Gerlinde Sommer über einen Anschlag auf die freie Gesellschaft.

Ein schwerbewaffneter Mann in Kampfmontur auf der Straße. Schüsse. Ein Mörder unter uns. Die Tat von Halle hat womöglich staatsgefährdenden Charakter, heißt es vonseiten der Bundesanwaltschaft. Kann sein, dass die Attacke im Kern gegen Menschen jüdischen Glaubens gerichtet war. Aber gemeint sind wir: alle, die für eine freie, demokratische Gesellschaft einstehen.

Der perfide Plan ist, in diesem Land Angst und Schrecken zu verbreiten und so für eine grundlegende Verunsicherung zu sorgen.

An diesem 9. Oktober, an dem in Halle/Saale – und nicht nur dort – Schüsse fallen, ist Jom Kippur, Versöhnungstag. Es ist aber auch der Tag, an dem der Selbstermächtigung vor 30 Jahren gedacht wird: Am 9. Oktober 1989 wagten sich Zehntausende in Leipzig auf den Ring: Wir sind das Volk. Eine Absage an den Unrechtsstaat.

Ein großer Tag der deutschen Geschichte. Und: ein Land, in dem sich Risse auftun. So sagt es am Vormittag der Bundespräsident in Leipzig. Nur wenige Stunden später, nur wenige Kilometer entfernt wird es diese mörderische Attacke an der Synagoge in Halle geben. Zwei Menschen werden erschossen. Ein Tatverdächtiger kann bald festgenommen werden. Hintermänner? Mittäter?

Die Nachrichten überschlagen sich. Manches erinnert an den Täter von Christchurch im März, als in zwei Moscheen mehr als 50 Menschen ermordet und noch einmal so viele verletzt wurden.

Der staatsgefährdende Charakter solcher Anschläge wiegt mittlerweile weltweit schwer.