Berlin. Minusstunden sind das Gegenteil von Überstunden. Nur unter welchen Bedingungen darf der Arbeitgeber sie überhaupt registrieren?

Überstunden sind wohl jedem Arbeitnehmer bekannt, doch das Arbeitsrecht kennt auch das genaue Gegenteil: Minusstunden. Wenn im Unternehmen gerade Leerlauf herrscht und es nicht genug für die Angestellten zu tun gibt, kann es vorkommen, dass Minusstunden aufgebaut werden und der Arbeitnehmer weniger arbeitet, als vertraglich vereinbart wurde. Der Arbeitgeber muss sich im Umgang damit jedoch an einige Vorschriften halten.

Entscheidende Voraussetzung für Minusstunden ist ein Arbeitszeitkonto. Das hängt oft mit einem Arbeitszeiterfassungssystem zusammen, das inzwischen von der EU vorgeschrieben ist. Wichtig ist aber hinsichtlich Minusstunden: Der Arbeitnehmer muss einem Arbeitszeitkonto schriftlich zustimmen, die Zeiterfassung muss also zum Beispiel im Arbeitsvertrag aufgeführt werden.

Minusstunden müssen vom Arbeitnehmer selbst verschuldet werden

Faktisch werden Minusstunden für den Arbeitnehmer aber nur relevant, wenn er sie selbst verschuldet hat. Das kann zum Beispiel passieren, wenn er auf eigene Faust später zur Arbeit erscheint, früher in den Feierabend geht oder die Mittagspause überzieht. Auch private Erledigungen während der Arbeitszeit führen im Regelfall zu Minusstunden. Bevor es aber zu Konsequenzen des Arbeitgebers wie etwa Lohnkürzungen kommen darf, muss der Arbeitnehmer die Möglichkeit bekommen, die Minusstunden nachzuarbeiten.

Minusstunden müssen nachgeholt werden, zum Beispiel, indem man an einem anderen Abend länger arbeitet.
Minusstunden müssen nachgeholt werden, zum Beispiel, indem man an einem anderen Abend länger arbeitet. © Martin Gerten/dpa | Unbekannt

Wenn der Arbeitgeber selbst seine Angestellten früher in den Feierabend schickt, kann er rechtlich gesehen nicht verlangen, dass diese Fehlzeiten später nachgearbeitet werden. Im Arbeitsrecht ist das als Annahmeverzug des Arbeitgebers festgeschrieben, der dann auftritt, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Dadurch können für den Arbeitnehmer also keine Minusstunden entstehen, allein der Arbeitgeber trägt in diesem Fall das wirtschaftliche Risiko.

Überstunden und Minusstunden: Auch bei Saisonarbeitern und Fortbildungen gelten klare Regeln

Wenn allerdings in einem Arbeitsvertrag schwankende Arbeitszeiten festgehalten werden, etwa durch Haupt- und Nebensaison, kann es passieren, dass der Arbeitgeber in ruhigeren Zeiten Minusstunden anordnet, die dann wieder ausgeglichen werden müssen, wenn mehr zu tun ist.

Bei Fortbildungen gilt dasselbe Prinzip wie im normalen Arbeitsalltag: Wenn ein Arbeitnehmer auf eigene Initiative hin Seminare besucht und deshalb nicht arbeiten kann, dürfen ihm dafür Minusstunden angerechnet werden. Wenn allerdings der Arbeitgeber die Fortbildung angeordnet hat, kann er nicht verlangen, dass seine Angestellten die dadurch liegen gebliebene Arbeit nachholen.

Unrechtmäßige Minusstunden dürfen nicht verrechnet werden

Ebenfalls nicht als Minusstunden anrechenbar sind Urlaubs- und Feiertage sowie Krankheitsausfälle unter Vorlage eines ärztlichen Attests. In all diesen Szenarien dürfen auf dem Arbeitszeitkonto keine Fehlzeiten vermerkt werden.

In individuellen Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber kann natürlich immer individuell geregelt werden, wie mit Minusstunden zu verfahren ist und ob es zum Beispiel ein oberes Limit an Fehlzeiten gibt. Eine pauschale gesetzliche Regelung dafür besteht nicht. Jedoch lohnt sich hier ein genauer Blick auf die Vereinbarung, denn es kommt auch immer wieder vor, dass Arbeitgeber unrechtmäßig Minusstunden registrieren.