Berlin. Die dunkle Zeit ist für viele Pflanzen hart. Eine Expertin verrät, wie sie ihren grünen Mitbewohnern bei wenig Licht helfen.

„Ich hab noch irgendwo ein warmes Bier zu stehen. Du kannst die Blumen damit gießen, wenn es dunkel und kalt wird in Berlin.“ So schön melancholisch beschreibt die Band „Element of Crime“ den Winter in Berlin. Ob die Rockband von Sven Regener einen grünen Daumen hat, ist dieser Redaktion nicht bekannt. Mit dem Bier sind sie aber sogar auf der richtigen Spur, denn laut „GEO“ kann das ab und an als Dünger funktionieren. Zu viel gießen sollten sie ihre Pflanzen allerdings nicht, wenn es dunkel und kalt wird. Ohne Licht trinken Zimmerpflanzen nämlich weniger – und können letztendlich sogar verhungern.

Das berichtet Pflanzenexpertin Macy Bercasio im Gespräch mit dieser Redaktion. Sie ist Teil des Pflanzendoktorteams vom Zimmerpflanzenshop „feey. „In der langen, dunklen Phase im Winter ist das für Pflanzen, als würden wir Menschen über Monate hinweg fasten. Eine kurze Fastenzeit kann ja gesund sein, aber wenn wir das zu lange durchziehen, werden wir krank. Bei Pflanzen ist das ähnlich“, sagt Bercasio.

Für Licht sorgen, für Licht sorgen und für noch mehr Licht sorgen. Lichtmangel ist der Hauptgrund für Probleme bei Pflanzen.
Macy Bercasio von „feey“

Dunkelheit im Winter als Gefahr für Zimmerpflanzen

Aber warum ist Dunkelheit so gefährlich für Zimmerpflanzen? Bercasio erklärt: „Entgegen der allgemeinen Meinung sind Pflanzen sehr simple Lebewesen. Sie brauchen zum Glücklichsein eigentlich nur Glucose. Dafür benötigen sie: Licht, Wasser und Kohlendioxid. In der Photosynthese entsteht dann der Zucker. Wenn von den drei Bedürfnissen nur eines nicht genügend vorhanden ist, dann kriegt die Pflanze zu wenig Nahrung. Simpel gesagt: Die Pflanze verhungert – sehr langsam.“

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Wie wichtig Licht für das Überleben von Zimmerpflanzen ist, vor allem im Winter, das ist laut Bercasio noch nicht so richtig in den Köpfen angekommen. Stattdessen machen sich die Menschen Gedanken über Dünger, Pflanzenerde und Gießen. Alles gute Punkte, aber damit die grünen Farbkleckse nicht zu braunen Schandflecken verkommen, brauchen sie vor allem die Energie der Sonne. Bercasio predigt: „Für Licht sorgen, für Licht sorgen und für noch mehr Licht sorgen. Lichtmangel ist der Hauptgrund für Probleme bei Pflanzen. Warum sie nicht wachsen oder komische Flecken bekommen. Es gibt viele Symptome, aber alles hängt daran, dass die Tage kürzer sind.“

Zimmerpflanzen, die wenig Licht brauchen

  • Einblatt
  • Bogenhanf
  • Efeutute
  • Grünlilie
  • Philodendron
  • Monstera

Was also tun, wenn die eigenen vier Wände nicht auf einem Hügel liegen oder als Penthouse mit riesiger Fensterfront daherkommen? Im neuen Film von Wim Wenders, „Perfect Days“, hat der Protagonist für seine Zöglinge eine Pflanzenlampe aufgehängt, die die Pflanzen in lila Licht tauchen. Laut Bercasio sollte das aber erst zum Einsatz kommen, wenn sonst nichts mehr geht: „Wenn alle Stricke reißen, kann man über eine Pflanzenlampe nachdenken. Es gibt viele Pflanzenlampen, die nicht unbedingt lila leuchten, sondern in einem normalen Weißlicht. Wichtig ist nur eine rot-blaue Wellenlänge.“ Es reicht also nicht, einfach eine LED-Lampe über die Pflanze zu hängen.

