Berlin. Weil Schulen und Kitas im Lockdown geschlossen sind, müssen viele Eltern ihre Kinder betreuen. Können sie dafür Sonderurlaub nehmen?
- Besonders für berufstätige Eltern ist der Lockdown eine große Herausforderung
- Der Grund: Schulen und Kitas sind noch immer geschlossen und Kinder müssen zuhause betreut werden
- Zur Entlastung von Müttern und Vätern hat die Regierung die Regelungen für Sonderurlaub angepasst
Harte Zeiten für Familien: Kitas und Schulen sind im Corona-Lockdown weitgehend geschlossen. Dadurch sollen die Kontakte deutlich eingeschränkt werden. Die Pandemie macht Millionen Kinder und Jugendliche zu Stubenhockern.
Wenn Eltern wegen der Kinderbetreuung Sonderurlaub nehmen müssen, sollen sie nach einem Gesetzentwurf der Bundesregierung auch dann einen Anspruch auf Entschädigung bei Lohneinbußen haben, wenn in Schulen nur die Präsenzpflicht ausgesetzt wird. Bisher gilt das nur bei Kita- und Schulschließungen. In der Pflicht sind für Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) derweil aber auch die Arbeitgeber. Lesen Sie auch: Corona-Lockdown - Wann dürfen Friseure wieder öffnen?
Kitas und Schulen sollen als erste Einrichtungen wieder öffnen – im Prinzip
Seit Mitte Dezember sind Kitas und Schulen weitgehend geschlossen. Sie sollen laut Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) als erste Einrichtungen den Betrieb wieder aufnehmen. Gegenüber RTL erklärte er: „Das haben wir immer gesagt. Das ist das Letzte, was wir schließen, und das Erste, was wir öffnen.“ Was das heißt: unklar. Planungssicherheit sieht anders aus. Lesen Sie dazu: Corona-Lockdown: So will Giffey die Kitas wieder öffnen
Einige Länder wie etwa Nordrhein-Westfalen hatten die Präsenzpflicht in den Schulen bereits vor dem bundesweiten Lockdown aufgehoben. Notfallbetreuung- und versorgung und Distanzlernen wurden angeboten. Es gibt aber von Land zu Land Unterschiede. Das gilt ebenso für die digitalen Unterrichtsangebote. Von der Notbetreuung profitieren bestimmte Personen, zum Beispiel Eltern in systemrelevanten Berufen – eine Notversorgung gilt ausnahmslos für alle Eltern.
Ausnahmen soll es zudem für Abschlussjahrgänge geben – etwa Zehntklässler oder Abiturienten. „Die massiven Einschränkungen werden berufstätigen Eltern wieder viel abverlangen“, sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) unserer Redaktion. Verlässlichkeit und klare Perspektiven seien jetzt wichtig: „Auch wenn Schulen und Kitas jetzt grundsätzlich nur eingeschränkt Angebote machen können, sollte eine Notversorgung sichergestellt werden für Eltern, die ihre Kinder nicht anders betreuen können.“
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Kinderschutzbund: Corona-Lockdown trifft Familien unterschiedlich hart
Der Kinderschutzbund erinnerte daran, dass ein harter Lockdown für alle Familien eine große Herausforderung sei – es gebe jedoch soziale Unterschiede, die die Politik wahrnehmen müsse.
„Wer Haus und Garten hat, dem fallen die Kontaktbeschränkungen sicherlich leichter als Familien, deren Wohnverhältnisse beengter sind“, sagte Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, unserer Redaktion. Letztere seien oft die vielfach beklatschte Kassiererin oder Krankenpflegerin, deren Einkommen nicht ausreiche, um eine Familie zu ernähren und die auf Sozialleistungen angewiesen sei. Auch interessant: Pro und Contra - Sollen Schulen und Kitas wieder öffnen?
Sonderurlaub: So sieht die Hilfe für berufstätige Eltern aus
Für Eltern, die wegen der Schließung von Kitas und Schulen ein Betreuungsproblem bekommen und nicht zur Arbeit können, gibt es eine Verdienstausfallentschädigung vom Staat – geregelt im Infektionsschutzgesetz Konkret heißt das: Eltern, die im Beruf ausfallen, weil das Gesundheitsamt ihren Nachwuchs unter Quarantäne gestellt hat, weil Schule und Kitas behördlich geschlossen wurden oder die Präsenzpflicht ausgesetzt ist, sollen 67 Prozent des Nettoeinkommens bekommen, höchstens aber 2016 Euro pro Monat.
