Berlin. Christian Lindner erntet für einen sexistischen Spruch einen Shitstorm. Das zeigt: Wir sind beim Thema Sexismus weiter als vor wenigen Jahren.

Christian Lindner hat einen sexistischen Spruch über seine Ex-Generalsekretärin Linda Teuteberg beim FDP-Parteitag gemacht. Dafür erlebt er seit Tagen einen Shitstorm. Es ist einer der wenigen Shitstorms, die einen gesellschaftlichen Fortschritt markieren.

Denn, dass Lindner für seine Sätze so viel Kritik erntet, ist nicht selbstverständlich. Die meisten mächtigen Männer, die in ihrem Leben Frauen mit „Witzen” herabgewürdigt haben, sind ungestraft davongekommen. Sie wurden oft sogar mit Lachern belohnt. Dass Lindner damit heute nicht mehr durchkommt, ist auch eine Konsequenz von #Aufschrei und #Metoo.

Als ich 2013 ein Porträt im „Stern“ veröffentlichte, indem ich die sexistischen Sprüche des damaligen FDP-Spitzenkandidaten Rainer Brüderle unter anderem über meine Brüste thematisierte, wurde ich von sehr vielen Menschen dafür kritisiert. Das sei doch witzig gemeint gewesen, ein Flirt, ich solle mich nicht anstellen. Die Talkshows stellten damals die Frage: „Gibt es in Deutschland Sexismus überhaupt?“

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Christian Lindners Sexismus wird heute nicht mehr akzeptiert

Die Autorin, Laura Himmelreich, ist stellvertretende Chefredakteurin Digital in der Funke-Zentralredaktion. 2010-2016 berichtete sie für den „Stern“ über die FDP.
Die Autorin, Laura Himmelreich, ist stellvertretende Chefredakteurin Digital in der Funke-Zentralredaktion. 2010-2016 berichtete sie für den „Stern“ über die FDP. © Anna Schäflein | Anna Schäflein

Dass wir in einer sexistischen Gesellschaft leben ist heute – Internettrolle und AfD-Politiker ausgenommen – weitgehend Konsens. Es ist der Verdienst der Zehntausenden Frauen, die ihre Wut und ihre Verletzungen unter dem #Aufschrei geteilt haben und der zahlreichen Frauen, die im Zuge der #Metoo-Bewegung Drohungen und Gerichtsprozesse auf sich nahmen, um Machtmissbrauch und sexuelle Gewalt offenzulegen.

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Auch Christian Lindner hat mittlerweile eingesehen, dass es nicht witzig ist, öffentlich mit dem Gedanken zu spielen, man würde mit einer Parteifreundin das Bett teilen. Nachdem er erst versucht hat, sich mit einer unglaubwürdigen Ausrede rauszureden, hat er sich mittlerweile halbherzig entschuldigt.

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Wir sind weiter als vor ein paar Jahren. Wenn ein hochintelligenter 41-Jähriger Parteichef, der schon eine Sexismus-Debatte in der eigenen Partei miterlebt hat, 2020 immer noch nicht versteht, wo die Grenzen des Anstands liegen; wenn zahlreiche Spitzenfunktionäre darüber noch lachen, dann sind wir allerdings auch noch nicht weit genug.

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