Gerlinde Sommer über Uneinigkeit in der Hymnenfrage.

Einigkeit und Recht und Freiheit ... Wer sollte etwas dagegen haben? Das Problem ist vor allem die erste Strophe.

Ich erinnere mich noch ganz genau, wann ich erstmals Menschen unter freiem Himmel diese erste Strophe habe singen hören: Es war auf dem Gothaer Hauptmarkt im Sommer 1990, als Deutschland Fußball-Weltmeister geworden war. Es handelte sich bei den Spontansängern überwiegend um junge Männer, die auf diese Weise feiern wollten. Sie waren – obwohl in der DDR aufgewachsen – textsicher.

Eigentlich hätte ich die erste Strophe schon zu Schulzeiten in Baden-Württemberg hören sollen. Doch der Plan der Regierung Filbinger, eine Schallplatte mit allen drei Strophen, eingesungen von Heino, an die Schulen verteilen zu lassen, wurde dann doch noch fallen gelassen. Nur verboten wurde die erste Strophe nie.

Es hätte 1990 womöglich den historischen Moment für eine Veränderung der Hymne gegeben – eine Verschmelzung von Ost- und Westlied war immer wieder im Gespräch. Nun wird wieder ums Lied gestritten.

Ich habe in dieser Hinsicht nur zwei Wünsche: Es sollte geklärt werden, dass die erste Strophe nicht gesungen werden darf. Das ist leider nicht der Fall. Übrigens: Die zweite Strophe, die sich um Sex und Alkohol rankt, braucht auch keiner.

Und in der dritten Strophe könnte vom Heimatland die Rede sein. Nichts gegen die Väter, aber die Mütter sind längst gleichberechtigt, wenn es um Einigkeit und Recht und Freiheit in diesem Land geht.

g.sommer@tlz.de