Berlin. Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen sind kein rein deutsches Phänomen. EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit will jetzt schnell handeln.
Nach den Corona-Ausbrüchen in deutschen Schlachthöfen will die EU-Kommission jetzt rasch auf europäischer Ebene das Problem schlechter Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie angehen. EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit sagte unserer Redaktion, die Kommission werde mit den EU-Staaten über das Problem schlecht abgesicherter Saisonarbeiter und die Umgehung von Sozialstandards sprechen.
„Wir müssen jetzt schnell handeln und können nicht jahrelang über Gesetzestexte reden“, betonte der Kommissar. Andere EU-Mitgliedsländer hätten schon vor Jahren Beschwerden über die deutsche Fleischindustrie wegen unlauteren Wettbewerbs eingereicht. „Aber sozial schlecht abgesicherte und diskriminierte Saisonarbeiter gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen EU-Staaten, etwa in den Niederlanden oder in Südeuropa“, erklärte Schmit.
Lesen Sie dazu den Kommentar: Das Schweinesystem der Fleischproduktion muss sich ändern
Corona-Ausbruch bei Tönnies facht Debatte an
Die Debatte um schlechte Arbeitsbedingungen war durch den Corona-Ausbruch beim deutschen Branchenriesen Tönnies angefacht worden. Der Kommissar beklagte eine fragwürdige Vorgehensweise von Unternehmen, die dazu führe, dass die betroffenen Arbeitnehmer meist nicht unter die EU-Entsenderichtlinie fallen würden - dann würden sie gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten. Stattdessen würden die Saisonarbeiter nicht bei einem ausländischen, sondern bei einem inländischen Subunternehmen angestellt.
Lesen Sie dazu: Tönnies und Co.: Das ist das Problem mit den Werksverträgen
Schmit kündigte Leitlinien der Kommission an, die die Umgehung von EU-Sozialstandards verhindern sollen. Gegebenenfalls könne die Kommission auch mit einer Richtlinie gegen die Praxis vorgehen. „Wir können nicht zulassen, dass zigtausende Arbeitnehmer durch das Netz fallen“, sagte Schmit. In Deutschland hat die Bundesregierung ein Verbot von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassungen in der Fleischindustrie angekündigt, die Branche läuft aber dagegen Sturm.
Auch interessant: Clemens Tönnies: Wie tickt der Chef des Fleisch-Imperiums
Corona-Ausbrüche in irischen, spanischen und britischen Schlachthöfen
Zu Corona-Ausbrüchen kommt es nicht nur in Schlachtbetrieben in Deutschland, sondern auch in anderen Staaten Europas. Das geht aus einer Übersicht der EU-Behörde für Krankheitsbekämpfung (ECDC) hervor, die unserer Redaktion vorliegt.
Danach wurden in den vergangenen Wochen in mehreren europäischen Staaten Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen und Fleischfabriken registriert - darunter in Irland mit insgesamt 560 betroffenen Beschäftigten, in Spanien mit rund 200 Mitarbeitern und in Großbritannien. Es bestehe in diesen Einrichtungen ein erhöhtes Risiko für die Ausbreitung von Atemwegserkrankungen wie Covid-19, heißt es in dem Bericht.
Lesen Sie auch: Grillfleisch-Test – Dabei sind Edeka und Netto „mangelhaft“
Coronavirus – Mehr zum Thema:
- Alle News im Überblick: Aktuelle Nachrichten zum Coronavirus im News-Ticker
- Aktuelle Zahlen: Aktuelle RKI-Fallzahlen und Corona-Reproduktionsfaktor
- Konjunkturpaket beschlossen: Alle Punkte des Corona-Konjunkturpakets
- Mehr Geld für Eltern: So kriegen Eltern den Kinderbonus in der Corona-Krise
- Weniger Steuern zahlen: Das müssen sie zur Senkung der Mehrwertsteuer in der Corona-Krise wissen
- Reisen im Inland: Alles Wichtige zu Urlaub in Deutschland - trotz Corona
- Reisen ins Ausland: Sommerurlaub im Ausland: In welchen Ländern jetzt was gilt
- Wer ist besonders gefährdet? Coronavirus – Menschen mit diesen Vorerkrankungen sind gefährdeter
- Informationen zur Corona-Warn-App: Die Corona-Warn-App ist da: Was man jetzt wissen muss
- Welche Technologie steckt hinter der Corona-App? So funktioniert die Corona-Warn-App der Regierung