Berlin. Sie sind progressiv, wertkonservativ oder beliebt unter Querdenkern: Die Spanne der Kleinparteien ist groß. Wir stellen sechs vor.

40 Kleinparteien treten bei der Bundestagswahl an – so viele wie noch nie. Einige davon dürften nur Politik-Insidern bekannt sein. Oder haben Sie schon mal von der "V-Partei³", "Liebe" oder der "Hip-Hop-Partei" gehört? Welche Rolle spielen die kleinen politischen Organisationen bei der Wahl am 26. September?

Oskar Niedermayer, Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin, vermutet, "dass die kleinen Parteien bei der Wahl gegenüber 2017 eher an Stimmen gewinnen werden."Zudem sorge die abnehmende Bindungskraft der großen Parteien für größere Chancen, "bestimmte Partikularinteressen in Parteiform zu vertreten." In der Nähe der Fünfprozenthürde, die den Einzug in den Bundestag ermöglicht, sieht Niedermayer aber keine dieser Parteien.

Eine stärkere EU, Tierrechte im Grundgesetz oder „Wirecard für Alle“: Was sechs Kleinparteien wollen und wofür sie stehen - das lesen Sie in unserem Überblick.

Die "Tierschutzpartei"

Die "PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ", kurz "Tierschutzpartei", gibt es seit 1993. Im Fokus stehen, wie der Name schon sagt, Tierschutz und eine Forderung nach der Verankerung von Tierrechten im Grundgesetz. Die Partei nimmt jedoch auch zu anderen Themen Stellung, so fordert sie beispielsweise eine bessere Unterstützung sozialschwacher Menschen, eine Vereinfachung der gesetzlichen Regelung zur Adoption oder aber ein Verbot von Gentechnik und eine strengere Bestrafung von Umweltkriminalität.

Der Bundesvorsitzende der Partei, Robert Gabel, erklärt dazu: „Wir sprechen die gravierenden Fehlentwicklungen in den Bereichen Tierschutz, Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit klar an.“ Nach eigenen Angaben verzeichnet die Tierschutzpartei rund 2.000 Mitglieder.

Die "Volt"-Partei

Es war im März 2017, als ein Italiener, eine Französin und ein Deutscher als Reaktion auf den Brexit die pan-europäische Partei "Volt" gründeten. Sie will "neue Formen der europäischen Zusammenarbeit" etablieren und das Verhältnis der EU-Länder intensivieren.

Weitere thematische Schwerpunkte: Klimaschutz und Digitalisierung. Die Bundestagswahl sei eine "einmalige Chance", Deutschland und Europa neu zu gestalten. "Mit einem europäischen Grundsatzprogramm setzt sich Volt mittlerweile in 30 europäischen Ländern für eine progressive, evidenzbasierte Politik und ein reformiertes Europa ein", sagt Rebekka Müller, Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl.

In Deutschland kommt Volt auf ungefähr 2.800 Mitglieder. Im März ist die Partei in den Niederlanden zum ersten Mal in ein nationales Parlament eingezogen.

Die "Piratenpartei"

Die "Piratenpartei" entstand ursprünglich als Partei für Digitalisierung und Netzpolitik. Mittlerweile beinhaltete das Themenfeld der Partei mit etwas über 6.000 Mitgliedern weitere Schwerpunkte. Dazu gehören Freiheit und Grundrechte, Bildung, Gesundheit und Pflege, Klima, Umwelt und Energie sowie Arbeit und Soziales. Die Partei sieht sich als Teil einer "transnationalen politischen Bewegung". Sie fordert unter anderem einen freien Zugang zu Wissen und digitalen Informationen und tritt für einen starken Datenschutz im Internet ein.

Die "ÖDP"

Bereits seit 1982 gibt es die "ÖDP" (Ökologisch-Demokratische-Partei). Sie konzentriert sich auf Umweltpolitik, nimmt aber auch wertkonservative Positionen ein. Das Parteiprogramm ist vom Leitsatz "Achtung vor dem Leben" geprägt. Die Partei fordert Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energien bis 2030 und setzt sich für eine nachhaltige und faire Wirtschaft ein. Mit einigen direktdemokratischen Projekten erlangte sie mediale Aufmerksamkeit. Skeptisch steht sie unter anderem Schwangerschaftsabbrüchen und aktiver Sterbehilfe gegenüber. Bei der Bundestagswahl 2017 kam die ÖDP auf 0,3 Prozent. Sie hat rund 8.000 Mitglieder.

Partei "Die Basis"

Aus den Protesten gegen die Corona-Auflagen entstand die umstrittene "Basisdemokratische Partei Deutschlands", kurz "Die Basis". Sie wurde im September 2020 gegründet und gilt als Auffangbecken für Anhänger aus dem Dunstkreis der "Querdenker"-Szene.

Laut Bundeszentrale für politische Bildung ist Die Basis im Parteienspektrum "nicht eindeutig verortbar". Äußerungen wie, die Politik werde von Großkonzernen gelenkt, seien als populistisch einzustufen. Die Partei fürchtet einen "Impfzwang", betrachtet das 5G-Mobilfunknetz als gesundheitsgefährdend und sieht die Grundrechte durch die Verordnung der Corona-Schutzmaßnahmen bedroht. Zahl der Mitglieder nach eigenen Angaben: 25.000.

"Die Partei"

Sie fordert ein Existenzmaximum von 10 Millionen Euro, ein Photoshop-Verbot und "Wirecard für alle!" – "Die Partei" ist eine satirische Partei und macht vor allem mit kontroversen Aktionen und Parodien anderer Parteien auf sich aufmerksam.

Vorsitzender ist der frühere "TITANIC"-Chefredakteur Martin Sonneborn. Immer wieder provoziert Die Partei mit umstrittenen Wahlplakaten, unter anderem auch mit doppeldeutigen Aufschriften wie "Nazis töten!". In Bezug auf die Anzahl der Mitglieder gibt es keine verlässlichen Informationen.

Lesen Sie auch: PR-Agentur versprach Sonneborn-Partei Wahlkampfhilfen