Berlin. Millionen von Touristen zieht es jedes Jahr nach Marokko. Ein Experte erklärt, was man im Umgang mit Land und Leuten beachten muss.

Orientalische Paläste, Sandstrände, Gebirge und Wüstenlandschaften – Marokkos Vielfalt jedes Jahr Millionen von Besuchern an. Im Nordwesten Afrikas gelegen, fasziniert das Land mit seiner spannenden Kultur, abwechslungsreichen Natur und Jahrtausende alter Geschichte. Über 2000 Kilometer erstreckt sich Marokko entlang der Atlantikküste vom Mittelmeer bis an den Rand der Sahara. Im Norden kann man surfen und das Atlas-Gebirge erkunden, im Süden in der Sahara-Wüste auf Kamelen reiten und die Atlantik-Brise genießen.

Nur vier Flugstunden ist Marokko von Deutschland entfernt. Ein Grund mehr, dem "1001 Nacht"-Land beim nächsten Urlaub einen Besuch abzustatten. Aber Vorsicht: Andere Länder, andere Sitten! Wer kultursensibel reisen möchte, sollte einige Dinge beachten. Ein Experte erklärt, welche Verhaltensregeln in Marokko einzuhalten sind.

1. Lange statt kurzer Hose: Bedeckt halten

"In den großen Städten Marokkos kann man sich kleiden wie in Deutschland", erklärt Rachid El Marbouky. Der Reiseberater ist in Marokko geboren und aufgewachsen und bei "Dein Marokko" tätig, einem Veranstalter, der auf Marokko-Reisen spezialisiert ist.

"Viele Marokkaner haben eine westliche Mentalität. In den modernen Vierteln von Städten wie Marrakesch und Casablanca tragen auch viele marokkanische Frauen einen Mini-Rock. In Medina, das bedeutet "alte Stadt", da läuft alles ein bisschen traditioneller". "Medina", die Altstadt eines Ortes ist häufig von Festungsmauern umgeben und bildet den historischen Kern.

Außerhalb der modernen und eher westlich-geprägten Gebiete sollte man sich körperbedeckt kleiden. "In kleinen Dörfern im Atlasgebirge oder in der Wüste ist es besser, egal ob Mann oder Frau, eine lange Hose zu tragen. Damit respektiert man die Einheimischen und deren Kultur." Aufgrund der Klimabedingungen empfiehlt "Dein Marokko" den Reisenden Kleidung aus leichter Baumwolle oder Leinen.

2. Küssen verboten! Verhalten im öffentlichen Raum

Küssen, Umarmen und Händchenhalten ist in Marokko zwar Ausdruck gegenseitiger Zuneigung. Allerdings nur unter Verwandten und Freunden, das heißt, in keinem sexuellen Kontext. Bei Liebespaaren oder zwischen zwei unterschiedlichen Geschlechtern sind körperliche Berührungen in der Öffentlichkeit ein Tabu. Auch LGBTQ-Paare sollten sich auf der Straße Körperkontakt minimieren.

"Marokko hat eine arabische Kultur. Diese ist heute zwar offen und modern, aber bestimmte Dinge sind einfach nicht gerne gesehen. Zum Beispiel das Küssen von Paaren auf der Straße oder auch Hand in Hand Laufen. So etwas gibt es in der marokkanischen Kultur nicht. Solche Verhaltensweisen können Marokkaner richtig schockieren", so Reiseberater El Mabourky.

Das Küssen sowie andere Zärtlichkeiten sollte man also auf das Hotelzimmer verlegen. Das heißt aber nicht, dass Marokko für einen Pärchen-Urlaub ungeeignet ist. Den Marokkanern ist bewusst, dass in westlichen Ländern unverheiratete Paare öffentliche Zuneigung zeigen und gemeinsam reisen.

3. Fotografieren: Bitte erst nachfragen!

Auch beim Fotografieren sollte man die kulturellen und persönlichen Grenzen einhalten. Ohne eine Erlaubnis fotografiert zu werden, missfällt einigen Marokkanern sehr. Es kann sein, dass sie als Gegenleistung für das ungefragte Ablichten sogar Geld verlangen.

"Manche Marokkaner akzeptieren es, fotografiert zu werden und manche finden es gar nicht gut. Das hat religiöse und kulturelle Gründe". Die einzigartigen Landschaften und Denkmäler könne man aber ohne Einschränkungen mit der Kamera festhalten.

4. Trinkgeld: Wann es angebracht ist – und wann nicht

"Marokko ist ein sehr gastfreundliches Land. Wenn Touristen eingeladen werden, denken sie manchmal darüber nach, den Gastgebern Geld zu geben. Bei Einladungen sollte man das aber auf gar keinen Fall tun. Das kann unter Umständen als Beleidigung aufgefasst werden. Auch wenn jemand einem hilft, beim Aufräumen zum Beispiel, sollte man nichts geben".

