Erfurt. Im Internet bekennt sich ein „Kommando Paul Schäfer“ zu dem Überfall. Bis zu fünf Personen drangen in die Wohnung eines mutmaßlichen Neonazis ein:

Nach einem Überfall in einer Erfurter Wohnung durch als Polizisten getarnte Täter prüft die Polizei ein mögliches Bekennerschreiben. Die Polizei untersucht Inhalt und Echtheit des am Freitagabend auf der Online-Plattform Indymedia.org veröffentlichten Schreibens, wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte.

Bei dem Überfall in der Nacht zum Freitag waren nach Polizeiangaben vier bis fünf Unbekannte in die Wohnung eingedrungen und hatten die dort Schlafenden - laut Ministerium zwei Personen - überwältigt.

Bis zu fünf Unbekannte sollen in Wohnung eines Neonazis eingedrungen sein

Nach Angaben des Senders MDR Thüringen handelt es sich bei den Opfern um einen 25-jährigen, polizeibekannten Rechtsextremisten und dessen Freundin. Die Erfurter Kriminalpolizei ermittelt wegen Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung. Ein politisches Motiv wird demnach nicht ausgeschlossen.

Dem Sender zufolge wird das Opfer von Polizei und Verfassungsschutz der gewaltbereiten rechtsextremen Hooligan-Szene zugeordnet. Der Mann soll unter anderem am Überfall auf eine Gruppe Jugendlicher vor der Thüringer Staatskanzlei im Sommer vergangenen Jahres beteiligt gewesen sein.

Bei dem Vorfall am Freitagabend sollen die Täter laut MDR die Wohnung des Mannes mit einer Ramme aufgebrochen, ihn dann gefesselt, mit Chlor übergossen und ihm ein Bein gebrochen haben. Der Ministeriumssprecher wollte die MDR-Angaben am Samstag weder bestätigen noch dementieren. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten zu den Opfern und zu den Verletzungen keine Angaben gemacht.

Überfall als „Operation Wespennest“ bezeichnet

In dem Bekennerschreiben auf dem Internetportal Indymedia.org bekennt sich ein „Kommando Paul Schäfer“ zu dem Überfall, der dort als „Operation Wespennest“ bezeichnet wird. Schäfer war ein deutscher Kommunist, der während des Nationalsozialismus in die Sowjetunion emigrierte und dort hingerichtet wurde.

Innenminister Maier: "Neue Eskalatationsstufe"

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hatte nach dem Überfall und nach einem Brandanschlag auf ein von der rechtsextremen Szene genutztes Gasthaus in Kloster Veßra (Kreis Hildburghausen) ebenfalls am Freitag von einer neuen Eskalationsstufe gesprochen. Bei diesen Straftaten würden Gefahren für Leib und Leben billigend in Kauf genommen.

„Was in Thüringen passiert, lässt zumindest darauf deuten, dass es Anzeichen gibt für Terrorismus“, sagte der CDU-Innenexperte Raymond Walk dieser Zeitung. Er begrüßte die Einrichtung der von ihm länger geforderten zentralen Ermittlungsgruppe.

Der AfD-Abgeordnete Ringo Mühlmann meinte, die Verharmlosung linksextremistischer Straftaten durch die Landesregierung und die anderen Landtagsfraktionen müsse ein Ende haben.

Der Brand am Freitag war der dritte auf einen rechten Szenetreff innerhalb weniger Wochen in Thüringen. Zum Zeitpunkt des Brandes hatten sich laut Polizei drei Männer und eine Frau in dem Gasthof aufgehalten, sie konnten sich unverletzt ins Freie retten. Einen zweiten Brandherd gab es vor einem Imbiss neben der Gaststätte. Die Polizei geht von Brandstiftung aus, auch in den vorangegangenen Fällen in Guthmannshausen (Kreis Sömmerda) und Sonneberg wird wegen Brandstiftung ermittelt.

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