Berlin. Schwer schnaufend und am liebsten mampfend vor der Kamera: Comedystar Gisa Flake spricht über ihr Los als „dicke Frau im Fernsehen“.

Gisa Flake ist nicht nur als Schauspielerin Millionen Fernsehzuschauern durch beliebte Formate wie „Tatort“, „Polizeiruf 110“, „Systemsprenger“ oder „Ella Schön“ bekannt – die 37-Jährige gehört auch zum Team der ZDF-„heute show“. Die Kabarettistin, die in Berlin wohnt, zählt zu den wenigen Frauen in der männliche dominierten Comedy-Szene. Im Interview erklärt sie, warum es so wenige Frauen gibt. Und wie der Umgang mit „einer dicken Frau“ im Fernsehen ist.

Haben Frauen es schwerer in der Comedyszene?

Gisa Flake: Ja, Frauen müssen sich mehr durchsetzen. Das liegt an unserer Sehgewohnheit und der ist, gerade in der relativ jungen Kunstform Comedy in Deutschland, sehr männlich geprägt. Es liegt also auch am unterschiedlichen Humor von Frauen und Männern – aber auch an der Frage: Wer bucht sie, für Bühne und Fernsehen? Da verändert sich zwar auch gerade etwas. Aber es sind hauptsächlich Männer, die entscheiden, wer bei einer Veranstaltung auftritt.

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Wie sieht er aus, der andere Humor von Frauen und Männern?

Flake: Ich habe den Eindruck, dass Männer meist entweder politisch oder privat in ihren Programmen agieren. Wobei sie auch, wenn sie privat sind, lieber über andere, als über sich sprechen. Frauen beherrschen den Mix von gesellschaftlichen mit privaten Themen besser. Frauencomedy beobachtet genauer. Man denke nur an Ladykracher mit Anke Engelke oder Kroymann von und mit Maren Kroymann. Frauen können besser über sich selbst lachen. Sie haben eindeutig mehr Lust auf Selbstironie.

Privat ist sie ganz anders:: Comedian Gisa Flake, man kennt sie meist schreiend in der „Heute Show“.
Privat ist sie ganz anders:: Comedian Gisa Flake, man kennt sie meist schreiend in der „Heute Show“. © Getty Images | Tristar Media

Sie haben es in die ZDF-Heute-Show geschafft.

Flake: Ja, das war ein Ritterschlag. Und immer noch ein tolles Gefühl, in so einem tollen Team arbeiten zu dürfen.

Da sind Sie eine Frau, die richtig herumschreit.

Flake: Meistens ja... In der Tat. Viele sind überrascht, dass ich privat ganz anders bin. Ich schreie wirklich nie, in Streits bin ich die erste, die heult. Mir sind Freundlichkeit und Höflichkeit sehr wichtig.

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Also eine ganz andere Facette, die schreiende Gisa?

Flake: Auf jeden Fall. Aber darin liegt ja auch gerade die Herausforderung. Ich nutze etwas von mir, was ich sonst selten einsetze. Für eine Schauspielerin ein Geschenk! Aber klar, die ersten Male habe ich mich auch gefragt, ob es nicht auch wieder ein bisschen was mit meinem Körper zu tun hat. Mit meiner Figur wird man eben auch gern festgelegt, auf die eher handfesteren, robusteren Charaktere.

Ach ja?

Flake: Ein Journalist nannte mich gerade die „Nebenrollen-Queen“. Das klingt sehr nett, aber ich spiele eben eher in den Fernsehfilmen Funktionsrollen, mal eine unfreundliche Verkäuferin, mal die faule Mutter. Das bringt die Handlung der Hauptcharaktere weiter, aber ich würde mir schon manchmal wünschen, einer Nebenrolle mehr Handlung und Eigenheiten zu geben und damit die Chance, den Charakter in seiner Gänze zu beleuchten.

Sie spielen die Cottbuser Ermittlerin im „Polizeiruf 110“.

