Berlin. In einer neuen Folge von „Lanz & Precht“ entschuldigt sich der Philosoph. Markus Lanz zeigt sich jedoch „überrascht“ von den Vorwürfen

Richard David Precht hatte dringenden Redebedarf. Nach den Antisemitismus-Vorwürfen gegen den Philosophen ist die neueste Ausgabe des Podcasts „Lanz & Precht“ zwei Tage früher als geplant veröffentlicht worden. Darin versucht der Bestseller-Autor, seine umstrittenen Äußerungen zu erklären und bittet um Entschuldigung.

Der Satz, der für Empörung bei Zuhörern und in der jüdischen Gemeinschaft gesorgt hatte, sei „falsch“ gewesen, erklärt Precht nach etwas mehr als drei Minuten, als er erstmals zu Wort kommt. „Das war so salopp dahergeredet. Und das entspricht nicht den Fakten. Der ganze Sachverhalt ist deutlich komplizierter.“ Er wolle sich bei allen entschuldigen, „die darin etwas Antisemitisches gesehen haben, denn Antisemitismus ist mir so fern wie kaum etwas anderes.“

Richard David Precht: Dieser Satz löste Empörung aus

In der Folge vom 13. Oktober hatte Precht behauptet, ultraorthodoxen Juden sei es aus religiösen Gründen untersagt zu arbeiten – „außer ein paar Dingen wie Diamanthandel und Finanzgeschäfte“. Die Kritik folgte unmittelbar. Der Philosoph habe damit antisemitische Stereotype bedient.

Precht und sein Podcast-Partner Markus Lanz versuchten nun selbst zu erklären, wieso der Satz nie hätte fallen sollen. Der Philosoph führte aus: „Was falsch daran ist, das war mir im Grunde auch klar: Es gibt natürlich kein religiöses Verbot, arbeiten zu dürfen. Das geschieht quasi freiwillig. Es kann natürlich kein religiöses Gebot geben, das Diamantenhandel erlaubt, das war Quatsch, denn zu Thora-Zeiten gab es gar keinen Diamantenhandel.“

Precht hat Verständnis für starke Kritik – Lanz zeigt sich irritiert

Precht erklärt, ihm seien die tatsächlichen Hintergründe eigentlich bekannt gewesen. „Der Hauptgrund, warum Juden nicht gearbeitet haben, war, dass sie ausgeschlossen waren aus den Zünften und den Gilden im Mittelalter, dass sie aus den Handwerksberufen gedrängt oder gar nicht zugelassen wurden. Und dass sie dann ausgewichen sind in mehrere Tätigkeiten, nämlich unter anderem Finanzgeschäfte.“ Die Verkürzung sei vor dem Hintergrund von Eindrücken entstanden, die bei Reisen nach Williamsburg im New Yorker Stadtteil Brooklyn und nach Antwerpen (Belgien) entstanden seien. Er könne die deutliche Kritik aber nachvollziehen.

Weniger Verständnis für die Schärfe der Vorwürfe zeigte Lanz. „Ich war sehr überrascht über die Heftigkeit der Anwürfe. Mich hat vor allem getroffen, dass du in Windeseile zum Antisemiten umetikettiert worden bist, weil ich aus persönlichen Gesprächen weiß, dass du alles bist, aber sicher kein Antisemit.“ Auch er räumte aber ein, dass Sätze gefallen seien, die „mindestens missverständlich waren“.

ZDF entfernte Passage aus „Lanz & Precht“-Podcast

Das ZDF hatte die betroffene Passage aus der Podcast-Folge vom vergangenen Freitag nach der Veröffentlichung entfernt. Der Sender bedaure, dass die Passage Kritik ausgelöst hat, hatte das ZDF beim Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) mitgeteilt. In der aktualisierten Beschreibung zur Folge heißt es, es seien „komplexe Zusammenhänge verkürzt dargestellt“ worden, was „missverständlich interpretiert“ werden konnte.

Diese Anmerkung stelle keine Abhilfe, sondern eine „Verdrehung des Sachverhaltes“ dar, hatte Volker Beck, Geschäftsführer des Tikvah Instituts, in einer Pressemitteilung erklärt. „Es wurden nicht ‚komplexe Zusammenhänge verkürzt dargestellt‘. Es wurden antisemitische Gerüchte und Fehlinformationen weitererzählt“, sagte Beck. Das Institut habe eine Programmbeschwerde eingelegt. Wie das ZDF dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage am Mittwoch mitteilte, gingen zu der Podcast-Folge bisher Programmbeschwerden „im einstelligen Bereich“ ein. (bün/mit dpa)