Sondershausen. Vor 30 Jahren: Hans Löbel wechselt aus der Praxis in die Volkskammer und geht später in die Ministerialbürokratie.

Hans Löbel ist Jahrgang 1949. Der promovierte Mediziner gehörte 1990 der ersten freigewählten Volkskammer der DDR an und ging danach in die Ministerialbürokratie, wo er sich vor allem um die Krankenhausplanung kümmerte. Mittlerweile ist er längst im Ruhestand – und widmet sich seiner Forschung zu Nachtfaltern.

In die Politik ist Löbel, der seit 1969 der CDU angehörte, deshalb gekommen, weil er sich „in der Wendezeit stark engagiert hat, nicht mit Rabatz auf der Straße, aber im CDU-Kreisverband in Sondershausen“, wie er sagt. Ihm sei schon „verhältnismäßig früh klar geworden, dass die politische Entwicklung Richtung Wiedervereinigung geht. Mit der Grenzöffnung war der Prozess in diese Richtung in Gang gesetzt worden“, erklärt er. Sein Rat damals: „Wir müssen eine andere Politik machen. Wir müssen uns der West-CDU annähern. Wir müssen für die Wiedervereinigung eintreten.“ Zunächst habe er da „gegen Mauern geredet“, doch als es darum ging, für die Volkskammerwahl Kandidaten aufzustellen, hieß es im Kreisverband, dass er jetzt seinen Worten Taten folgen lassen solle.

„Ich wollte das eigentlich gar nicht. Ich bin ja von Hause aus Arzt und hatte meine Praxis als Betriebsarzt im Kaliwerk.“ Also bat er um einen Platz „weiter hinten auf der Liste“. Doch der Erfolg der CDU bei der Wahl am 18. März 1990 war so groß – und so wurde Löbel Abgeordneter. Sein Bereich wurde das Soziale. Und es gab viel zu tun. „Auch die Reformierung des Krankenhausrechts gehörte dazu“, sagt er und verweist auf seine spätere Tätigkeit im Sozialministerium in Erfurt, wo er für Krankenhäuser zuständig war. Hans-Henning Axthelm (CDU), von Herbst 1990 an der zuständige Landesminister und vorher wie Löbel in der Volkskammer, stellte ihn ein. Zwischendrin hatte Löbel im Gesundheitsamt in Sondershausen gearbeitet.

Noch während der Volkskammerzeit waren die politischen Weichen für den Landtag und den Bundestag gestellt worden. Löbel missfiel, wie unterschiedliche Gruppen in der Thüringer CDU „ziemlich erbittert“ um die Vormachtstellung im Land rangen. Es habe „schmerzhaft viele Intrigen“ gegeben, das habe ihn „bitter enttäuscht“. Für den Bundestag sei er nicht nominiert worden – „da gab es andere, stärkere Kräfte, die sich durchgesetzt haben“, sagt er. Der Arbeit im Kreistag setzte er ein Ende, als es gegen ihn Morddrohungen gab, die ihn und seine Familie „ziemlich geschlaucht“ haben.

Auf seine Arbeit als Krankenhaus-Referent ist er stolz: „Das war eine sehr verantwortungsvolle Tätigkeit und sie hat mir Spaß gemacht“, sagt er. Dazu gehörte die Neuordnung der Krankenhausstrukturen in Thüringen. In seiner Zeit im Sozialministerium bis 2014 seien für die Krankenhäuser „etwa 4,5 Milliarden an Investitionsmittel ausgereicht“ worden.

Nun ist er Pensionär und widmet sich den Nachtschmetterlingen. Es ist seit Kindertagen mehr als ein Hobby. Löbel ist deswegen um die ganze Welt gereist. Gerade bearbeitet er die Stücke, die er aus dem Amazonas-Regenwald mitgebracht hat. Jüngst wollte er vier Wochen in Peru sein. Doch das ging wegen der Reisebeschränkungen nicht. Nun hofft er, im Herbst oder im nächsten Frühjahr auf Forschungstour gehen zu können. Sein wissenschaftlicher Anspruch ist hoch – und seine Sammlung gefragt. Sie umfasst 6500 Arten in etwa 500 Sammlungskästen. Ein Teil gehört schon jetzt der Zoologischen Staatssammlung in München, wo Löbel als freier Mitarbeiter geführt wird.