem Mann mit breiter krimineller Vergangenheit. Vergewaltigung, Drogenhandel, Kindesmissbrauc h, das Strafregister von B. ist lang.

    Lesen Sie dazu: Die Hintergründe zu den neuen Ermittlungen im Fall Maddie

    So wuchs der vermeintliche Mörder von Madeleine McCann auf

    Der „FAZ“-Journalist Sebastian Eder hat die traurige Familiengeschichte des vermeintlichen Täters recherchiert. Als Kind wurde Christian B. adoptiert, bei Würzburg wuchs er auf, 1992 kam er in ein Heim für schwer erziehbare Jugendliche.

    Schon früh deutete sich an, dass er auf die schiefe Bahn gerät. Aktuell sitzt B. im Gefängnis – wegen Drogenhandels. Zwei Drittel der Strafe seien abgesessen, sagte Eder. B. könnte also schon bald wieder auf freiem Fuß sein. Als „Wettlauf gegen die Zeit“ fasste Markus Lanz die Situation der Ermittler zusammen.

    Dass die Familie McCann trotz der Strapazen, der Ungewissheit um das Leben der eigenen Tochter, der Angst nicht zerbrochen ist, erklärte „Stern“-Frau Fuchs so: Vater Gerry sei ein Pragmatiker, der sich einer Aufgabe gewidmet habe: seine Tochter zu finden. Mutter Kate habe ihren Beruf aufgegeben, um sich um die Familie zu kümmern. Irgendwie.

    Lanz: Die USA sind ein zerrissenes Land – und kommen nicht zur Ruhe

    Schwarze Kinder sollten nicht in Gefahr leben

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      Ebenfalls aufwühlend – wenn auch aus anderen Gründen – war der Blick, den die Lanz-Runde zu Beginn der Sendung auf die USA warf. Aus Washington war US-Korrespondent Elmar Theveßen zugeschaltet, der den deutschen Fernsehzuschauern einmal mehr ein zerrissenes Land beschrieb. Ein Land, in dem jährlich rund 1000 Menschen, vor allem Afroamerikaner, bei Polizeieinsätzen sterben.

      So wie zuletzt George Floyd, dessen Tod zu einer Welle von Protesten in mehr als 140 Städten in den Staaten geführt hat. Polizeigewalt ist in den USA ein Problem. In einem Einspieler zeigte die Lanz-Redaktion, wie Polizisten einen 75-jährigen Mann umstoßen und blutend auf dem Boden liegenlassen. Präsident Trump twitterte hinterher, dass der Mann möglicherweise ein Provokateur der Antifa sei.

