Erfurt. Ministerpräsident Bodo Ramelow sieht den hohen AfD-Wert auch als mögliche Folge der öffentlichen Darstellung der Landratswahl im südthüringischen Sonneberg.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat davor gewarnt, das Umfragehoch der AfD als ostdeutsches Phänomen zu stigmatisieren. "In vielen Bundesländern gibt es eine ähnliche Tendenz, in West und Ost", sagte Ramelow am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Empörung und Alarmismus würden da wenig helfen - "das führt nicht dazu, zu reflektieren, was gesellschaftlich falsch läuft". Die Thüringer AfD zeigt nach Auffassung von Ramelow, "wie sich die AfD zu einer modernen faschistischen Partei wandelt".

In einer repräsentativen Umfrage für den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) kam die AfD aktuell auf einen neuen Höchstwert von 34 Prozent in Thüringen. Vom Landesamt für Verfassungsschutz wird die Partei mit ihrem Chef Björn Höcke als erwiesen rechtsextrem eingestuft und beobachtet.

Der AfD-Umfragewert sollte Anlass sein, über Ängste und Anzeichen einer permanenten Überforderung vieler Menschen - beginnend mit der Corona-Pandemie - nachzudenken, sagte Thüringens Regierungschef. Das gelte auch für Fehler "wie wir politisch kommunizieren". Dafür sei die Debatte über das Heizungsgesetz der Bundesregierung nur ein Beispiel.

Ramelow räumt Fehler von Rot-Rot-Grün ein

Ramelow sieht den hohen AfD-Wert - er liegt nur knapp unter den zusammen 35 Prozent seiner Minderheitskoalition von Linke, SPD und Grüne - auch als mögliche Folge der öffentlichen Darstellung der Landratswahl im südthüringischen Sonneberg, bei der Ende Juni erstmals in Deutschland ein AfD-Kandidat gewählt wurde.

Der Regierungschef räumte aber auch Fehler seiner rot-rot-grünen Koalition in den vergangenen Monaten ein. Die Umfrage ergab, dass die Zufriedenheit mit der Landesregierung derzeit bei 37 Prozent liegt - dem schlechtesten von infratest-dimap bisher für die Thüringer Regierungskoalition ermittelten Wert. "Ich nehme diesen Wert persönlich sehr ernst und werde das auch in der Koalition besprechen in den nächsten Tagen." Es müsste künftig schneller umgesetzt werden, was beschlossen sei. Viel zu schleppend sei das bei der Zusage erfolgt, dass das Land die Kosten für Flüchtlingsunterkünfte übernimmt, die die Kommunen vorhalten.

Die AfD erhielt bei der Umfrage 9 Prozentpunkte mehr als bei der letzten Befragung vor rund einem Jahr. Die CDU kam mit 21 Prozent (minus 1 Prozentpunkt) auf dem zweiten Platz - knapp vor der Linken, für die derzeit 20 Prozent der Befragten (minus 2) stimmen würden.

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