Berlin. Devid Striesow gehört zu den gefragtesten Schauspielern des Landes. Im Interview verrät der 46-Jährige, warum er Schubladen hasst.

Er gehört zu den meistgefragten Schauspielern des Landes: Devid Striesow. Sein Vorname schreibt sich so ungewöhnlich, weil seine atheistischen Eltern ihn vom biblischen David abgrenzen wollten. In der neuen Folge der Krimireihe „Schwartz & Schwartz“ (23.5., ZDF) spielt der 46-Jährige wieder den halbseidenen Privat­ermittler Andi Schwartz. Er und sein seriöser Bruder Mads (Golo Euler) müssen die Unschuld eines Mordverdächtigen beweisen, den die Öffentlichkeit schon vorverurteilt hat.

Herr Striesow, Sie haben selber jahrelang als „Tatort“-Kommissar in Saarbrücken ermittelt, neulich lief das Debüt Ihrer beiden Nachfolger. Haben Sie’s gesehen?

Devid Striesow: Ja, natürlich hab ich das! Das hat mich wahnsinnig interessiert, die beiden Kollegen sind ja auch tolle Schauspieler. Ich fand den Auftritt wirklich stark, und ich glaube, die beiden smarten Typen haben langfristig Potential.

Sie selber schlüpfen in der Krimireihe „Schwartz & Schwartz“ nun zum dritten Mal in die Rolle des Privatdetektivs Andi Schwartz, der gemeinsam mit seinem Bruder ermittelt. Es geht damit los, dass ein Staubsaugerroboter am Tatort die Leiche entdeckt…

Ja, die Eröffnung ist ganz lustig. Die Art von Alexander Adolph, Regie zu führen, ist fantasievoll, genau und auch zu später Stunde immer noch hochkonzentriert und lustvoll. Ich selber habe allerdings keinen Staubsaugerroboter und ich frage mich immer: Wer hat so ein Ding?

Der etwas hallodrihafte Andi passt ja in keine Schublade. Wie würden Sie ihn charakterisieren?

In eine Schublade kann man ihn nicht packen, das ist ja das Schöne. Ich hasse Schubladen. Ich empfinde Andi als einen sehr traurigen, tiefgründigen Menschen, der versucht zu überleben. Ich könnte ihn vergleichen mit dem Anwalt Saul Goodman aus der Serie „Better Call Saul“. Dieser Figur kommt Andi vielleicht am nächsten, aber ich weiß natürlich auch, dass der Vergleich hinkt.

Saul Goodman ist der tragikomische Held des Prequels zur Kultserie „Breaking Bad“…

Es gibt wenig Projekte außer vielleicht noch „Westworld“, die ich so toll finde wie diese Serie. Neulich habe ich die aktuelle Staffel zu Ende geguckt und bin wirklich begeistert.

Haben Sie in der Corona-Krise mehr Fernsehen geschaut als üblich, so wie viele andere Leute?

Nein, überhaupt nicht. Der Fernseher hat ehrlich gesagt noch nie eine große Anziehungskraft auf mich ausgeübt. Ich habe zwar einen Fernsehapparat, aber der ist bei uns tagsüber prinzipiell aus und auch nur für die Erwachsenen da. Ich gucke mir lediglich eine Hand voll Sachen an, die mich interessieren oder bei denen ich denke, sie könnten mich interessieren. Wenn ich dann doch nichts damit anfangen kann, breche ich wieder ab.

Die Pandemie hat viele Schauspieler zu wochenlanger Untätigkeit gezwungen. Wie stark waren Sie bislang davon betroffen?

Ich hatte Glück im Unglück, kein Filmprojekt musste abgebrochen werden. Die neuen Dreharbeiten hatten noch nicht begonnen, als der Lockdown kam, und andere Projekte wurden in den letzten Zuckungen noch beendet. Da erging es anderen Kollegen, bei denen angefangene Arbeiten unterbrochen werden mussten und denen niemand sagen kann, wie es weitergeht, viel schlechter als mir.

Es ist gerade eine schwere Zeit für viele Künstler…

Ja, und es bedrückt mich, dass es viele Leute gibt, denen es wirklich schlecht geht zurzeit. Menschen, die existenziell gefährdet sind. Ich habe in meinem direkten Freundeskreis Leute, die es betrifft, auch Leute, die mit der Krankheit schon Kontakt hatten, und das ist natürlich eine sehr spezielle Grundsituation. Was mich angeht: Es sind drei geplante Filme verschoben worden, in denen ich eigentlich mitspielen sollte, viele Lesungen fallen aus, und das Theaterspielen fällt völlig flach.

Wie geht es vor diesem Hintergrund mit „Schwartz & Schwartz“ weiter? Die aktuelle dritte Folge endet ja mit einem Cliffhanger, wann kommt der vierte Film?

Die vierte Folge ist in der Mache, aber ich kann Ihnen leider nicht sagen, wie es weitergeht. Der nächste Film muss ja anknüpfen an die fluchtartige Reise, zu der die Familie am Ende aufbricht. Aber ich bin selber im Ungewissen und echt gespannt, wie es weitergeht. Es war ursprünglich geplant, dass wir den vierten Film noch dieses Jahr drehen, aber wegen Corona weiß ich nicht, wie sich die Dinge entwickeln. Keiner weiß in dieser Situation, was als Nächstes kommt.

Was reizt Sie eigentlich an der Figur des Andi?

An der Reihe an sich macht mir Spaß, dass ich einen Detektiv spielen kann – einen selbsternannten Detektiv, wie wir in der neuen Folge sehen. Eigentlich sind er und sein Bruder ja Sicherheitsleute und geben nur vor, Privatdetektive zu sein. Das ist eine Doppelbödigkeit, die mir sehr gut gefällt.

Sind Sie selber ein Familienmensch?

Ich habe eine Familie, klar, aber ob ich ein Familienmensch bin? Ich kenne eigentlich niemanden, der im Familienleben richtig aufgeht, außer aus Mafiafilmen, wenn die sich alle treffen und Gelage feiern. Ich gucke gerne Mafiafilme und ich liebe die Serie „Die Sopranos“. Ansonsten kenne ich von anderen Leuten nur schwierige Beziehungen im Elternhaus. Dass zum Beispiel Weihnachten als Familienfest immer schwierig ist, das ist ja fast schon ein Klischee, aber trotzdem halten die meisten Leute die Verbindung irgendwie aufrecht.