Berlin. Die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und in den Bezirken müssen wiederholt werden. Das hat das Landesverfassungsgericht entschieden.

Die Berliner Wahlen vom September 2021 müssen komplett wiederholt werden. Dieses Urteil hat das Landesverfassungsgericht am Mittwoch als Reaktion auf die vielen Pannen verkündet. Voraussichtlich am 12. Februar 2023 sollen die Berliner erneut über die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses und der zwölf Bezirksverordnetenversammlungen abstimmen.

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"Die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen vom 26.9. 2021 werden im gesamten Wahlgebiet für ungültig erklärt", sagte die Vorsitzende Ludgera Selting. Der Verfassungsgerichtshof von Berlin habe alleine über die Gültigkeit der Wahl zu entscheiden. Anders als im Bund und den anderen Bundesländern sei die Wahlprüfung in Berlin "als einstufiges Verfahren ausgestaltet".

Das Verfassungsgericht sei die "einzige Kontrollinstanz", sagte Ludgera Selting. Eine Vorlage der Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht sei nicht geboten.

Ermittelte Wahlfehler "nur Spitze des Eisbergs"

Mit der Entscheidung bleibt das oberste Berliner Gericht bei seiner Einschätzung, die die Vorsitzende Ludgera Selting schon vor der mündlichen Verhandlung Ende September vorgetragen hatte. Die ermittelten Wahlfehler seien nur die "Spitze des Eisbergs" gewesen, sagte Selting seinerzeit und rügte die allgemein fehlerhafte Organisation der Wahlen. Um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Demokratie wieder herzustellen, komme eine vollständige Wiederholung in Betracht. An dieser Bewertung hat das Landesverfassungsgericht nun entgegen der Meinung vieler Rechtsgelehrter festgehalten.

Am 26. September 2021 waren in Berlin auch der Bundestag und die zwölf Bezirksparlamente neu gewählt worden. Hinzu kam noch ein Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnkonzerne. Nebenher lief außerdem der Berlin-Marathon.

In Pankow wurden die Wahlpannen im vergangenen September noch am Abend der Urnengangs überdeutlich. Nun müssen sich Lokalpolitiker für eine Wiederholung rüsten.
In Pankow wurden die Wahlpannen im vergangenen September noch am Abend der Urnengangs überdeutlich. Nun müssen sich Lokalpolitiker für eine Wiederholung rüsten. © dpa | Hauke-Christian Dittrich

Folge dieser Ballung und schlechter Vorbereitung waren massive Probleme, etwa falsche oder fehlende Stimmzettel und zu wenige Wahlurnen. Zum Teil stimmten Wähler noch nach 18 Uhr oder etwa auf eilig kopierten Stimmzetteln ab.

Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) versprach nun eine reibungslose Wahlwiederholung. Bei den Wahlen vom 26. September 2021 seien Fehler passiert, die nicht hätten passieren dürfen, sagte Giffey. Sie schmerze, dass die Wahl bestehende "Klischees über Berlin" bestätigt habe. Es werde kein Aufwand gescheut – weder organisatorisch noch finanziell, erklärte die Bürgermeisterin am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Abgeordnetenhaus. Dies dürften die Berlinerinnen und Berliner von Senat und Bezirken erwarten.

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Möglicher Wahltermin ist der 12. Februar 2023

Eine Wiederholung der Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten muss nun innerhalb von 90 Tagen erfolgen. Als wahrscheinlicher Termin gilt der 12. Februar. Seine Vorgängerin war nach dem Berliner Wahlchaos im vergangenen Herbst zurückgetreten.

Der Bundestag hat bereits beschlossen, dass zumindest für einen Teil der Berliner eine Wiederholung der Wahl zum Bundestag nötig ist. Unklar ist aber noch, wann die Teilwiederholung erfolgen wird. Die Parteien im Bundestag gehen davon aus, dass der Beschluss vor dem Bundesverfassungsgericht angefochten wird.

Sollten die Beschwerden ausbleiben, so wird die Entscheidung des Bundestages nach Angaben des Bundeswahlleiters im Januar 2023 bestandskräftig. Die Wiederholung der Bundestagswahl müsse dann spätestens nach 60 Tagen durchgeführt werden. Laut Thiel wäre der 5. März 2023 dementsprechend der letztmögliche Termin. Der genaue Termin wird vom Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler festgelegt. (jof)