Istanbul. Bei der Airline soll die Besatzung während des Fluges ihre täglichen Pflichtgebete verrichten können. Wer Bedenken anmeldet, fliegt.

Ahmet Bolat, Vorstandsvorsitzender der türkischen Fluggesellschaft Türk Hava Yollari (THY), will jetzt Vorkehrungen treffen, um seinem fliegenden Personal Gebete an Bord zu ermöglichen. Auf LinkedIn, einem sozialen Netzwerk zur Pflege von Geschäftskontakten, schrieb Bolat, man arbeite an „Regelungen für diejenigen, die ihre Gebetsverpflichtungen im Cockpit und in der Kabine erfüllen wollen“.

Der 63-jährige Bolat ist ein Günstling von Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Seit fast 20 Jahren gehört Bolat zum Management der Fluggesellschaft, die unter der Marke Turkish Airlines fliegt. Sie gehört zu 49 Prozent dem türkischen Staatsfonds. Der ist wiederum direkt Erdogan unterstellt. Der strenggläubige Staatschef will nach eigener Aussage „eine fromme Generation heranziehen“. Die von Erdogan vorangetriebene Islamisierung von Staat und Gesellschaft in der Türkei erreicht nun auch die Cockpits von Turkish Airlines.

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Turkish Airlines: Entscheidung sorgt für Spott in sozialen Netzwerken

Der Name gefällt Erdogan übrigens nicht. Er klingt ihm zu Englisch, eine Sprache, die er nicht beherrscht. Der Staatschef kündigte deshalb bereits im vergangenen Jahr an, dass die Gesellschaft künftig als „Türkiye Hava Yollari“ firmieren wird.

Dass die Airline strikt auf Regierungslinie fliegt, zeigte sich schon vor den Präsidentenwahlen im Mai. Damals feuerte THY-Chef Bolat einen Piloten, der sich in sozialen Medien als Anhänger des Oppositionskandidaten Kemal Kilicdaroglu geoutet hatte.

Präsident Erdogan will die Türkei nach und nach umbauen.
Präsident Erdogan will die Türkei nach und nach umbauen. © Pavel Golovkin/AP/dpa

Nun schlägt das Gebetsthema Wellen in den sozialen Netzwerken. Es hagelt ironische Kommentare. Nutzer fragen, wie man an Bord eines Jets, der mit fast 1000 km/h durch die Zeitzonen rast, die minutengenau vorgeschriebenen und für jeden Ort der Erde anderen Gebetszeiten zuverlässig einhalten könne. Ein anderer schlug vor, die Turkish Airlines-Jets mit drehbaren Cockpits auszurüsten, damit sich die Piloten, wie im Koran vorgeschrieben, gen Mekka verneigen können.

Turkish Airline: Jetzt schon beinahe Schlusslicht bei der Sicherheit

Der Plan wirft tatsächlich Fragen auf: Ist es nicht riskant, wenn beide Piloten gleichzeitig minutenlang Zwiesprache mit Allah halten und für die Fluglotsen nicht ansprechbar sind? Und wenn die von der staatlichen Religionsbehörde genau festgelegte Gebetszeit in kritische Flugphasen während Start und Landung fällt, was ist dann wichtiger: das Seelenheil der Piloten oder das Leben der Passagiere?

Unumstritten sind die Gebetspläne deshalb auch im Unternehmen nicht, wie jetzt das Onlineportal Gazete Duvar berichtete. Danach wurde kürzlich ein Flugkapitän gefeuert, der seinem frommen Copiloten gesagt haben soll, er könne nach der Landung beten.

Dabei ist Beten ist vielleicht gar keine schlechte Idee auf einem Flug mit Turkish Airlines. Im jüngsten Sicherheitsranking der Flugsicherheits-Datenbank Jacdec landet die Gesellschaft im Sicherheitsranking unter 25 großen internationalen Airlines auf Platz 24. Schlechter schneidet nur die russische Aeroflot ab.

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