Anders sieht es in den städtischen Tourismushochburgen aus. "In Marrakesch muss man ein bisschen aufpassen. Wenn man da zum Beispiel den Weg erklärt bekommt, dann erwarten einige Einheimische auch ein Trinkgeld. Wenn Touristen ihnen das dann nicht geben, können sie womöglich ein bisschen aggressiv werden. In den Dörfern und anderen Regionen Marokkos ist das aber nicht so. Da kann man nach Hilfe und der Richtung fragen, ohne dass jemand im Gegenzug Geld verlangt."

5. Mut zum Handeln! Hemmungen fallen lassen

Auf den berühmten marokkanischen Märkten muss man neben einer ausgiebigen Stöberlaune vor allem eines mitbringen: Den Willen zum Handeln! Für viele Europäer ist das Feilschen auf den Bazaren zunächst etwas befremdlich. Man ist aus dem europäischen Einzelhandel schließlich feste Preise gewohnt. Die Hemmungen sollte man aber schnell fallen lassen, wie El Moubrky sagt. "Handeln gehört zur marokkanischen Kultur, es ist wie ein Nationalsport. Ein Händler erwartet immer, dass man handelt. Wenn der Reisende das nicht tut, stört das den Händler."

Bezüglich des Kaufpreises empfiehlt der Experte, sich grob an deutschen Gegebenheiten zu orientieren. "Wenn ein Händler 40 Euro für eine Tasse verlangt, die in Deutschland vielleicht 20 Euro gekostet hätte, dann sollte man mindestens auf die Hälfte des deutschen Preises herunterhandeln."

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6. Arabisch, Französisch, Englisch: So verständigt man sich richtig

In Marokko gibt es zwei Amtssprachen: Arabisch und die Berbersprache Tamazight. Durch die europäischen Einflüsse kann man sich im Land aber auch mit anderen Sprachen verständigen. "Sehr viele Marokkaner sprechen perfekt Französisch und Englisch, vor allem in den großen Touristenstädten. Damit verständigt man sich als Tourist am besten. Beschilderungen sind auf Französisch, Arabisch und Tamazight." Mit Grundkenntnissen in Französisch und Englisch im Gepäck steht dem Zurechtfinden und Austausch von Höflichkeiten nichts im Weg.

7. Bei Alkohol besser zurückhalten

Alkohol spielt in Marokko eine untergeordnete Rolle. Viele Marokkaner trinken im Alltag keinen Alkohol. Der Verkauf in Supermärkten, Geschäften und Bars ist zwar erlaubt, über die Stränge schlagen sollte man aber nicht. „Natürlich ist es nicht gerne gesehen, wenn man auf der Straße jemanden sieht, der viel getrunken hat“, sagt Reiseberater Rachid El Marbouky.

Marokko ist ein muslimisch geprägtes Land. Dementsprechend sollten Touristen Rücksicht auf die religiösen Bräuche und Traditionen der Einheimischen nehmen. Insbesondere während des Fastenmonats Ramadan ist Besuchern daher von öffentlichem Alkoholkonsum abzuraten. Auch demonstratives Essen während der Fastenzeiten ist mancherorts nicht gern gesehen.

8. Nicht-Muslime ist der Zugang zu Moscheen verboten

In Marokko ist es Nicht-Muslimen gesetzlich verboten, Moscheen zu betreten. "Die marokkanische Regierung möchte, dass Moscheen nur für religiöse Zwecke genutzt und von allen kulturellen, touristischen und politischen Aktivitäten ferngehalten werden. Die Moschee von Casablanca ist die einzige Moschee, die für Reisende in Marokko geöffnet ist", so der Experte.

In einigen Touristenregionen darf man Moscheen von außen fotografieren und auch hineinsehen. In abgelegen Dörfern und Orten ist das häufig nicht erlaubt. Ebenfalls nicht betreten darf man die als heilig geltenden Friedhöfe und religiöse Schulen und Klöster.

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Alleine Reisen: Allgemeine Sicherheitshinweise

Wer Marokkos Vielfalt erleben möchte, sollte aber aufgrund von kulturellen Unterschieden keine Hemmungen haben. "Natürlich braucht man manchmal eine kleine Eingewöhnungszeit, weil die Kultur nicht die Gleiche ist wie in Deutschland und Europa. Es ist letztlich wie überall: Man muss sich an die Gewohnheiten und Bräuche des besuchten Landes anpassen."

Auch alleine reisen, sowohl als Frau als auch als Mann, ist unter Berücksichtigung bestimmter Vorsichtsmaßnahmen laut Rachid El Marbouky kein Problem. "Marokko ist auch für weibliche Touristen sicher. Es ist a aber wichtig, sich der kulturellen Normen bewusst zu sein." So solle man Mini-Röcke und Shorts außerhalb der modernen Viertel von Marokkos Großstädten nicht tragen, um keine Blicke auf sich zu lenken.