Nordhausen. Seit nunmehr zehn Jahren gibt es im Haus der Generationen in Nordhausen die Lesementoren.

Für die meisten Erwachsenen ist Lesen die normalste Sache der Welt. Praktisch im Vorbeigehen lesen wir Straßenschilder oder Reklametafeln. Bei Kindern ist das anders, viele haben große Schwierigkeiten beim Lesen, Sprechen oder Verstehen von Texten. Aus diesem Grund kümmern sich die Lesementoren des Mehrgenerationenhauses Nordhausen ehrenamtlich um die Lesefähigkeit der Jüngsten. Sie gehen an Grund- und Regelschulen und arbeiten spielerisch die Defizite der Kinder auf. „Es gibt keinen Stift, kein Heft, keine Lesefibel“, sagt Lesekoordinatorin Christine Hendrich. Vielmehr spielen die Lesementoren zum Beispiel Scrabble oder lassen die Kinder Geschichten erzählen. Denn nicht nur das Lesen ist für viele ein Problem, auch Sätze zu bilden, bereitet Schwierigkeiten. Einmal die Woche arbeiten die Schüler für 45 Minuten in Kleingruppen an ihrer Sprach- und Lesekompetenz. 20 Mentoren engagieren sich momentan ehrenamtlich, sagt Hendrich. „Die Älteste ist 82 Jahre alt.“ In diesem Jahr feiern die Lesementoren bereits ihr zehnjähriges Bestehen. Damals waren die sogenannten Vorleseomas im Haus der Generationen aktiv. Die ehemalige Grundschullehrerin Christine Hendrich sollte 2009 ein neues Konzept für die Gruppe entwickeln. Danach wollte sie sich lediglich als Helferin für das Projekt engagieren, stattdessen übernahm sie schließlich die Leitung. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Seit geraumer Zeit sucht sie jedoch einen Nachfolger. Bisher erfolglos. „Ich hätte gern jemanden, der wie ich aus dem Schulbetrieb kommt.“ Das hätte der Gruppe in der Vergangenheit geholfen, um mit den Schulen in Kontakt zu treten. Die Arbeit der Lesementoren beginnt schon vor der Einschulung – im Kindergarten. Hier gehe es vor allem darum, die Kinder mit Büchern vertraut zu machen, erzählt Christine Hendrich.

Der Schwerpunkt der Mentoren liege allerdings auf den zweiten und dritten Klassen. „Dann ist unsere Arbeit besonders wichtig, weil Schüler ab diesem Zeitpunkt Texte erschließen müssen.“ Das beschränke sich nicht nur auf den Deutschunterricht. In Mathe gehe es beispielsweise darum, Textaufgaben zu verstehen.

Christine Hendrich sieht bei vielen Kindern heutzutage Defizite beim Lesen. Sie führt das unter anderem darauf zurück, dass in vielen Haushalten kaum mehr Bücher vorhanden sind. Dabei helfe es schon, mit den Kindern beim Abendessen über ihren Tag zu sprechen oder ihnen eine Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen. „Ab einem bestimmten Alter kann man auch seinen jüngeren Geschwistern vorlesen“, sagt Christine Hendrich.

Wer laut vorliest, bekomme schnell ein Gefühl dafür, wie ein Satz richtig betont werden muss. Die Beispiele beweisen: Nicht nur das Lesen geht irgendwann einfach nebenher, auch das Lesenlernen kann im Alltag durchaus Spaß machen.

Gemeinsam für andere im Einsatz: TLZ sucht hilfsbereite Thüringer

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