Bevor kostspielige Technik ins Spiel kommt, sollten Pflanzenbesitzer laut Bercasio eher ein paar Hausmittel ausprobieren. „Eine Hilfe gegen Lichtmangel ist es, die Blätter abzuwischen. Ähnlich, wie wenn wir im Herbst oder Frühling die Fenster putzen. Auch das hilft natürlich, dass mehr Licht in die Wohnung kommt.“ Zum Entstauben der Zimmerpflanzen eignen sich alte Lappen oder Shirts, die ein bisschen befeuchtet werden. Manch ein grüner Daumen schwört auch auf die Innenseite einer Bananenschale, weil die – quasi wie eine gute Gesichtscreme – nicht nur reinigt, sondern auch nachfettet.

Abstauben hilft: Zimmerpflanzen im Winter.
Abstauben hilft: Zimmerpflanzen im Winter. © iStock | FreshSplash

Neben Licht spielt auch die Temperatur bei der Pflanzenpflege eine Rolle. Laut dem Baumarkt Obi „mögen Pflanzen auch im Winter konstante Raumtemperaturen. Hierbei ist es wichtig, dass Zimmerpflanzen nicht im Zug eines offenem oder gekippten Fensters stehen.“ Wie sollten Pflanzenbesitzer vorgehen, die dem Winter entfliehen und länger im Urlaub sind? „Sollten ihre Zimmerpflanzen auskühlen, können sie das ein paar Tage vertragen. Wichtig ist nur, dass Sie die Heizung nicht auf volle Leistung stellen, sobald Sie wieder daheim sind. Die Pflanzen sind sozusagen im Winterschlaf und möchten langsam geweckt werden.“

Zimmerpflanzen richtig gießen: nicht zu viel, nicht zu wenig

Verlieren Zimmerpflanzen die Blätter oder haben anderweitige Probleme, kann es herausfordernd sein, die richtige Diagnose zu stellen. Viele Anzeichen können verschiedene Ursachen haben. „Uns wird in der grünen Branche ja häufig vorgeworfen, wenn man zu drei Gärtnern geht, kriegt man drei verschiedene Antworten“, so Bercasio im Interview mit dieser Redaktion. Ein Beispiel hat sie auch parat: „Hängende Blätter bedeutet eigentlich nur eins. Zu wenig Wasser in den Blattzellen. Aber hier liegt das Missverständnis: Fehlendes Wasser kann zwei Sachen heißen. Es war zu trocken in der Erde. Oder es herrscht Wurzelfäulnis, weil die Erde zu feucht ist. So wird kein Wasser mehr an die Blätter transportiert.“

Man kann sich einfach vorstellen, dass die Blätter Augen haben. Die Pflanze sollte immer aus dem Fenster gucken können. Je mehr Himmel die Pflanze sieht, desto besser sind die Lichtverhältnisse.
Macy Bercasio von „feey“

Weniger Gießen kann also helfen. Muss es aber nicht. Im Winter ist es ja nicht nur dunkler, sondern auch kälter. Die Menschen heizen – und trocknen die Luft aus. Ein weiterer Gegner für Zimmerpflanzen. Neben dem Entstauben sollten die Blätter auch regelmäßig mit Wasser besprüht werden. Am besten kalkfrei, also abkochen oder Regen sammeln. „Trockene Luft führt oft zu visuellen Makel, wie braunen Blatträndern oder -spitzen. Aber die wenigsten sterben daran. Lichtmangel ist die weitaus tödlichere Falle“, erläutert Bercasio.

Sie hat noch einen Tipp für Pflanzen in dunklen Ecken: „Pflanzen an die Fenster schieben, Vorhänge, Gardinen, Rollos weg. Einfach alles tun, damit die Pflanzen intensiver Licht abkriegen.“ Auch wenn das im Winter Grüppchenbildung vor den Fenstern bedeutet. Wer das mit dem richtigen Standort verstanden habe, habe 90 Prozent aller Pflanzen verstanden, erklärt Bercasio. „Wenn man sich beim Standort nicht sicher ist, kann man sich einfach vorstellen, dass die Blätter Augen haben. Die Pflanze sollte immer aus dem Fenster gucken können. Je mehr Himmel die Pflanze sieht, desto besser sind die Lichtverhältnisse.“

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