Flake: Das ist, neben der „Heute Show“, ein echtes Geschenk. Da geht es nicht um meinen Körper, da geht es eben darum, eine „echte“ Frau in ihrer Arbeit zu zeigen. Von solchen Rollen können gern mehr kommen.

Wo ist das Problem?

Flake: Hauptdarstellerinnen sehen eben immer noch nicht so aus wie ich…

Aber die Welt ist diverser geworden.

Flake: Da bin ich unfassbar dankbar für! Denn das macht auch das Fernsehen endlich wieder spannend. Aber ehrlich gesagt: Hinsichtlich der Körperformen tut sich eigentlich wenig bis gar nichts.

Das heißt: Sie werden also auf bestimmte Rollen festgelegt?

Flake: Genau, mir wurden schon immer Rollen angeboten, in denen ich 20 Jahre älter bin, schwer schnaufend auf der Treppe stehen bleibe. Oder am besten noch vor der Kamera esse. Auch im Bereich Kostüm muss ich Nachhilfearbeit leisten. Was steht Frauen, die nicht XS tragen? Ich mache den Kostümbildnerinnen keinen Vorwurf, die sind meistens mutiger als die Redaktionen, die gerne das Klischee sehen wollen. Und so trage ich eben oft Wolljacke und schlecht sitzende Oversize-Shirts. Wahrscheinlich trage ich deshalb privat so gerne Kleider…

Werden Sie in Liebesfilmen besetzt?

Flake: Nein. Als dicke Frau im TV ist mein Part: Ich sehne mich nach der großen Liebe – aber werde sie nie bekommen…Wobei es auch Ausnahmen gibt: Bei „Familie Anders“ habe ich gerade, gemeinsam mit meinem Freund, eine disfunktionale Ehe gespielt. Das war toll!

Aber es gibt doch eine Reihe Frauen, die nicht dem Schlankheitsideal entsprechen.

Flake: Im deutschen Fernsehen kann ich die an einer Hand abzählen. Und sie sind sehr oft beschränkt auf einen Typ: rabiat, unsensibel, oder eben hypersensibel, faul, unerfüllt.

Gisa Flake als Kriminalhauptkommissarin Alexandra Luschke im „Polizeiruf 110“ . (Quelle: rbb/Maor Waisburd)
Gisa Flake als Kriminalhauptkommissarin Alexandra Luschke im „Polizeiruf 110“ . (Quelle: rbb/Maor Waisburd) © rbb/Maor Waisburd | rbb/Maor Waisburd

Bei den Männern ist das anders?

Flake: Es gibt auch beim Männerbild einen negativen Trend. Es gibt oft nur noch jung, schlank, gepumpt. Aber es gab eben auch immer mehr Alternativen, man denke da allein an so eine Serie wie „Der Dicke“. So ein Titel wäre bei Frauen unmöglich. Sie sollen auf ihren Körper achten, der bitte schön dünn sein soll, denn alles andere „will man ja nicht sehen“. Was Blödsinn ist, denn Menschen sind Gewohnheitstiere. Je öfter wir diverse Körperformen sehen, desto mehr gewöhnen wir uns daran. Und desto mehr profitiert das Fernsehen davon.

War Ihnen das immer egal, dass sie nicht diesem Schönheitsideal entsprachen?

Flake: Es war mir nicht egal, aber ich wusste, ich bin nicht dieser Typ, der in dieses Muster passt. Zu mir gehört das Dicke. Ich weiß gar nicht so genau, warum, aber ich hatte immer ein tolles Umfeld und durfte so sein, wie ich bin. Vielleicht habe ich auch schon als Kind in den Medien gesehen, wie schlecht gelaunt Diäten machen. Und dann noch der Jojo-Effekt… Wenn es mir gut geht, ich gesund bin, dann ist es für mich so sehr in Ordnung. Ich mache Sport. Ich bewege mich gern. Und mir geht es richtig gut so.