      Tod von George Floyd – Fotos der Unruhen

      Es sind erschreckende Bilder aus den USA, die derzeit um die Welt gehen: ausgebrannte Autowracks, Tränengas, zerstörte Gebäude. Das ganze Land ist in Aufruhr, seit der unbewaffnete Schwarze George Floyd von einem weißen Polizisten in Minneapolis minutenlang zu Boden gedrückt wurde und starb.
      Es sind erschreckende Bilder aus den USA, die derzeit um die Welt gehen: ausgebrannte Autowracks, Tränengas, zerstörte Gebäude. Das ganze Land ist in Aufruhr, seit der unbewaffnete Schwarze George Floyd von einem weißen Polizisten in Minneapolis minutenlang zu Boden gedrückt wurde und starb. © AFP | Stephen Maturen
      Der 46-jährige Afroamerikaner George Floyd starb am 25. Mai nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis. Der 44-jährige Polizist Derek Chauvin drückt Floyd minutenlang sein Knie in den Nacken und ignoriert dabei Bitten von Floyd, ihn atmen zu lassen. Die vier beteiligten Beamten wurden mittlerweile entlassen. Polizist Chauvin wurde wegen Mordes angeklagt.
      Der 46-jährige Afroamerikaner George Floyd starb am 25. Mai nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis. Der 44-jährige Polizist Derek Chauvin drückt Floyd minutenlang sein Knie in den Nacken und ignoriert dabei Bitten von Floyd, ihn atmen zu lassen. Die vier beteiligten Beamten wurden mittlerweile entlassen. Polizist Chauvin wurde wegen Mordes angeklagt. © AFP | DARNELLA FRAZIER
      Nach dem Tod von George Floyd legten Menschen in Minneapolis Blumen nieder. In den darauffolgenden Tagen kam es zu immer größeren Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt.
      Nach dem Tod von George Floyd legten Menschen in Minneapolis Blumen nieder. In den darauffolgenden Tagen kam es zu immer größeren Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt. © AFP | KEREM YUCEL
      Am 26. Mai protestierten Demonstranten auf der Hiawatha Avenue in Minneapolis. Die Proteste eskalierten zunehmend.
      Am 26. Mai protestierten Demonstranten auf der Hiawatha Avenue in Minneapolis. Die Proteste eskalierten zunehmend. © AFP | Stephen Maturen
      Am 27. Mai versammelten sich Demonstranten zu einer zweiten Nacht der Proteste in der US-Stadt Minneapolis. Am Abend bildet die Polizei eine menschliche Barrikade um den Dritten Bezirk. Dort hatten die Beamten gearbeitet, die beschuldigt werden, George Floyd getötet zu haben.
      Am 27. Mai versammelten sich Demonstranten zu einer zweiten Nacht der Proteste in der US-Stadt Minneapolis. Am Abend bildet die Polizei eine menschliche Barrikade um den Dritten Bezirk. Dort hatten die Beamten gearbeitet, die beschuldigt werden, George Floyd getötet zu haben. © AFP | KEREM YUCEL
      Die Proteste in Minneapolis schlugen in Gewalt um. Autos und Mülltonnen brannten, Geschäfte wurden geplündert, Häuser beschädigt.
      Die Proteste in Minneapolis schlugen in Gewalt um. Autos und Mülltonnen brannten, Geschäfte wurden geplündert, Häuser beschädigt. © AFP | Jose Luis Magana
      Auch in anderen US-Städten wie hier in Los Angeles protestierten Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt.
      Auch in anderen US-Städten wie hier in Los Angeles protestierten Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt. © AFP | AGUSTIN PAULLIER
      In Las Vegas gingen die Menschen in den vergangenen Tagen auch auf die Straße. Truppen der Nationalgarde patrouillierten nach mehreren Nächten voller Proteste, in denen es auch zu Brandstiftung und Plünderungen kam. In Las Vegas schwebte ein Beamter in Lebensgefahr, nachdem ein Angreifer ihm in den Kopf geschossen hatte.
      In Las Vegas gingen die Menschen in den vergangenen Tagen auch auf die Straße. Truppen der Nationalgarde patrouillierten nach mehreren Nächten voller Proteste, in denen es auch zu Brandstiftung und Plünderungen kam. In Las Vegas schwebte ein Beamter in Lebensgefahr, nachdem ein Angreifer ihm in den Kopf geschossen hatte. © AFP | BRIDGET BENNETT
      Wasser und Milch half Demonstranten, die während eines Protestes am 1. Juni in der Innenstadt von Washington DC, Pfefferspray in die Augen bekommen hatten.
      Wasser und Milch half Demonstranten, die während eines Protestes am 1. Juni in der Innenstadt von Washington DC, Pfefferspray in die Augen bekommen hatten. © AFP | Drew Angerer
      Auch Anfang Juni gingen die Proteste weiter – während es mancherorts zu weiteren Ausschreitungen kam, blieben viele Demonstrationen friedlich. So auch direkt vor dem Amtssitz des US-Präsidenten Donald Trump. Doch dies hinderte Trump nicht daran, bei einem öffentlichen Auftritt Tränengas gegen die Demonstranten einsetzen zu lassen.
      Auch Anfang Juni gingen die Proteste weiter – während es mancherorts zu weiteren Ausschreitungen kam, blieben viele Demonstrationen friedlich. So auch direkt vor dem Amtssitz des US-Präsidenten Donald Trump. Doch dies hinderte Trump nicht daran, bei einem öffentlichen Auftritt Tränengas gegen die Demonstranten einsetzen zu lassen. © AFP | ROBERTO SCHMIDT
      Auf dem Weg zu einem Fototermin setzten vor ihm gehende Sicherheitskräfte Tränengas gegen friedlich Demonstrierende ein – um ihm dem Weg zum Fototermin freizuräumen.
      Auf dem Weg zu einem Fototermin setzten vor ihm gehende Sicherheitskräfte Tränengas gegen friedlich Demonstrierende ein – um ihm dem Weg zum Fototermin freizuräumen. © AFP | BRENDAN SMIALOWSKI
      Danach ließ sich Trump medienwirksam – mit einer Bibel in der Hand – vor einer von Protestierenden mit Graffiti beschmierten Kapelle ablichten.
      Danach ließ sich Trump medienwirksam – mit einer Bibel in der Hand – vor einer von Protestierenden mit Graffiti beschmierten Kapelle ablichten. © dpa | Patrick Semansky
      Auch außerhalb der USA wurde mittlerweile protestiert. Vor der US-Botschaft in Paris zeigen Demonstranten Plakate mit der Aufschrift „Wir sind alle George Floyd“.
      Auch außerhalb der USA wurde mittlerweile protestiert. Vor der US-Botschaft in Paris zeigen Demonstranten Plakate mit der Aufschrift „Wir sind alle George Floyd“. © AFP | BERTRAND GUAY
      Undauch junge Mitglieder der griechischen Kommunistischen Partei protestierten in Athen vor der US-Botschaft nach dem Tod von George Floyd.
      Undauch junge Mitglieder der griechischen Kommunistischen Partei protestierten in Athen vor der US-Botschaft nach dem Tod von George Floyd. © AFP | ARIS MESSINIS
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      „Das ist fern von aller Wirklichkeit und Wahrheit“, sagte Theveßen. Es sind solche Bilder die Empörung auslösen. Dass jetzt breite Teile der Zivilgesellschaft auf die Straße gehen, gegen Gewalt, Ungerechtigkeit und Rassismus demonstrieren, ist vielleicht nicht der „Wendepunkt der Geschichte“, wie Markus Lanz laut nachdachte. „Aber es gibt die Bereitschaft, etwas zu verändern“, so ZDF-Korrespondent Theveßen.

      Lesen Sie dazu: Tod von George Floyd – Haben US-Polizeireformen eine Chance?

      Sollte Joe Biden, der mutmaßliche Präsidentschaftskandidat der Demokraten, im November die Wahl gegen Trump gewinnen, könne er die Polizei, wie versprochen, reformieren – und das Land wirtschafts- und sozialpolitisch gerechter machen.

      Bisher ist das noch eine Gleichung mit vielen Unbekannten. Schließlich muss Biden erst Trump besiegen. Und dann liefern. Scheitere aber auch er, so Theveßen, dann drohe spätestens in vier Jahren wieder eine „extreme Situation“. Es sieht also ganz danach aus, dass sich Markus Lanz auch in Zukunft noch häufig mit den USA wird beschäftigen müssen.