Erfurt. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) will nach der Landtagswahl im kommenden Jahr aufhören. Pläne für die Zeit danach hat er schon.

Nach seiner politischen Karriere will sich Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) verstärkt in sozialen Projekten engagieren. „Mich treibt zum Beispiel schon lange um, wie viele junge Menschen die Schule abbrechen oder sich der Schule ganz verweigern“, sagte Tiefensee dem „Freien Wort“. Er selbst habe in seinem Leben „großartige Chancen“ gehabt, weil er aus einem behüteten Elternhaus komme. „Es gibt ganz viele, die nicht solches Glück haben. Denen möchte ich in Zukunft viel stärker als zuletzt helfen“, sagte er.

Zugleich bekräftigte der 68-Jährige, dass er bis zum Ende der aktuellen Legislatur Wirtschaftsminister bleiben will und anschließend auch noch solange einer geschäftsführenden Landesregierung angehören will, bis sich eine neue gebildet hat.

Tiefensee sprach sich dafür aus, neue Formen der Bürgerbeteiligung zu erproben. „Wir müssen Wege finden, Menschen auch jenseits der regulären Wahlen Einflussmöglichkeiten zum Beispiel auf Gesetze zu bieten.“ Dabei könnten soziale Medien eine „positive Rolle spielen“, sagte der SPD-Politiker. „Entwickelt man Bürgerräte weiter und verbreitert sie internetbasiert und nur für die, die sich zuvor gründlich mit einer Materie beschäftigt haben, kann man mehr Argumente aufnehmen, die Menschen zu bestimmten Sachfragen vorbringen.“

Lange sei er der Meinung gewesen, dass die repräsentative Demokratie ausreichend sei, um Deutschland zu gestalten. „Spätestens seit der Landtagswahl 2019 bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass das nicht mehr reicht.“ Die Landtagswahl 2019 in Thüringen endete mit einem politisch äußerst komplizierten Ergebnis. Die bis dahin regierende Koalition aus Linke, SPD und Grünen verfehlte eine Mehrheit.

Zugleich boten sich kaum andere Möglichkeiten zur Bildung einer stabilen Regierung: Eine Zusammenarbeit mit der AfD schlossen alle Parteien aus. CDU und FDP verweigerten zudem eine Zusammenarbeit mit der Linken. Inzwischen führt Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung, die im Parlament auf Stimmen aus den Reihen der Opposition angewiesen ist.