Berlin. Nahost-Konflikt und Antisemitismus: Bei Markus Lanz diskutierten die Gäste, wie man Antisemitismus in Deutschland bekämpfen kann.

Die Hamas hat in den vergangenen Tagen tausende Raketen auf Israel geschossen und Israel hat zurückgeschlagen. Tote gab es auf beiden Seiten. In deutschen Städten hingegen gab es Demonstrationen gegen die israelische Politik. Und so spricht Markus Lanz mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) auch erstmal über den Nahost-Konflikt und die antisemitischen Vorfälle in diesem Zusammenhang. Aber am Ende nimmt er den zugeschalteten Söder dann doch noch ins Verhör zum verlorenen Kanzlerkandidaten-Duell mit Armin Laschet (CDU).

Natürlich sei auch Kritik an Israel zulässig, findet Markus Söder, aber antisemitische Parolen seien „unverzeihlich und extrem unappetitlich“. Für ihn stelle sich die Situation so dar: „Die Hamas ist keine Organisation, die in den letzten Jahren aufgefallen ist durch Ferne zum Terror, sondern im Gegenteil. Bei allen Schwächen, die Israel hat: Es ist eine Demokratie nach westlichem Vorbild.“

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Markus Söder, Politiker, Bayerischer Ministerpräsident (CSU)
  • Kristin Helberg, Journalistin
  • Ahmad Mansour, Psychologe
  • Prof. Thomas Biebricher, Politologe

Dass der Nahost-Konflikt auch hier auf der Straße gelebt wird, entsetzt Söder. Armin Laschet spricht von „eingewanderten Antisemitismus“, weil viele Menschen mit Migrationshintergrund und auch Geflüchtete demonstrieren. Söder sagt präsidial: „Wir haben eine der größten Aufgaben vor uns: eine wirkliche Integration hinzubekommen.“ Er will nach der Pandemie mit Familien sprechen, damit sie sich als „gewünschter und akzeptierter Teil der Gesellschaft“ und so ein „Gemeinschaftsbewusstsein erzeugen“.

Feind Israel „Teil der Schulbildung“

Die Journalistin Kristin Helberg ist Nahost-Expertin und mit einem Syrer verheiratet. Sie findet, dass die Demonstranten Antisemitismus und Kritik an der israelischen Politik vermischen würden, aber das täten auch die offiziellen israelischen Stellen oft. „Der aktuelle Konflikt hat eine Vorgeschichte. Sie spielt in der Westbank und in Jerusalem, seit Jahrzehnten. Es gibt viel Frust auf palästinensischer Seite. Die Hamas hat den Konflikt jetzt eskaliert.“

Und was antisemitische Haltungen bei Flüchtlingen angeht hat sie eine einfache Erklärung: Israel und Syrien haben nie Frieden geschlossen, Israel als Feind sei „Teil der syrischen Schulbildung“. Wenn sie mit Syrern auf Arabisch spreche, würden sie oft auf Nachfrage präzisieren, dass sie nichts gegen Juden hätten, sondern nur gegen die israelische Armee und israelische Politik. „Es ist ein Mangel an differenzierter Sprache.“

Markus Lanz: So liefen die letzten Sendungen

„Markus Lanz“: Psychologe kritisiert Integrationskurse

Das ist dem arabisch-israelisch-deutschen Psychologen Ahmad Mansour etwas zu einfach. Unter Flüchtlingen und auch unter hierzulande geborenen Menschen mit Migrationshintergrund würde die Hälfte eine antisemitische Haltung haben. „Das zeigt, wir haben ein Problem.“ Er ist dafür, Flüchtlingen zu sagen: „‚Herzlich Willkommen, sie sind in Sicherheit, Ihr Hass und Antisemitismus hat hier nichts verloren. In Integrationskursen redet man mehr über Mülltrennung als über Antisemitismus.“ Er fordert: „Abschiebung für Menschen, die unseren Rechtsstaat konsequent verachten.“

So deutlich würde das Markus Söder wohl nie fordern. Aber von ihm will Lanz dann vor allem auch nochmal über das Kanzlerkandidatenduell mit Armin Laschet sprechen. Und wie es mit ihm weitergehe. Söder spottet statt einer Antwort. „Sie sind der Seelendoktor der ganzen Karrierepläne in Deutschland, das machen sie ganz gut.“

Lanz fragt Söder zur Kanzlerkandidatur aus

Unbeirrt fragt ihn Lanz zum umstrittenen Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, der in Thüringen für die CDU bei der Bundestagswahl antritt. „Wenn ich manchmal so lese, wie er über den Staat redet … “ Söder sagt, er bezweifele, dass er gut zur CDU passt. Aber: „Sie wissen ich halt mich generell raus aus der CDU“, sagt Söder und muss kein bisschen grinsen, obwohl er ja mit seiner Kampfkandidatur gegen Armin Laschet die CDU ordentlich durchgerüttelt und sich danach nicht wirklich zurückgehalten hat.

„Der war gut“, lacht denn auch Lanz und fragt: „Warum die Tritte vors Schienbein von Armin Laschet?“ Söder stellt sich ahnungslos und beteuert: „Armin kann sich darauf verlassen, dass wir alles tun. Wir werden ihn voll unterstützen.“ Außerdem findet er: „Man darf Armin Laschet nicht unterschätzen, er hat ein großes Stehvermögen, ein großes Kämpferherz.“

Ob er für eine Begrenzung der Kanzler-Amtszeiten sei, damit er selbst nach Laschet noch antreten könne, versucht ihn Lanz aus der Reserve zu locken. „Irgendwann sollten sie Strategie- und Verschwörungsbücher schreiben“, lässt ihn Söder abperlen. Aber Lanz ist im Terrier-Modus und beißt sich fest. Ob Armin Laschet denn auch Kanzlerkandidat bleibe, wenn die CDU die Wahl in Sachsen-Anhalt am 6. Juni verlieren sollte. „Sachsen-Anhalt wird gewonnen – Reiner Haseloff ist starker Ministerpräsident.“ Und wenn doch nicht, springt Söder dann doch als Kanzlerkandidat ein? „Das halte ich für völlig absurd, das kann ich mir nicht vorstellen.“ Wirklich nicht? „Das ist so eine absurde Frage, das passiert nie.“

Politologe rechnet mit weiteren „Nadelstichen“ von Söder

Söders Kampf um die Kanzlerkandidatenkandidatur der Union hatte allerdings so manch absurde Wendung, findet auch der Politologe Thomas Biebricher. „Das innerparteiliche Krisenmanagement so vor die Wand fahren zu lassen, kam für mich schon ein bisschen überraschend“, urteilt er über das Duell Söder-Laschet, „da wurde schon ein bisschen Porzellan zerschlagen“. Er rechne jetzt aber damit, dass Söder sich loyal verhalte, aber auch noch „den einen oder anderen Nadelstich“ nicht verkneifen könne.

Markus Lanz verabschiedet sich beim zugeschalten Söder mit dem Wunsch, dass sie sich bald mal wieder persönlich im Studio treffen würden. Breit grinsend antwortet Söder: „Ich kann es kaum erwarten.“ Es scheint, als hätte der Ministerpräsident wirklich Gefallen gefunden am Interview-Sparring mit Markus Lanz.