- Die Regelung gilt für Kinder im Alter bis 12 Jahren und für Kinder mit Behinderung, die auf Hilfe angewiesen sind
- Bei gemeinsamer Betreuung erhalten Eltern jeweils eine Entschädigung für bis zu zehn Wochen Verdienstausfall
- Bei alleiniger Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege sind es bis zu 20 Wochen. Beiträge zu Renten-, Kranken- und sozialer Pflegeversicherung werden für diese Zeit weiter abgeführt
Entschädigung vom Staat: Arbeitgeber stellt Anträge
Die Anträge für die Entschädigung stellt der Arbeitgeber bei der zuständigen Behörde vor Ort und gibt sie als Lohnfortzahlung an den Arbeitnehmer weiter. Aber: Diese Regelung gilt nicht für Eltern, die im Homeoffice arbeiten. Deren Kinder gelten als beaufsichtigt.
Auch wer in Kurzarbeit ist, hat keinen Anspruch. Zudem müssen Beschäftigte nachweisen, dass es keine anderweitige Möglichkeit für sie gibt, der Arbeit zeitweise bezahlt fernzubleiben, etwa durch den Abbau von Überstunden. Lesen Sie auch: Corona-Lockdown - Kitas und Schulen könnten länger geschlossen bleiben
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Corona-Pandemie: Zahl der Kinderkrankentage steigt
Giffey verwies darauf, dass Eltern im Notfall Kinderkrankentage nehmen können: Im Jahr 2020 wurde die Anzahl wegen der Corona-Krise erhöht. Pro Elternteil geb es 15 statt 10 Tage pro Kind, Alleinerziehende hatten 30 statt 20 Tage. Bei mehreren Kindern unter zwölf Jahren erhöhten sich die Kinderkrankentage pro Elternteil auf 25 Arbeitstage, bei Alleinerziehenden waren es 50.
Seit Januar 2021 gilt nach bisherigem Stand jedoch wieder die alte Regelung. Eltern erhalten für die Kinderkrankentage 90 Prozent ihres ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Der Höchstsatz beläuft sich jedoch auf rund 109 Euro pro Tag. Voraussetzung ist in jedem Fall eine Krankschreibung. Lesen Sie auch: Kinderbonus: Das sollte man über den Corona-Zuschuss wissen
Wie können die Arbeitgeber helfen?
Giffey appellierte an die Unternehmen, Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch in den kommenden Wochen pragmatisch zu unterstützen: „Eltern und Arbeitgeber können jetzt von den Erfahrungen im Frühjahr profitieren.“ Studien hätten gezeigt, dass jedes zweite Unternehmen in der Krise familienbewusste Maßnahmen eingeführt oder ausgeweitet habe.
Zudem hätten drei Viertel der Eltern, die wegen der Kinderbetreuung mit ihren Arbeitgebern gesprochen hatten, Unterstützung erhalten. „Es braucht auch jetzt das Bewusstsein und Verständnis dafür, dass Vereinbarkeit eine gemeinsame Aufgabe ist.“
Was bedeutet der harte Lockdown für arme Familien?
Der Deutsche Kinderschutzbund verlangt finanzielle Hilfe für einkommensschwache Familien. „Wir geben jetzt viel Geld aus, um Kneipen, Restaurants und den Einzelhandel zu retten. Arme Kinder dürfen aber nicht noch mehr abgehängt werden als ohnehin schon“, so Hilgers. „Wir fordern deshalb die Übernahme der Kosten für ein digitales Endgerät für bedürftige Kinder sowie eine Kompensationszahlung für arme Familien.“ Mehr zum Thema: Kindergeld und Hartz IV steigen – Wo es 2021 mehr Geld gibt
Für diese Familien sei es fast nicht zu schaffen, für ihre Kinder ein Notebook oder Tablet für den Fernunterricht zur Verfügung zu stellen. Hilgers gab zu bedenken, dass mit der Ausweitung des Distanzunterrichts Kinder und Jugendliche nicht mehr mittags in der Schule verpflegt würden. Diese Leistung falle ersatzlos weg.