Washington. Die Nichte des US-Präsidenten, Mary Lea, bezeichnet Trump in ihrem Buch als „gefährlichsten Mann der Welt”. Und das ist nicht alles.

„Hillary Clinton ist eine außerordentlicher Mensch und Staatsdiener. Dass sie verloren hat, ist entsetzlich.” Oder: „Ich habe das Gefühl, dass ich mein Land verloren habe.” Oder: „Das ist eine der schlimmsten Nächte meines Lebens. Ich fürchte, das amerikanische Experiment ist gescheitert.”

Die Frau, die am Abend der Präsidentschaftswahl in Amerika im November 2016 via Twitter diese und ähnliche fatalistisch klingende Sätze über den Sieg ihres Onkels in die Welt entließ, war bis vor wenigen Tagen trotz ihres prominenten Namens so gut wie nicht googelbar.

Donald Trumps Nichte will Enthüllungsbuch veröffentlichen

Weil sie ihr Leben außerhalb des Scheinwerferlichts der Medien verbrachte. Damit ist es für Mary Lea Trump, die Nichte des amerikanischen Präsidenten, jetzt vorbei. Ende Juli bringt die Tochter von Donald Trumps an Herzinfarkt infolge Alkoholsucht gestorbenem Bruder Fred Trump Jr. eine zwischen zwei Buchdeckel gepresste Generalabrechnung heraus, die das politische Washington schon heute elektrisiert.

„Zu viel und nie genug – Wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt geschaffen hat” (Originaltitel: „Too Much and Never Enough: How My Family Created the World“s Most Dangerous Man“) ist, wenn man dem Verlag Simon & Schuster glauben will, ein Enthüllungsbuch der besonderen Art geworden.

Familie Trump: „Eine tragische Kombination von Vernachlässigung und Missbrauch“

Es gibt zuhauf Autorinnen und Autoren, die das oft atemberaubende Peinliche hinter der Fassade Donald Trumps in den vergangenen 40 Jahren bereits in vielen Einzelheiten aus dem toten Winkel geholt haben. Aber bisher niemanden, der den gleichen Familienstammbaum teilt, der bei den gleichen Familienfeiern und Tragödien anwesend war, der aus eigener Nah-Anschauung herleiten kann, wie und warum Donald Trump der Mann wurde, der seit dreieinhalb Jahren Amerika und die Welt an den Rand der mentalen Erschöpfung drängt.

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Die 55-jährige klinische Psychologin, die in Long Island bei New York lebt, hat dieses Alleinstellungsmerkmal. Und ist laut Verlag willens, „die Wahrheit über eine der mächtigsten und kaputtesten Familien der Welt preiszugeben”. Und über einen Mann, „der jetzt die Gesundheit der Welt, die wirtschaftliche Sicherheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedroht”.

Seit das Magazin „Daily Beast” den Schleier um das wie ein Staatsgeheimnis behandelte Buch gelüftet hat, das wenige Wochen vor Trumps Nominierungsparteitag im August in Jacksonville/Florida manchem Republikaner gewiss aufs Gemüt schlagen würde, ist die Suche nach textlichen Vorab-Zitaten im Gange. Oder nach handverlesenen Zeitgenossen, die das Werk schon in die Finger bekommen haben.

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    Mary Lea Trump schreibt laut Verlag von einem „Albtraum von Traumata“

    „Vanity Fair” will jemanden gefunden haben. Die anonyme Person sagte dem Magazin, dass Donald Trump in einer „ziemlich dunklen, ,Gewinnen, koste es, was es wolle’-Umgebung“ aufgewachsen sei, die sein 1999 gestorbener Vater Fred Trump Senior geprägt habe.

    Die „emotionale DNA” des Trump-Clans, das sei das Hervorstechendste des Buches. In dem die Autorin, die sich bisher Medien-Nachfragen verweigert, offenbar keine Gefangenen macht. Sondern laut Verlag einen „Albtraum von Traumata, zerstörerischen Beziehungen und eine tragische Kombination von Vernachlässigung und Missbrauch” öffentlich seziert.

    „Kalkulierter Betrug“ und die Saga des „Selfmademan“

    Auf was man sich als Leser voraussichtlich gefasst machen kann, wird klar, wenn man eine Anekdote würdigt, die Mary Lea Trumps Vergeltungssucht illustriert. Im Herbst 2018 brachte die „New York Times“ über acht Seiten eine Geschichte heraus, die dem Autoren-Trio nach 18 Monaten Recherche Lobeshymnen unter Journalisten und später Pulitzer-Preise eintrug. Russ Buettner, Susanne Craig und David Barstow räumten darin mit dem vom Donald Trump gepflegten Mythos des aus eigener Kraft zum Milliardär gewordenen „Selfmademan” auf.

    Stattdessen führten sie anhand von hoch sensiblen Steuer-Unterlagen und anderen Dokumenten, die nur jemand mit privilegiertem Zugang auftreiben konnte, den Nachweis, dass Amerikas Präsident von seinen Eltern (Vater Fred war der Gründer eines florierenden Immobilien-Unternehmens) unter anderem durch Schenkungen über 400 Millionen Dollar erhalten hat. Eine weitere halbe Milliarde soll an die anderen vier Kinder gegangen sein.

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    Dafür hätten die alten Trumps nach den damaligen Steuer- und Erbschafts-Gesetzen über 500 Millionen Dollar an den Fiskus entrichten müssen, schrieb das Blatt, gezahlt wurden aber nur fünf Prozent davon; knapp 50 Millionen. Aus Sicht des Trump-Biografen David Cay Johnston ein Fall „kalkulierten Betrugs”.

    Donald Trumps Nichte erhebt schwere Vorwürfe

    Trump ließ den Bericht 2018 als „langweilig” abtropfen. Sein Anwalt Charles Harder erklärte, an den Vorwürfen sei nichts dran. Jetzt stellt sich durch Selbstbezichtigung in ihrem Buch offenbar heraus, dass Nichte Mary Lea die zentrale Aktenbeschafferin für die „New York Times“ war. Woraus sich ihr heiliger Zorn auf den Onkel speist? Mary Lea gibt Donald Trump Mitschuld am viel zu frühen Tod seines Bruders, ihres Vaters, der Anfang der 80er Jahre mit 42 starb.

    Fred Trump Jr. sei auch deshalb dem Alkohol verfallen, weil Donald und Vater Fred Trump Sr. ihn gegen seinen Willen (er wollte Pilot werden) in den elterlichen Konzern gezwungen haben sollen. Außerdem gab es im Jahr 2000 nach dem Tod des Patriarchen Fred Trump Schmutzigkeiten um das Erbe.

    Donald Trump will Veröffentlichung verhindern

    Mary Lea und ihr Bruder Fred Trump III fühlten sich ungerecht behandelt durch „The Donald”. Im Gegenzug revanchierte sich der heutige Präsident und ließ dem wegen einer Behinderung auf Rund-um-Betreuung angewiesenen Sohn von Fred Trump III, William, die Krankenversicherung streichen. Später schloss man einen Vergleich. Mary Lea Trump nannte das Verhalten ihres Onkels seinerzeit „beschämend”.

    All das soll in dem neuen Buch zu lesen sein. So es denn wirklich erscheint. Wie das Magazin „Daily Beast” berichtet, will Trump das nach Möglichkeit verhindern, wenigstens erschweren. Er erwägt rechtliche Schritte. Diesmal nicht wie so oft gegen Dritte. Diesmal gegen die eigene Familie.

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