Berlin. Donald Trump ist in Kürze Ex-Präsident. Doch vom Trumpismus geht weiterhin Gefahr aus, waren sich die Gäste bei „Hart aber fair“ einig.

Anfangs lachte die ganze Welt, als sich Donald Trump 2016 als US-Präsident bewarb. Am Ende seiner Amtszeit stachelte er seine gewaltbereiten Anhänger mit markigen Worten so sehr auf, dass diese am 6. Januar das Kapitol stürmten. Ein Angriff auf das Herz der US-Demokratie. Erleichterung nun angesichts der letzten Stunden von Trump im höchsten Amt der westlichen Welt. „So ganz will man es noch nicht glauben“, gestand Moderator Frank Plasberg. Im Montagstalk „Hart aber fair“ diskutierte er mit seinen Gästen die Frage: „Die letzten Tage des Trump - gelingt ein Machtwechsel ohne weitere Gewalt?“

"Hart aber fair" - Das waren die Gäste:

  • Peter Altmaier (CDU, Bundeswirtschaftsminister)
  • Annalena Baerbock (B'90/Grüne, Bundesvorsitzende)
  • Ingo Zamperoni (Moderator der ARD-Tagesthemen, Autor der Dokumentation "Trump, meine amerikanische Familie und ich")
  • Matthew Karnitschnig (Europa-Korrespondent des US-amerikanischen Online-Nachrichtenportals "Politico")
  • Cathryn Clüver Ashbrook (deutsch-amerikanische Politologin an der Harvard Kennedy School in Cambridge/Massachusetts)

Trump wird mit seiner Präsidentschaft nicht so einfach verschwinden

Der US-Präsident mag am Mittwoch Joe Biden heißen, doch der Trumpismus wird so schnell nicht verschwunden sein. Darin war man sich bei „Hart aber fair“ weitestgehend einig. Die aus Boston live zugeschaltete deutsch-amerikanische Politologin Cathryn Clüver Ashbrook bezeichnete ihn als „brandgefährlich und faschistoid“.

Es hieße zwar immer, die demokratischen Institutionen in den USA seien stark, doch Cathryn Clüver Ashbrook relativierte den Satz nach vier Jahren Trump. Wie schnell die Demokratie erodieren könne zeigte sich allein schon darin, wie schnell er als Präsident den Justizapparat auseinander genommen und den Obersten Gerichtshof der USA umgestaltet hat. „Die Demokratie hat diesem Mann nicht Einhalt geboten. Trotz eines zweiten Impeachments."

Die Grünen-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock befand, der Trumpismus habe sich mit seinem Hass und Verachtung tief in die Gesellschaft eingefressen: „Der Sturm auf das Kapitol sollte uns eine Warnung sein.“ Begonnen hätte diese Entwicklung aber schon lange vor Trump. Baerbock erinnerte an die Entstehung der rechtspopulistischen Tea-Party-Bewegung vor elf Jahren innerhalb der republikanischen Partei.

Trump nur ein Ausdruck der schon existierenden Spaltung der USA?

Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni stimmte ihr zu: „Donald Trump ist ein Ausdruck dessen, was vorher schon im Land an Spaltung da war.“ Der Tagesthemen-Moderator ist mit einer US-Amerikanerin verheiratet und kennt die Probleme des gespaltenen Amerikas auch privat. Wie er bereits anschaulich in seiner TV-Dokumentation „Trump, meine amerikanische Familie und ich“, zeigte.

Zamperoni kritisierte auch das Wahlsystem der USA: „Es gibt nur die Wahl zwischen A und B, zwischen Demokraten und Republikanern.“ Ein andere Problem seien die Menschen, die das Kapitol gestürmt hätten. Sie seien ein Teil der USA. Und glaubten, wie Zamperonis Schwiegervater, Trumps Mantra von der gestohlenen Wahl. „Sie bewegen sich in einer Medienblase, die das immer wiederholt.“

Der Europa-Korrespondent Matthew Karnitschnig vom US-amerikanischen Online-Nachrichtenportal „Politico“ war indes der Meinung, dass sich Trump entzaubert habe: „Es mag sein, dass er bei der Wahl 70 Millionen Stimmen bekommen hat. Aber Joe Biden hatte 80 Millionen. Ein bemerkenswerter Vorsprung. Außerdem ist es sehr selten, dass ein Präsident im Amt abgewählt wird“, sagte Karnitschnig. Er war der Überzeugung, dass der Sturm auf das Kapitol für die Republikaner eine Zäsur war.

Lesen Sie dazu den Kommentar: Die Republikaner müssen sich endlich von Trump lösen

Europa-Korrespondent Matthew Karnitschnig vom US-amerikanischen Online-Nachrichtenportal „Politico“.
Europa-Korrespondent Matthew Karnitschnig vom US-amerikanischen Online-Nachrichtenportal „Politico“. © WDR/Oliver Ziebe | WDR/Oliver Ziebe

Trumpisten sind auch wichtige Wähler für Republikaner

Widerspruch gab es da prompt von Clüver Ashbrook: „Große Teile der Republikaner verstehen sich als verlängerter Arm des Trumpismus. Das wird auch so bleiben. Denn Teile der Partei brauchen die Trumpisten, um 2022 Wahlen zu gewinnen.“ Hochspannend fand Clüver Ashbrook es, wie schnell Unternehmen nun Republikanern die Geldhähne zugedreht haben nach eben jener Lüge von der gestohlenen Wahl.

Die Politologin sprach sogar von einer „Hitler-Goebbelschen-Lüge“. Wurde aber zu Recht von Frank Plasberg in ihre Schranken verwiesen. Denn so ein Vergleich muss immer schief geschehen. „Das war einmalig“, wusste Plasberg mit Blick auf Nazi-Deutschland.

Bilder vom gewaltvollen Sturm auf das Kapitol wurden während des Talks natürlich auch gezeigt. Der Versuch etwa, die Tür zur Abgeordnetenkammer einzuschlagen. Dramatische Momente voller Todesangst für die Politiker.

Altmaier ist von Bidens Weg überzeugt

Plasberg erinnerte zugleich an Bilder aus Deutschland. An die „Querdenker“-Demonstration im September, als plötzlich Demonstranten die Treppe zum Reichstag stürmten. Und an die AfD-Störaktion im Bundestag im November. Persönlich betroffen war damals auch Peter Altmaier. Er wusste seinerzeit übrigens nicht, dass er von einer AfD-Anhängerin bedrängt wurde. „Die Dame hat Fragen gestellt, aber keine Gewalt angewendet“, erzählte er. Okay sei das aber mitnichten gewesen. „Für mich ist das Parlament ein sakrosankter Ort der Demokratie.“

Der Sturm auf das Kapitol war für ihn daher auch fast ein Totalchrash der Demokratie. Altmaier ist aber fest davon überzeugt, dass Biden es nun richtig macht: „Er ist auf die Republikaner zugegangen, die davon abgestoßen waren.“ Mit Biden gebe es eine Chance auf einen Neuanfang, so der Bundeswirtschafsminister. Auch in der Wiederbelebung der transatlantischen Beziehung.

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