Berlin. Abfragerei statt Debatte: Bei „Maybrit Illner“ drohte die Corona-Debatte zum Ausfall zu werden. Die Rettung war ein Wissenschaftler.

Die Coronavirus-Pandemie beherrscht das Geschehen in allen Teilen der Welt. Wie gravierend wird der Ausbruch am Ende gewesen sein? Die Krux bei der Sache ist, dass neben gesundheitlichen auch weitreichende wirtschaftliche Folgen drohen.

Das Thema beschäftigte am Donnerstagabend auch die Runde bei „Maybrit Illner“ – standesgemäß ohne Publikum. „Gesundheit schützen, Jobs riskieren?“, lautete der etwas überspitzte Titel des Talks. Es diskutierten:

  • Virologe Christian Drosten
  • Philosophin Svenja Flaßpöhler
  • Finanzminister Olaf Scholz
  • Börsenexpertin Valerie Haller
  • Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie

Maybrit Illner lässt bei Coronavirus-Talk keine Dynamik aufkommen

Es wurde ein ausgesprochen müder Talk, auch weil die Gastgeberin nicht so recht auf eine echte Diskussion aus war. Stattdessen fragte Maybrit Illner ihre Gäste einfach einzeln ab – und hüpfte dabei teilweise wild durch die unterschiedlichen Aspekte. Das Themen-Hopping war dann aber auch die einzige Dynamik. Echte Debatte: Fehlanzeige.

Das war schade, denn eigentlich hatte der Ansatz der Sendung durchaus Potenzial. Schließlich unterliegt die Politik derzeit exakt dem Spannungsfeld, das im Sendungstitel problematisiert wurde: Wie viel Schutz der Gesundheit ist nötig? Und was tun, wenn dieser Schutz der Wirtschaft schadet?

Die Philosophin liefert die bequeme Vorlage

Statt dieses Spannungsfeld zu diskutieren, machte es sich die Runde bequem. Die Vorlage dafür lieferte Svenja Flaßpöhler: „Es sollte immer, auch in der Wirtschaft, um den Menschen gehen“, sagte die Publizistin.

Klar, da konnten alle zustimmen, auch die Wirtschaftsvertreterin Hildegard Müller. Problem gelöst. Dabei ist es doch gerade das entscheidende Dilemma der gegenwärtigen Situation, dass es die von Flaßpöhler geforderte Deckungsgleichheit nicht gibt: Was den Menschen auf den ersten Blick nützen könnte (landesweite „Corona-Ferien“ zum Beispiel), könnte der möglicherweise Wirtschaft schaden – und umgekehrt.

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Virologe Christian Drosten rettet den Coronavirus-Talk

Ein bisschen Licht ins Dunkle brachte immerhin Christian Drosten. Am Beispiel von den diskutierten generellen Schulschließungen erklärte der Virologe der Berliner Charité, warum das beschriebene Dilemma so gravierend ist: Einerseits würde man mit der Maßnahme durchaus die Ausbreitung verlangsamen. Andererseits sprächen wirtschaftliche Argumente dagegen. Und: „Wir verlieren auch Menschenleben, wegen Krankenschwestern und Ärzten nicht arbeiten, weil sie ihre Kinder betreuen“, sagte Drosten.

Die Ausführungen waren erhellend, weil sie anhand eines konkreten Beispiels deutlich machten, warum die Abwägung der Interessen und Maßnahmen so unglaublich schwer ist.

Und auch sonst bereicherte Drosten die Runde mit seinem Wissen zum Virus. Stand jetzt rechnet der Virologe damit, dass die Pandemie bis zu zwei Jahre andauern wird. Dabei werden sich wohl 60 bis 70 Prozent der Menschen in Deutschland infizieren – wobei laut Drosten nur ein Bruchteil einen schweren Krankheitsverlauf haben wird. Kritisch könne es aber werden, wenn sehr schnell sehr viele Menschen infiziert seien und die Krankenhäuser dadurch ans Limit kämen.

• Interview mit Christian Drosten: „70 Prozent der Deutschen werden sich infizieren“

Maybrit Illner im Gespräch mit dem Virologen Christian Drosten.
Maybrit Illner im Gespräch mit dem Virologen Christian Drosten. © Harry Schnitger | Harry Schnitger

Das Fazit

Diese Ausgabe von „Maybrit Illner“ hatte wirklich Potenzial. Doch statt das sogar im Titel identifizierte Dilemma näher zu beleuchten, betrieb die Gastgeberin bloße Abfragerei. Das kann sogar funktionieren, wenn die Gäste etwas Spannendes zu sagen haben. Doch dafür äußerten sie sich dann doch zu oft erwartbar.

• Hier können Sie die Ausgabe von „Maybrit Illner“ im ZDF-Stream sehen

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